Blickpunkt Lateinamerika | Deutsche Welle

Feed in Deutscher Sprache mit Lateinamerikafokus
http://www.blickpunkt-lateinamerika.de/
Item 1
Id 72626453
Date 2025-05-21
Title Golden Dome: Trumps Schutzschild gegen Raketen
Short title Golden Dome: Trumps Schutzschild gegen Raketen
Teaser Bereits in drei Jahren soll das neue US-Raketenabwehrsystem "Golden Dome" fertig sein - und laut Trump sogar Raketen aus dem All abfangen können. Vorbild ist Israels System. Doch die US-Pläne gehen wesentlich weiter.

US-Präsident Donald Trump hat wieder einmal Großes vor: Wie im Wahlkampf angekündigt, will er ein neues Raketenabwehrsystem installieren, dass die USA vor Bedrohungen aus der Luft und sogar dem Weltraum schützen soll. Der "Golden Dome" soll mindestens 175 Milliarden Dollar kosten und bis zum Ende seiner Amtszeit im Januar 2029 fertiggestellt werden, erklärte Trump. Die USA sehen sich nach Erkenntnissen des Pentagon einer wachsenden Gefahr aus Russland und China ausgesetzt.

Kritiker warnen dagegen vor enormen Kosten und einem unrealistischen Zeitrahmen. Demokratische Abgeordnete haben zudem Bedenken zum Beschaffungsprozess und zur möglichen Beteiligung von SpaceX geäußert, dem Unternehmen des Trump-Verbündeten Elon Musk. Auch international sorgte das Projekt für Unruhe: China kritisierte, das Projekt gefährde das "weltweite strategische Gleichgewicht und die Stabilität".

Wie könnte der Schutzschild funktionieren?

Vorbild für den Golden Dome sei der israelische Iron Dome, hieß es. Das israelische System ist seit März 2011 im Einsatz und fängt Kurzstreckenraketen und Artilleriegeschosse ab. Es besteht aus drei Komponenten: Einer Radareinheit, einem Kontrollzentrum und einem Raketenwerfer. Ein großer Unterschied zu Trumps "Golden Dome": Der Iron Dome ist für die Abwehr von Raketen mit kurzer Reichweite und den Schutz eines kleinen Territoriums ausgelegt. Und: Er ist ein mobiles System, das an vielen Orten eingesetzt werden kann.

Die US-Version soll dagegen auch interkontinentale Raketen mit Atomwaffen abwehren können. Dies knüpft an US-Pläne aus der Zeit von Präsident Ronald Reagan (1981-1989) an. Dieser wollte einen in Anlehnung an die Filmreihe "Star Wars" genannten Raketenabwehrschild, bei dem Abfangsysteme im Weltraum platziert werden sollten.

Trumps Weltraumprojekt soll ein Netzwerk von Satelliten schaffen, um etwa aus Russland oder China anfliegende Raketen zu erkennen, zu verfolgen und möglicherweise abzufangen. Der Schutzschild könnte Hunderte Satelliten zur Raketenerkennung und -verfolgung umfassen, hieß es.

US-Verteidigungsminister Pete Hegseth zufolge soll der geplante Schutzschild "das Heimatland vor Marschflugkörpern, ballistischen Raketen, Hyperschallraketen und Drohnen schützen, unabhängig davon, ob es sich um konventionelle oder nukleare Raketen handelt". Welche Technologien dabei zum Einsatz kommen sollen, ist noch unklar.

Der griechische "Iron Dome"

Neben den USA gibt es noch weitere Länder, die sich den Iron Dome zum Vorbild genommen haben - oder ihn zumindest als medial wirksames Schlagwort für ihr System ins Spiel bringen. Laut dem israelischen Brigadegeneral a.D. Shachar Shohat gibt es dadurch auch viel Verwirrung. Iron Dome sei zu einem "Markennamen wie Coca Cola geworden ist, den jetzt jeder benutzt, weil er sehr erfolgreich ist", sagte er in einem Interview mit dem Militärmagazin Defense News.

Griechenland kündigte Ende 2024 an, seinen Wehretat deutlich auszuweiten und einen Schutzschild - ähnlich dem Iron Dome - zur Abwehr von Drohnen und Raketen aufzubauen, nachdem ihm die Fortschritte des Luftverteidigungssystem European Sky Shield zu langsam vorangingen. Der griechische "Iron Dome" unterscheide sich jedoch vom israelischen mobilen Raketen-Abwehrsystem, weil die Bedrohung eine andere sei, erklärte Verteidigungsminister Nikos Dendias. Griechenland müsse sich vor allem gegen Drohnenangriffe wehren.

Andere Länder zeigten Interesse an dem Iron-Dome-System selbst. Dazu gehörten nach Angaben von Pieter Wezeman, Forscher am Stockholmer Friedensforschungsinstitut (SIPRI), gegenüber dem US-Magazin Newsweek 2023: Rumänien und Zypern im Jahr 2022, Aserbaidschan im Jahr 2016, Südkorea im Jahr 2012, Indien im Jahr 2010, und Singapur im Jahr 2009. Indien und Südkorea hätten diese Pläne jedoch letztlich nicht weiterverfolgt und in den anderen Fällen gibt es keine Bestätigung für tatsächliche Bestellungen oder Lieferungen.

Europas Sky Shield - "gleiche Logik"

Auch auf europäischer Ebene wurde der Iron Dome-Vergleich schon angebracht. Mit der European Sky Shield Initiative (ESSI) wurde 2022 ein europäisches Luft- und Raketenabwehrprojekt geschaffen. Ziel des Sky Shields ist es, möglichst koordiniert Abwehrsysteme kurzer, mittlerer und großer Reichweite anzuschaffen, um alle Bedrohungen aus der Luft abwehren zu können. Laut dem Bundesverteidigungsministerium haben sich mittlerweile 23 Staaten angeschlossen.

Damit verfolge der Sky Shield "die gleiche Logik" wie das israelische Luftverteidigungssystem, sagte der stellvertretende Generalstabschef des österreichischen Bundesheers, Generalleutnant Bruno Hofbauer, gegenüber der Austria Presse Agentur. Beide Schutzschirme wollen Bedrohungen aus der Luft auf mehreren Ebenen bekämpfen.

Short teaser In drei Jahren soll das US-Raketenabwehrsystem fertig sein. Vorbild ist Israels System - doch die US-Pläne sind größer.
Analytics pixel
<img width="1" height="1" alt="" src="http://logc279.xiti.com/hit.xiti?s=531599&s2=1&p=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWelt%3A%3ANordamerika::Golden%20Dome%3A%20Trumps%20Schutzschild%20gegen%20Raketen&di=&an=&ac=&x1=1&x2=1&x3=72626453&x4=65047449&x5=Golden%20Dome%3A%20Trumps%20Schutzschild%20gegen%20Raketen&x6=0&x7=%2Fde%2Fgolden-dome-trumps-schutzschild-gegen-raketen%2Fa-72626453&x8=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste&x9=20250521&x10=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWelt%3A%3ANordamerika" />
Item URL https://www.dw.com/de/golden-dome-trumps-schutzschild-gegen-raketen/a-72626453?maca=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste
RSS Player single video URL https://rssplayer.dw.com/index.php?lg=de&pname=&type=abs&title=Golden%20Dome%3A%20Trumps%20Schutzschild%20gegen%20Raketen

Item 2
Id 72610826
Date 2025-05-21
Title Faktencheck: Hat Joe Biden seine Krebserkrankung vertuscht?
Short title Faktencheck: Hat Joe Biden seine Krebserkrankung vertuscht?
Teaser Nach der offiziellen Diagnose Prostatakrebs wird dem Ex-US-Präsidenten vorgeworfen, er habe seine gesundheitlichen Probleme während seiner Amtszeit verschwiegen. Was ist dran an den Vorwürfen? Ein DW-Faktencheck.

Die Bestätigung der Krebsdiagnose des ehemaligen US-Präsidenten Joe Biden hat weltweit Betroffenheit, aber auch eine Welle von Desinformation auf Social-Media-Plattformen ausgelöst. Laut einem offiziellen Statement von Bidens Büro wurde bei dem 82-jährigen Ex-Präsidenten ein "aggressiver" Prostatakrebs diagnostiziert, der "Metastasen in den Knochen" gebildet habe.

Schon Stunden nach Bekanntwerden der Nachricht verbreiteten sich Spekulationen darüber, ob Bidens Krebsleiden vor seinem Amtsantritt 2021 hätte bekannt sein müssen. US-Präsident Trump erklärteam Montag im Weißen Haus, er sei überrascht, dass die Diagnose nicht schon vor langer Zeit bekannt gegeben worden sei. DW-Faktencheck hat zwei Behauptungen dazu überprüft.

Behauptung: "Ich würde gerne wissen, wie Dr. Jill Biden Krebs im fünften Stadium übersehen hat. Oder ist dies eine weitere Vertuschung?" Dies schrieb Donald Trump Jr. In einem Post auf X. Der Beitrag erreichte 5,6 Millionen Menschen (Stand 19.Mai).

DW-Faktencheck: Falsch.

In dem Beitrag bezeichnet der älteste Sohn des US-Präsidenten Bidens Erkrankung als Krebs im "fünften Stadium". Dies ist ungenau und kann zu Verwirrung führen, denn Krebs im "fünften Stadium" gibt es nicht.

Laut der Deutschen Krebshilfeexistieren zwei international standardisierte Klassifizierungen für Prostatakrebs: das TNM-Staging-System und das Gleason-Grading-System.

Die TNM-Klassifikation beschreibt das Gesamtstadium verschiedener Krebsarten auf der Grundlage von Standards: Größe und Ausdehnung des Tumors (T), Befall von Lymphknoten (N) sowie Metastasen (M) in anderen Organen. Durch die Kombination dieser Werte wird ein Gesamtstadium bestimmt, das in der Regel mit einer römischen Zahl von I (1) bis IV (4) beschrieben wird.

Das Gleason-Klassifizierungssystem hingegen ist spezifisch für Prostatakrebs. Das weltweit etablierte System dient der feingeweblichen Beurteilung der Drüsenbeschaffenheit im Prostatagewebe. Je höher der Wert, desto schlechter ist die Prognose.

Ein "fünftes Stadium" gibt es nicht

In der von Bidens Büro veröffentlichten Erklärung heißt es, dass der Prostatakrebs des Ex-Präsidenten durch einen Gleason-Score von 9 (Gradgruppe 5) gekennzeichnet ist, was einen sehr hohen Wert und damit einem aggressiven Krebs gleichkommt. Die Behauptung, Biden habe einen "metastasierenden Krebs im fünften Stadium", ist allerdings falsch, da es im TNM-Klassifikationssystem keinen Krebs im "fünften Stadium" (V) gibt.

In seinem Beitrag spricht Donald Trump Jr. auch davon, dass "Dr. Jill Biden" den Krebs ihres Mannes nicht bemerkt habe. Mit dem Doktortitel wird insinuiert, die Ehefrau sei Ärztin.

Dies ist unzutreffend. Laut offizieller Biografiehat Jill Biden ihren Doktortitel in Pädagogik (EdD) erworben und verfügt über keinen Abschluss in Medizin oder gesundheitswissenschaftlichen Bereichen.

Vorwurf der Vertuschung

Behauptung: "Prostatakrebs ist der im Anfangsstadium am einfachsten zu diagnostizierende Krebs. [...] Denn selbst bei der aggressivsten Form dauert es ohne Behandlung 5-7 Jahre, bis er Metastasen bildet. [...] Es ist sehr wahrscheinlich, dass er während seiner Amtszeit im Weißen Haus bereits von der Diagnose Prostatakrebs wusste und das amerikanische Volk nicht darüber informiert hat", heißt es in einem Screenshot eines X-Posts von Dr. Steven Quay, Gründer und CEO von Atossa Therapeutics, einem biopharmazeutischen Unternehmen, das Therapeutika für Brustkrebs entwickelt.

Quay ist auch als Mitautor des Buches The Origin of the Virus bekannt, das die Hypothese unterstützt, dass das Virus, das COVID-19 verursacht, aus einem Labor stammt. Quays Post Beitrag erreichte 5,5 Millionen Nutzer und erhielt 39.000 Likes (Stand: 20. Mai).

Indem Donald Trump Jr. auf den Mediziner Steven Quay verweist, wirft er die Frage auf, ob Bidens wahrer Gesundheitszustand während seiner Amtszeit vertuscht wurde.

DW Faktencheck: Unbelegt.

Über Bidens körperliche Gesundheit und geistige Leistungsfähigkeit wurde in den letzten Monaten seiner Präsidentschaft immer wieder berichtet. Für große Aufmerksamkeit hat das am 20. Mai veröffentlichte Buch mit dem langen Titel "Original Sin: President Biden’s Decline, Its Cover-Up, and His Disastrous Choice to Run Again" gesorgt (Deutsch: "Die Erbsünde: Präsident Bidens Niedergang, seine Vertuschung und seine katastrophale Entscheidung, erneut zu kandidieren").

Darin werfen die beiden Autoren, der CNN-Moderator Jake Tapper und Axios-Reporter Alex Thompson, einen kritischen Blick auf den Gesundheitszustand Bidens während seiner Amtszeit von 2021 bis 2024. Die aktuelle Prostatakrebsdiagnose wird in dem Buch nicht thematisiert. Im Juli 2024 zog Biden seine erneute Präsidentschaftskandidatur zurück.

Vorherige Krebsdiagnosen

Bereits im Februar 2024 veröffentlichte das Weiße Haus Bidens offiziellen Gesundheitsbericht. In dem vom langjährigen Arzt des Präsidenten, Dr. Kevin C. O'Connor, unterzeichneten Dokument wird erwähnt, dass Biden wegen eines entfernten Basalzellkarzinoms (einer häufigen Form von Hautkrebs), einer schlafbezogenen Atemstörung, einem Zurückfließen von Magensäure und Mageninhalt in die Speiseröhre (Reflux) und versteiftem Gang behandelt wurde.

Wie in Bidens Gesundheitsbericht von 2024 beschrieben, ist dies nicht das erste Mal, dass bei Biden eine Krebserkrankung diagnostiziert wird. Im Jahr 2023 bestätigte derselbe Arzt gegenüber der New York Timesdie Entfernung einer Krebsläsion aus der Brust des Präsidenten.

Die Informationen über Bidens krebsartige Läsion stimmen mit einer anderen Behauptung des politischen Kommentators Nick Sortor überein. Er veröffentlichte ein altes Video, in dem Biden erklärt, er habe Krebs.

Das Video stammt von einer Pressekonferenz, die Biden am 20. Juli 2022 in Massachusetts hielt. Wörtlich sagte Biden in seiner Rede: "Das ist der Grund, warum ich und so verdammt viele andere Menschen, mit denen ich aufgewachsen bin, Krebs haben."

Transparente Information über Gesundheitszustand?

Das von Sortor veröffentlichte Video wurde nicht, wie von einigen Nutzern im Internet vermutet, digital manipuliert. Die offizielle Niederschriftder Rede bestätigt, dass Biden genau diese Worte gesagt hat.

Der Clip löste damals eine Kontroverse aus und wurde vor allem von Bidens Gegnern verbreitet, um darauf hinzuweisen, dass der US-Präsident seine Krebserkrankung ankündigte. Das Weiße Haus wies diese Behauptung jedoch zurück und erklärte, der US-Präsident habe sich auf eine frühere Diagnose von Hautkrebs bezogen.

Bidens ehemaliger Sprecher, Andrew Bates, veröffentlichte einen Link , der bestätigte, dass bei Biden vor seinem Amtsantritt ein Hautkrebs ohne Melanom entfernt worden war. Jetzt ist der Beitrag als Teil von Bidens offizieller Krebsdiagnose wieder aufgetaucht.

Bidens ehemalige Sprecherin Karine Jean-Pierre sagte 2024im Rahmen der Kontroverse um Bidens Gesundheit, dass die Verwaltung "transparent" über den Gesundheitszustand des ehemaligen Präsidenten informiert habe. Weder Biden noch sein Büro haben sich zu den neuen Spekulationen geäußert.

Short teaser Nach der Diagnose Prostatakrebs wird dem Ex-US-Präsidenten vorgeworfen, er habe seine Krankheit verschwiegen. Richtig?
Analytics pixel
<img width="1" height="1" alt="" src="http://logc279.xiti.com/hit.xiti?s=531599&s2=1&p=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWelt::Faktencheck%3A%20Hat%20Joe%20Biden%20seine%20Krebserkrankung%20vertuscht%3F&di=&an=&ac=&x1=1&x2=1&x3=72610826&x4=100029&x5=Faktencheck%3A%20Hat%20Joe%20Biden%20seine%20Krebserkrankung%20vertuscht%3F&x6=1&x7=%2Fde%2Ffaktencheck-hat-joe-biden-seine-krebserkrankung-vertuscht%2Fa-72610826&x8=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste&x9=20250521&x10=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWelt" />
Item URL https://www.dw.com/de/faktencheck-hat-joe-biden-seine-krebserkrankung-vertuscht/a-72610826?maca=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste
Image URL (460 x 259) https://static.dw.com/image/71209179_302.jpg
Image caption Nicht mehr Kandidat, aber noch US-Präsident: Im Dezember 2024 hielt Joe Biden eine Rede über die wirtschaftliche Entwicklung in den USA vor der Brookings Institution in Washington
Image source Kevin Lamarque/REUTERS
RSS Player single video URL https://rssplayer.dw.com/index.php?lg=de&pname=&type=abs&image=https://static.dw.com/image/71209179_302.jpg&title=Faktencheck%3A%20Hat%20Joe%20Biden%20seine%20Krebserkrankung%20vertuscht%3F

Item 3
Id 72591576
Date 2025-05-21
Title Washington plant Griff in die Geldbörse der Latinos
Short title Washington plant Griff in die Geldbörse der Latinos
Teaser Rund 160 Milliarden US Dollar wurden im vergangenen Jahr aus den USA an Familien in Lateinamerika überwiesen. Nun könnte ein Teil davon besteuert werden. Südlich des Rio Bravo sind die Befürchtungen groß.

Für ihre Kritik am Vorschlag aus den USA wählte sich Mexikos Präsidentin eine ganz besondere Bühne aus: Bei der Einweihung eines Hospitals in Los Cabos sagte Claudia Sheinbaum am vergangenen Wochenende: "Man darf nicht diejenigen doppelt besteuern, die bereits Steuern zahlen." Sheinbaum unterstrich mit der Wahl der Umgebung auch optisch den sozialpolitischen Aspekt ihrer Kritik an einem Vorhaben aus den USA, das derzeit in ganz Lateinamerika für Aufregung sorgt. Die Besteuerung der sogenannten Remesas, wie die Überweisungen von Migranten in ihre Herkunftsländer genannt werden. Die Idee einer Steuer von fünf Prozent auf diese Überweisungen stammt von den Republikanern, der Regierungspartei von US-Präsident Donald Trump.

Überweisungen im Wert von rund 160 Milliarden US-Dollar

Im Jahresbericht der Migrationsabteilung der Interamerikanischen Entwicklungsbank heißt es, dass im Jahr 2024 das Gesamt-Überweisungsvolumen aus den USA in die Länder Lateinamerikas und der Karibik rund 160,9 Milliarden Dollar betrug - eine Steigerung um 7,7 Milliarden US-Dollar gegenüber dem Vorjahr. Größte Empfänger südlich des Rio Bravo (in den USA Rio Grande genannt, Anm. d. Red.), der die USA von Lateinamerika trennt, sind Mexiko (64,7 Milliarden US-Dollar) und Guatemala (21,5 Milliarden US-Dollar). Allein nach Mexiko fließen also täglich etwa 177 Millionen US-Dollar.

"Wenn wir das Einkommen aus Rücküberweisungen im Verhältnis zum Brutto-Inlandsprodukt in den Ländern der Region vergleichen, machten sie 2024 rund 20 Prozent des BIP in Guatemala sowie in Nicaragua (27 Prozent), Honduras (26), El Salvador (24), Haiti (20) und Jamaika (19) aus", sagt Jesus Alejandro Cervantes Gonzalez vom Zentrum für Lateinamerikanische Währungsstudien (CEMLA) in Mexiko-Stadt im Gespräch mit der Deutschen Welle. Das CEMLA beschäftigt sich speziell mit der wirtschaftlichen Bedeutung der Remesas.

Die volkswirtschaftliche wie sozialpolitische Bedeutung dieser Remesas sei für die Empfängerländer enorm: "Die Überweisungen lindern die Haushaltszwänge von Millionen von Empfängerhaushalten und verringern ihr Armutsniveau. Sie ermöglichen ihnen einen höheren Lebensstandard und tragen dazu bei, Ausgaben für Konsumgüter, Bildung, Gesundheit, Wohnen und in einigen Fällen Investitionen in Familienunternehmen finanzieren zu können", sagt Cervantes Gonzalez. In Mexiko gibt es laut CEMLA-Studien 4,5 Millionen Haushalte und 9,8 Millionen Erwachsene, die Rücküberweisungen erhalten. Davon würde besonders der ärmere ländliche Raum profitieren.

Steuern und Identitätsprüfung als Mittel gegen irreguläre Migration

In Florida erwägt Gouverneur Ron DeSantis eine Identitätsüberprüfung für Geldtransfers, so dass Absender nachweisen müssen, dass sie legal im Land arbeiten, berichtet das Portal "El Economista". So sollen für irreguläre Migranten Auslandsüberweisungen unterbunden werden. Der mexikanische Senator Antonino Morales der Regierungspartei Morena aus Oaxaca kritisiert die verschiedenen Überlegungen als "offen diskriminierend und rassistisch, weil er Ausländer mit irregulärem Aufenthalt in den Vereinigten Staaten betrifft, denn zusätzlich zur Steuer auf Überweisungen wird er ihren Zugang zu Programmen wie Obamacare oder Medicare einschränken". Damit spielt der mexikanische Politiker auf die gängige Praxis an, eine US-Krankenversicherung im Namen von registrierten Personen zu beantragen.

Gesetz noch unklar

"Im Prinzip würde die Steuer nur für Einwanderer gelten, die keine Staatsbürger sind. Dazu gehören Einwanderer ohne Papiere und solche, die einen dokumentierten Wohnsitz haben, sich also legal in den USA aufhalten", sagt CEMLA-Experte Cervantes Gonzalez der Deutschen Welle.

Die Überweisungssteuer, die ab 2026 in Kraft treten könnte, könnte den Umfang der Überweisungen in die Region Lateinamerika und Karibik erheblich negativ beeinflussen.

Vor allem für Mexiko, Guatemala, Honduras, El Salvador und Nicaragua wäre das wegen des hohen Anteils am BIP schwerwiegend. Die Länder würden dann gleich doppelt getroffen, "da diese Steuer zusätzlich zu den laufenden Abschiebungen von Einwanderern ohne Papiere erhoben wird und zu einem Zeitpunkt kommt, an dem es Anzeichen dafür gibt, dass die USA einen Rückgang der Beschäftigung unter den Einwanderern aus der lateinamerikanischen Region erleben", sagt Cervantes Gonzalez.

Die Folgen des US-Vorschlags, Migranten ohne Papiere daran zu hindern, Geldüberweisungen in ihre Herkunftsländer zu tätigen, könnte noch weitere Folgen haben. Der CEMLA-Experte sieht ein Schwarzmarktrisiko: "Die Überweisungssteuer könnte dazu führen, dass Überweisungen informell durch Kuriere oder durch digitale Überweisungen über Krypto-Assets getätigt werden."

Republikaner enttäuschen Latino-Wähler

Es könnte allerdings auch ganz anders kommen. Wegen der bisweilen brachialen Bilder von Verhaftungen von lateinamerikanischen Migranten in den USA sowie immer neuen schlechten Nachrichten für hispanisch-stämmige Amerikaner, wächst der Druck aus dieser Wählergruppe auf republikanische Politiker, die im November 2026 bei den US-Zwischenwahlen antreten. Bei den so genannten Midterm-Wahlen wird alle zwei Jahre das gesamte Repräsentantenhaus und ein Drittel des Senats neu gewählt. Bei den letzten Präsidentschaftswahlen 2024 hatten deutlich mehr Latinos für die Republikaner und Donald Trump gestimmt als noch 2020.

Einige fühlen sich nun in Hochburgen wie in Florida von der Partei verraten. Mexikos Präsidentin Sheinbaum hatte die in den USA lebenden Mexikaner ausdrücklich dazu aufgerufen, sich jetzt bei den Lokalpolitikern zu beschweren. Druck der offenbar in dem ein oder anderen Abgeordnetenbüro ankommt: Einen ersten Vorstoß des Trump-Lagers stoppten nun einige republikanische Abgeordnete. Vom Tisch ist die Initiative damit aber noch lange nicht.

Short teaser Die Republikaner wollen die sogenannten Remesas der Latinos in den USA besteuern - ein Tiefschlag für Lateinamerika.
Analytics pixel
<img width="1" height="1" alt="" src="http://logc279.xiti.com/hit.xiti?s=531599&s2=1&p=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWirtschaft::Washington%20plant%20Griff%20in%20die%20Geldb%C3%B6rse%20der%20Latinos%20&di=&an=&ac=&x1=1&x2=1&x3=72591576&x4=1503&x5=Washington%20plant%20Griff%20in%20die%20Geldb%C3%B6rse%20der%20Latinos%20&x6=1&x7=%2Fde%2Fwashington-plant-griff-in-die-geldb%C3%B6rse-der-latinos%2Fa-72591576&x8=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste&x9=20250521&x10=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWirtschaft" />
Item URL https://www.dw.com/de/washington-plant-griff-in-die-geldbörse-der-latinos/a-72591576?maca=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste
Image URL (460 x 259) https://static.dw.com/image/57841147_302.jpg
Image source Ralph Goldmann/picture alliance
RSS Player single video URL https://rssplayer.dw.com/index.php?lg=de&pname=&type=abs&image=https://static.dw.com/image/57841147_302.jpg&title=Washington%20plant%20Griff%20in%20die%20Geldb%C3%B6rse%20der%20Latinos

Item 4
Id 72614114
Date 2025-05-20
Title Generation online: Viele haben ihr Smartphone satt
Short title Generation online: Viele haben ihr Smartphone satt
Teaser Fast die Hälfte der jungen Menschen würde lieber in einer Welt ohne Internet leben, so eine britische Umfrage. Die ungewöhnliche Aussage spiegelt sich auch in neuen Trends wider - zumindest etwas.

Fast 530.000 Follower hat der sogenannte The Offline Club auf Instagram. Das mutet fast ironisch an, denn im Offline Club geht es eigentlich um eine bewusste Auszeit von sozialen Medien - also auch weg von Instagram. Diesen Account zu führen, fühle sich "seltsam" an, heißt es auch bei der Selbstvorstellung der drei Gründer Jordy, Ilya und Valentijn. Die drei jungen Männer aus den Niederlanden wollen mit dem Offline Club "wieder Menschlichkeit in die heutige isolierte, bildschirmfixierte Gesellschaft" bringen - wie sie auf Englisch schreiben.

Seit rund einem Jahr organisieren sie mit Gleichgesinnten Treffen, bei denen Smartphone und Laptop außen vor bleiben sollen. "Are you ready to ditch your phone?", heißt es in einem angepinnten Reel. Und anscheinend sind immer mehr Menschen bereit, ihr Handy mal auszuschalten - zumindest im Rahmen des Offline Clubs. Meist nur für einige Stunden, manchmal sogar für mehrere Tage. Statt immer wieder auf das Smartphone zu starren, wird bei den Treffen gelesen, gespielt, gebastelt oder ausgeruht. Fast so wie damals, als es noch keine Smartphones gab, wirbt der Offline Club.

Das Konzept aus den Niederlanden hat sich innerhalb des Jahres auf der ganzen Welt verbreitet. Amsterdam gehörte zu den ersten Standorten. Später kamen auch London, Paris, Mailand und Kopenhagen dazu. Auch in Deutschland fanden die ersten Treffen dieser Art schon statt. Ähnliche Konzepte in Restaurants oder Clubs, wo die Gäste gebeten werden, ihre Handys zu Hause zu lassen, werden immer mehr.

Ständig online - ob man will oder nicht

Mit den Offline Clubs scheinen die Gründer einen Nerv getroffen zu haben. Denn vor allem jungen Menschen fällt es oftmals schwer, abzuschalten - trotz aller Einstellungen am Handy, die die Nutzungsdauer einschränken könnten. Auch die Rückkehr des guten Klapphandys ohne Apps, neudeutsch "boring phone", konnte die Smartphones nicht ernsthaft verdrängen - auch wenn sie in sozialen Netzwerken gefeiert wurde.

Laut Zahlen des deutschen Branchenverbands bitkom von Ende 2024 verbringen 16- bis 29-Jährige mehr als drei Stunden am Tag am Smartphone. Damit haben sie die höchste Nutzungsdauer aller Altersgruppen. Und die angegebene Dauer dürfte vermutlich noch geschönt sein.

Studie: Fast die Hälfte wünscht sich Welt ohne Internet

Dabei wünschen sich viele junge Menschen, deutlich weniger Zeit am Smartphone zu verbringen. Laut einer neuen Befragung der britischen Dienstleistungsorganisation British Standards Institution (BSI), fühlten sich fast 70 Prozent der 16- bis 21-Jährigen schlechter, wenn sie Zeit in den sozialen Medien verbringen. Die Hälfte würde deshalb eine "digitale Ausgangssperre" befürworten, die den Zugang zu bestimmten Apps und Websites nach 22 Uhr einschränken würde. 46 Prozent gaben sogar an, dass sie lieber in einer Welt ohne Internet jung gewesen wären.

Für die Studie wurden 1293 junge Menschen befragt. Die Ergebnisse decken sich mit anderen Erhebungen, wie zum Beispiel vom amerikanischen Umfrageinstitut Harris Polls von Ende 2024. Hier äußerten viele Jugendliche den Wunsch, Tiktok, Instagram oder X wären nie erfunden worden.

Wie schützt die Politik ?

Das dürfte auch Wasser auf die Mühlen einiger Politiker sein - auch wenn die Bemühungen angesichts der starken Forderungen einiger Jugendlicher eher zaghaft wirken. Der britische Technologieminister Peter Kyle deutete laut der britischen Zeitung "Guardian" von Dienstag an, verbindliche Sperrstunden zu erwägen. Norwegen will die Altersgrenze für die Nutzung von Social Media von 13 auf 15 Jahre anheben.

Australien hat bereits Ende 2024 die Altersgrenze auf 16 Jahre angehoben - weltweit ein Vorreiter. Andere Länder, darunter beispielsweise Dänemark, ändern ihre Schulpolitik und verbannen Tablets und Smartphones nahezu komplett vom Schulhof. Man sei zu naiv an die Digitalisierung herangegangen, so der dänische Bildungsminister Mattias Tesfaye 2024.

Depressiv vom Handy?

Übermäßige Smartphone-Nutzung wird mittlerweile mit verschiedenen psychischen Problemen wie Depression, Angstzuständen, Stress, Schlafstörungen und Suchtverhalten in Verbindung gebracht. In einer Anfang des Jahres im Fachjournal BMC Medicine veröffentlichten Studie etwa gingen depressive Symptome nach drei Wochen reduzierter Smartphone-Nutzung um 27 Prozent zurück. Laut der OECD hat sich die mentale Gesundheit junger Menschen in den vergangenen 15 Jahren dramatisch verschlechtert. Ein Trend, der durch die Pandemie noch verstärkt wurde. In diese Zeit fällt auch ein enormer Anstieg der Mediennutzung. Die Forschung habe bisher aber meist keine klare Kausalität zwischen den Entwicklungen nachweisen können, hieß es seitens der OECD.

Die Gründer des Offline-Clubs wollen dagegen jetzt schon handeln und ihre Treffen weiter ausbauen. Bei einem Treffen in London Anfang April schalteten über 1000 Menschen ihr Handy aus und lächelten froh in die Kamera. Ein neuer Rekord, erklärten die Betreiber stolz - natürlich auf Instagram.

Short teaser Fast die Hälfte der jungen Menschen würde laut einer Umfrage lieber ohne Internet leben. Ein Trend?
Analytics pixel
<img width="1" height="1" alt="" src="http://logc279.xiti.com/hit.xiti?s=531599&s2=1&p=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWelt::Generation%20online%3A%20Viele%20haben%20ihr%20Smartphone%20satt%20%20&di=&an=&ac=&x1=1&x2=1&x3=72614114&x4=100029&x5=Generation%20online%3A%20Viele%20haben%20ihr%20Smartphone%20satt%20%20&x6=1&x7=%2Fde%2Fgeneration-online-viele-haben-ihr-smartphone-satt%2Fa-72614114&x8=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste&x9=20250520&x10=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWelt" />
Item URL https://www.dw.com/de/generation-online-viele-haben-ihr-smartphone-satt/a-72614114?maca=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste
Image URL (460 x 259) https://static.dw.com/image/68442920_302.jpg
Image caption Gemeinsam einsam? Inwieweit die Smartphone-Nutzung sich negativ auswirkt, ist noch nicht ganz klar (Symbolbild)
Image source Zacharie Scheurer/dpa-tmn/picture alliance
RSS Player single video URL https://rssplayer.dw.com/index.php?lg=de&pname=&type=abs&image=https://static.dw.com/image/68442920_302.jpg&title=Generation%20online%3A%20Viele%20haben%20ihr%20Smartphone%20satt

Item 5
Id 72610315
Date 2025-05-20
Title Kommt die EU wie China und Großbritannien zu einem schnellen Handelsdeal mit Trump?
Short title Donald Trump: Kommt die EU zu einem schnellen Handelsdeal?
Teaser Was kann die EU aus dem Waffenstillstand im Zollkonflikt zwischen China und Großbritannien mit Donald Trump lernen, um bessere Konditionen auszuhandeln?

Um einen drohenden Zoll von 20 Prozent auf ihre transatlantischen Exporte zu vermeiden, hat die Europäische Union zugestimmt, die Handelsgespräche mit den Vereinigten Staaten zu "intensivieren". EU-Kommissar Maros Sefcovic gab das Update vergangenen Donnerstag am Rande eines Treffens der EU-Handelsminister in Brüssel bekannt und fügte hinzu, dass er und sein US-Amtskollege Howard Lutnick sich "sehr bald" treffen würden.

Kommt es bis Anfang Juli zu keiner Einigung, würden die von US-Präsident Donald Trump für 90 Tage ausgesetzten Zölle in Höhe von 20 Prozent für Importe aus der EU in Kraft treten und die EU-Kommission würde wohl mit Gegenzöllen auf US-Einfuhren zurückschlagen.

Washington und Peking hatten Mitte Mai eine vorübergehende Senkung ihrer gegenseitigen Zölle beschlossen. Konkret wurden die US-Zölle auf chinesische Importe von zuvor 145 Prozent auf 30 Prozent reduziert, während China seine Strafzölle auf US-Waren von 125 Prozent auf zehn Prozent senkte. Die Maßnahme trat am 14. Mai 2025 in Kraft und gilt zunächst für 90 Tage. Währenddessen will man die Verhandlungen über ein langfristiges Abkommen intensivieren.

Wenige Tage zuvor hatte Trump den ersten Entwurf eines Handelsabkommens mit dem Vereinigten Königreich verkündet. Die Vereinbarung sieht eine Senkung der Zölle für britische Autoexporte in die USA vor und stellt US-Exporteuren, einschließlich Landwirten und Ethanolproduzenten, einen verbesserten Zugang zum britischen Markt in Aussicht.

Trump unter Druck, einen EU-Deal abzuschließen

Während Trump weiterhin einen harten Umgang mit Brüssel pflegt und vor kurzem polterte, dass "Europa in vielerlei Hinsicht böser ist als China", glaubt Andrew Kenningham, Chefökonom für Europa beim Londoner Forschungshaus Capital Economics, dass der wirtschaftliche Druck ihn daran hindern wird, Brüssel zu weit zu reizen.

"Die beiden neuen Abkommen werden die EU-Verhandlungsführer zuversichtlicher machen, dass sie sich weitgehend an die bereits festgelegte Politik halten können, die darin besteht, eine Eskalation zu vermeiden, mit Vergeltung zu drohen, aber mit Verzögerung, und gleichzeitig bereit zu Verhandlungen zu sein", sagte Kenningham der DW.

Trotzdem warnte Capital Economics vor kurzem in einer Forschungsnotiz, dass ein Abkommen zwischen der EU und den USA "schwieriger zu erreichen scheint", und verwies auf den großen Warenhandelsüberschuss der Europäer mit den USA und die Herausforderung, alle 27 EU-Mitgliedstaaten zu einem Konsens zu bringen.

Die EU hat bereits mit neuen Zöllen auf US-Waren im Wert von 95 Milliarden Euro (107 Milliarden US-Dollar) gedroht, als Reaktion auf Trumps Zölle auf Aluminium-, Stahl- und europäische Autoimporte, diese aber ausgesetzt, um die Verhandlungen fortsetzen zu können. Brüssel erwägt außerdem eine Einschränkung der Exporte von Stahlschrott und Chemikalien in die USA.

Trump bleibt bei Forderungen der EU vage

Claudia Schmucker, Leiterin des Zentrums für Geoökonomie bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), glaubt nicht, dass die Abkommen zwischen China und Großbritannien wirklich "etwas ändern".

"Trump erwartet immer noch, dass die EU etwas anbietet, das er für wertvoll genug hält", sagte Schmucker der DW und fügte hinzu, dass die Forderungen des Präsidenten an Europa ein "Rätsel" bleiben, aber wahrscheinlich mehr Agrar- und Energieimporte umfassen werden.

Die EU hat bisher angeboten, die Einfuhren von US-Flüssigerdgas (LNG), fortschrittlicher KI-Technologie und Sojabohnen zu erhöhen, während sie gleichzeitig die gegenseitige Abschaffung aller Zölle auf Industriegüter vorschlägt. Brüssel hat jedoch ausgeschlossen, bei anderen Streitthemen Zugeständnisse zu machen - etwa bei den Umsatz- und Mehrwertsteuersätzen sowie anderen EU-Regulierungen, die Trump als unfair wahrnimmt.

Im vergangenen Jahr hatten die USA nach Angaben des Büros des US-Handelsbeauftragten ein Handelsdefizit von 235,6 Milliarden US-Dollar (210 Milliarden Euro) im Warenaustausch mit der EU, was einem Anstieg von 12,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Die jüngsten Daten der EU-Statistikbehörde Eurostat für 2023 beziffern den Warenüberschuss der EU auf 157 Milliarden Euro.

Claudia Schmucker von der DGAP glaubt, dass die negative Rhetorik des Präsidenten, zu der auch die unbegründete Behauptung gehört, die EU sei geschaffen worden, um die USA "abzuzocken", Brüssel in die Hände spielt. Es könnte sogar die Suche nach einem Konsens beim Vorgehen im Handelskonflikt mit den USA stärken, obwohl EU-Staaten wie Ungarn und Italien auf bilaterale Abkommen drängen.

"Auch wenn einige EU-Staaten mit der Verhandlungsposition Brüssels nicht ganz einverstanden sind, reicht Trumps Feindseligkeit aus, um die Einheit der EU zu stärken", sagte Schmucker der DW.

Am Rande eines Treffens der EU-Handelsminister hatte sich der schwedische Minister Benjamin Dousa skeptisch über ein schnelles Abkommen zwischen den USA und der EU geäußert. Er halte es für unwahrscheinlich, dass es in den "kommenden Wochen" dazu kommen wird. "Die USA können von uns Gegenmaßnahmen erwarten", so Dousa, wenn Trump den im vergangenen Monat angekündigten Basiszoll von zehn Prozent auf alle Importe beibehält, wie er es jetzt mit Großbritannien vereinbart hat.

Europa ist Schlüsselmarkt für US-Dienstleistungsexporte

Miguel Otero, Senior Fellow für internationale politische Ökonomie am spanischen Königlichen Institut Elcano, glaubt, dass die USA durch einen Fehltritt Trumps "viel zu verlieren haben".

"Die EU hat ein großes Defizit, wenn es um Dienstleistungen geht, insbesondere bei Finanz- und digitalen Dienstleistungen sowie Unterhaltungsplattformen", sagte Otero gegenüber der DW. "Die USA können es sich nicht leisten, den europäischen Markt zu verlieren. Wenn wir als Einheit handeln, dann hat die EU genauso viel Einfluss wie China."

Obwohl die EU einen erheblichen Warenüberschuss gegenüber den USA aufweist und im vergangenen Jahr ein Fünftel der EU-Waren den Atlantik überquerte, entfielen 25 Prozent der US-Dienstleistungsexporte im Wert von 275 Milliarden US-Dollar im Jahr 2024 auf die EU. Einschließlich der Schweiz und des Vereinigten Königreichs landen 42 Prozent aller US-Dienstleistungsexporte auf dem europäischen Markt.

Die Europäische Kommission, die Exekutive der EU, bereitet unterdessen ein Beschwerdeverfahren bei der Welthandelsorganisation (WTO) gegen Trumps "gegenseitige" Zölle und Abgaben auf Autos und Autoteile vor.

Zollpause endet Anfang Juli

Da das Ende der 90-tägigen Pause der von Trump angedrohten höheren Zölle für EU-Importe am 8. Juli näher rückt, verengt sich das Zeitfenster für ein Abkommen. Trump steht dann vor einer schwierigen Entscheidung: Er kann zu den im April angekündigten höheren Zöllen zurückkehren oder die Pause verlängern.

Capital Economics prognostiziert, dass Trump die Pause verlängern wird, aber die Verhandlungen an den Rand des Abgrunds treiben und den Druck auf die Handelspartner aufrechterhalten könnte. Das Research-Haus warnte vor einem neuen "Krisenherd" in den kommenden Monaten. Das könnte eine erneute Achterbahnfahrt an den Finanzmärkten auslösen.

Die deutsche Wirtschaftsministerin Katherina Reiche schlug zuletzt einen optimistischeren Ton an und betonte die wichtige Rolle der USA als Handelspartner für die EU.

"Wir verhandeln aus einer Position der wirtschaftlichen Stärke ... aber eine, die vorsichtig gehandhabt werden muss", sagte Reiche. "Eine Lösung ist unerlässlich, denn bei einer Eskalation gibt es keine Gewinner."

Der Artikel wurde aus dem Englischen adaptiert

Short teaser Was kann die EU aus dem Waffenstillstand zwischen China und Großbritannien mit Donald Trump lernen?
Analytics pixel
<img width="1" height="1" alt="" src="http://logc279.xiti.com/hit.xiti?s=531599&s2=1&p=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWirtschaft::Kommt%20die%20EU%20wie%20China%20und%20Gro%C3%9Fbritannien%20zu%20einem%20schnellen%20Handelsdeal%20mit%20Trump%3F&di=&an=&ac=&x1=1&x2=1&x3=72610315&x4=1503&x5=Kommt%20die%20EU%20wie%20China%20und%20Gro%C3%9Fbritannien%20zu%20einem%20schnellen%20Handelsdeal%20mit%20Trump%3F&x6=1&x7=%2Fde%2Fkommt-die-eu-wie-china-und-gro%C3%9Fbritannien-zu-einem-schnellen-handelsdeal-mit-trump%2Fa-72610315&x8=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste&x9=20250520&x10=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWirtschaft" />
Item URL https://www.dw.com/de/kommt-die-eu-wie-china-und-großbritannien-zu-einem-schnellen-handelsdeal-mit-trump/a-72610315?maca=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste
Image URL (460 x 259) https://static.dw.com/image/69688788_302.jpg
Image caption Der Austausch von Waren und Dienstleistungen zwischen den USA und der EU hat einen Wert von 1,7 Billionen US-Dollar pro Jahr
Image source Jochen Tack/picture alliance
RSS Player single video URL https://rssplayer.dw.com/index.php?lg=de&pname=&type=abs&image=https://static.dw.com/image/69688788_302.jpg&title=Kommt%20die%20EU%20wie%20China%20und%20Gro%C3%9Fbritannien%20zu%20einem%20schnellen%20Handelsdeal%20mit%20Trump%3F

Item 6
Id 72604604
Date 2025-05-20
Title Ein Theatermacher, eine Oper und der Holocaust in Rumänien
Short title Ein Theatermacher, eine Oper und der Holocaust in Rumänien
Teaser Erwin Simsensohn ist Intendant, Regisseur, Vater und Jude. Nun hat er in Bukarest eine Oper über den Holocaust und den Eichmann-Prozess von 1961 inszeniert. Ein Treffen mit einem Kulturschaffenden, der erinnern möchte.

Die Kinder drängen sich an ihre Mutter, doch Josef Mengele ist erbarmungslos. "Sie hier. Du bist dort", singt er und zeigt auf unterschiedliche Seiten der Bahngleise. Ein Soldat mit Gewehr unter dem Arm entreißt der Mutter ihre Kinder. Es sind die Erinnerungen einer Holocaust-Überlebenden, die auf der Bühne der Nationaloper in der rumänischen Hauptstadt Bukarest gezeigt werden. Die Szene über den berüchtigten Lagerarzt von Auschwitz ist Teil der Oper "Der Eichmann-Prozess", der weltweit ersten Oper über den Holocaust, die Vernichtung der europäischen Juden durch Nazideutschland.

Es ist eine Inszenierung über einen der bekanntesten Gerichtsprozesse der Nachkriegsgeschichte - den Prozess gegen Adolf Eichmann, der 1961 in Israel für seine Mitschuld am Mord an sechs Millionen Juden zum Tode verurteilt wurde. Durch den Prozess wurden das Ausmaß und die Grausamkeit des Genozids erstmals einer breiten Öffentlichkeit bewusst.

Die Oper ist Teil eines Bildungsprojekts der rumänischen Laude-Reut-Stiftung und geht auf eine Idee von Tova Ben Nun-Cherbis zurück. Komponiert wurde sie von dem israelische Musiker und Komponisten Gil Shohat. Das Libretto basiert auf einem Theaterstück des israelischen Dramatikers Motti Lerner. Das Stück zeigt mehr als den Prozess. Im Gerichtssaal auf der Bühne lassen die Zeugen Erinnerungen aus den Lagern auferstehen. Familien werden entzweit, Frauen gequält, Kinder erschossen.

Eine Oper über den Holocaust?

Kann man das, darf man das - eine Oper inszenieren über den Holocaust? Diese Fragen schießen auch Erwin Simsensohn durch den Kopf, als ihn Monate zuvor ein Telefonanruf mit der Frage erreicht, ob er die Regie für das Stück übernehmen würde. "Es hat sich… seltsam angehört - ein Stück über den Holocaust, mit Musik?", erzählt er ein paar Tage nach der Premiere im Jüdischen Community Center in Bukarest. Simsensohn - rotes Haar, roter Bart - grüßt beim Hineingehen links und rechts, er ist bekannt in der jüdischen Gemeinschaft Rumäniens, hat das Community Center vor einigen Jahren selbst geleitet.

Doch nach den ersten Gesprächen mit dem Intendanten der Bukarester Oper, Daniel Jinga, schwanden seine Vorbehalte, erzählt Simsensohn. Als er dann zum ersten Mal die eigens für die Oper komponierten Stücke hörte, waren die Zweifel wie weggeblasen. "Musik muss nicht unbedingt Unterhaltung bedeuten. Es ist nicht unbedingt profan, ein wichtiges Thema so zu inszenieren", sagt er.

Vergessene Schuld

Der 45-Jährige ist Herausforderungen gewohnt. Simsensohn lebt heute zwischen Bukarest, wo seine Frau und Kinder wohnen, und Konstanza am Schwarzen Meer, wo er als Intendant das Staatliche Theater leitet. Im Sommer organisiert er ein neunwöchiges Kulturfestival in der Stadt, nebenbei engagiert er sich ehrenamtlich für jüdische Organisationen. Zeit bleibt da nur für wenige Herzensprojekte - wie die Oper über den Holocaust.

Die, sagt er, sei ihm ein persönliches Anliegen gewesen. Denn obwohl Rumänien eine besondere Rolle im Holocaust gespielt hat, scheint das in seiner Heimat lange niemand hören zu wollen.

Unter Diktator Ion Antonescu wurde Rumänien im Zweiten Weltkrieg zu einem der engsten Verbündeten Nazi-Deutschlands. Das rumänische Regime schränkte die Freiheiten von Juden immer weiter ein und eskalierte die Gewalt. Juden wurden enteignet und gedemütigt, sie wurden in Ghettos und Arbeitslager in Transnistrien deportiert, bei blutigen Pogromen gefoltert und ermordet.

Auch Erwin Simsensohns Großvater wurde in ein Arbeitslager deportiert. Er überlebte. Doch der Holocaust hat sich von da an unauslöschlich in die Familien-DNA eingebrannt. "Das trifft mich persönlich", sagt Simsensohn.

Während er nicht vergessen kann, verdrängt sein Heimatland die eigene Beteiligung lange, verharmlost und leugnet sie teils sogar. Erst 2004 erkennt Rumänien zum ersten Mal offiziell seine historische Mitschuld am Holocaust an. Damals zeigt ein Bericht einer Internationalen Kommission, dass etwa 280.000 bis 380.000 Juden in Rumänien und den rumänisch kontrollierten Gebieten durch rumänische Kräfte starben.

Gedenktag im Oktober

Auf den Bericht folgen erste vorsichtige Schritte in Richtung Erinnerungskultur. Der 9. Oktober - der Tag also, an dem 1941 die Deportation von Juden in Lager in Transnistrien begann - wird zum nationalen Gedenktag erklärt. Pläne für ein Holocaust-Museum werden entworfen (die bis heute nicht umgesetzt wurden), das Nationale Institut für die Erforschung des Holocaust in Bukarest gegründet, ein Holocaust-Denkmal gebaut.

"Für die meisten Leute geht es beim Holocaust nicht ums Erinnern, sondern darum, erst einmal überhaupt davon zu erfahren", sagt Erwin Simsensohn. Erst vor zwei Jahren wurde das Fach "Holocaust und Geschichte der Juden" in der Schule eingeführt. Eine aktuelle Studie des Instituts für die Erforschung des Holocaust zeigt: Nur ein Drittel der Rumänen weiß, dass Rumänien eine Mitschuld an der Vernichtung der europäischen Juden trägt. Diktator und Kriegsverbrecher Ion Antonescu, der maßgeblich für den Tod der rumänischen Juden verantwortlich war, wird bis heute von einem Großteil der Bevölkerung als „großer Patriot" wahrgenommen.

Theatermensch durch und durch

Simsensohn wächst in Piatra Neamt in der Westmoldau auf. Seine Eltern sind Ingenieure, lieben aber das Theater - so wie er. In der Oberschule gründet er eine eigene Theatergruppe, die schnell erfolgreich ist. Simsensohn versteht bald, dass er für die Arbeit am und im Theater nicht nur seine künstlerische, sondern auch seine analytische Seite einsetzten kann, sein Gefühl für Menschen und wie man sie leitet. Er wird nie laut, aber ist sich seiner Stimme stets bewusst.

Wie etwa beim Abschlussprojekt seines Regie-Studiums, eine Theateradaption des Buchs "Schuldig geboren", in dem es um Kinder aus Nazifamilien geht. Als er das Projekt damals seinem Kurs vorstellte, fragte eine Kommilitonin ihn, ob er das Thema Holocaust nicht inzwischen satthabe. "Sie hat gesagt: 'Es ist so, als ob jemand in deiner Familie gestorben ist und ihr die Leiche bei euch auf dem Wohnzimmertisch aufbewahrt, sie allen zeigt und euch weigert, sie zu begraben.'"

Obwohl Simsensohn ein besonnener Mensch ist, schwappt ein wenig der Wut von damals ins Jetzt, als er das erzählt. Er zieht die Luft scharf ein. "Ich habe ihr gesagt: 'Ich werde diese Menschen auf den Wohnzimmertisch legen.'" Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, knallt Simsensohn seine Handkanten auf den Tisch. "Wenn wir diese Leute begraben, vergessen wir, wer sie umgebracht hat. Das waren Männer, Frauen, Kinder. Sie sind nicht einfach gestorben. Diese Menschen wurden getötet, weil sie jüdisch waren."

Rechtsextremismus in Rumänien

Bis heute, sagt Simsensohn, sehe er es als seine Verantwortung, aber auch die von anderen Künstlern, dass sie das Thema Holocaust weiter im Gespräch halten. "Es ist wichtig, die Leute nicht nur darüber aufzuklären, was damals passiert ist, sondern auch über die Gefahren von Rechtsextremismus. Das ist leider ein äußerst aktuelles Thema", sagt er.

Bei den Parlamentswahlen 2024 holten rechtsextreme Parteien ein Drittel der Stimmen in Rumänien. Besonders stark ist die geschichtsrevisionistische Allianz für die Vereinigung der Rumänen (AUR), die sich als Erbin der faschistischen Legionärsbewegung der 1940er Jahre inszeniert. Ihr Präsidentschaftskandidat George Simion verlor die Wahl am vergangenen Sonntag nur knapp.

Etwas, sagt Simsenson, sei ins Rutschen geraten. "Heute ist der Antisemitismus stärker als noch vor ein paar Jahren. Es wird immer bedrohlicher für uns." Eigentlich war die Eichmann-Oper als einmalige Aufführung gedacht - doch aufgrund vieler positiver Rückmeldungen wird sie im Oktober nun erneut aufgeführt. Ein Erfolg, für das gesamte Opernteam und für Simsensohn. Denn gegen das Vergessen kämpfen, das weiß er, ist jetzt vielleicht so wichtig wie nie.

Short teaser Erwin Simsensohn ist Intendant, Regisseur, Vater, Jude. Nun hat er in Bukarest eine Oper über den Holocaust inszeniert.
Analytics pixel
<img width="1" height="1" alt="" src="http://logc279.xiti.com/hit.xiti?s=531599&s2=1&p=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWelt%3A%3AEuropa::Ein%20Theatermacher%2C%20eine%20Oper%20und%20der%20Holocaust%20in%20Rum%C3%A4nien&di=&an=&ac=&x1=1&x2=1&x3=72604604&x4=12322&x5=Ein%20Theatermacher%2C%20eine%20Oper%20und%20der%20Holocaust%20in%20Rum%C3%A4nien&x6=1&x7=%2Fde%2Fein-theatermacher-eine-oper-und-der-holocaust-in-rum%C3%A4nien%2Fa-72604604&x8=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste&x9=20250520&x10=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWelt%3A%3AEuropa" />
Item URL https://www.dw.com/de/ein-theatermacher-eine-oper-und-der-holocaust-in-rumänien/a-72604604?maca=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste
RSS Player single video URL https://rssplayer.dw.com/index.php?lg=de&pname=&type=abs&title=Ein%20Theatermacher%2C%20eine%20Oper%20und%20der%20Holocaust%20in%20Rum%C3%A4nien

Item 7
Id 72606936
Date 2025-05-20
Title Neue EU-Sanktionen gegen Russland: Schattentanker im Visier
Short title Neue EU-Sanktionen gegen Russland: Schattentanker im Visier
Teaser Fast 300 Schiffe, die zur russischen Schattenflotte gehören sollen, listet das jüngste Sanktionspaket der EU auf. Doch können die Sanktionen den russischen Handel mit Öl tatsächlich eindämmen?

Der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas zufolge hat die EU mit ihrem am Dienstag beschlossenen 17. Sanktionspaket die Strafmaßnahmen gegen russische Tanker so noch einmal deutlich verschärft. Im Vergleich zu früheren Sanktionspaketen seien noch einmal rund 200 Schiffe hinzugekommen. Es handele sich um "das weltweit größte Paket von Sanktionen gegen die russische Schattenflotte und gegen ihre Versuche, internationale Regeln zu umgehen und ihren Krieg weiter zu finanzieren", bekräftigte der britische Außenminister David Lammy, dessen Land sich dem EU-Sanktionspaket anschloss.

Doch ob das jüngste Sanktionspaket der EU und Großbritanniens tatsächlich auch nachhaltig wirkt, ist für viele Fachleute offen.

Denn: Auch sanktionierte Öltanker laufen Häfen in China an, um russisches Rohöl zu löschen. Indische Raffinerien lassen das russische Öl auf hoher See auf nicht sanktionierte Tanker umpumpen. Kurioser noch: Russland verkaufte bislang trotz Sanktionen Rohöl an indische Raffinerien, die ihre Produkte auch in die EU schickten.

Im Ergebnis flossen die russischen Öl-Einnahmen in den vergangenen Jahren weiter, um die russische Kriegswirtschaft zu finanzieren. Sanktionierte Schiffe dürfen in der Regel keine EU-Werften zur Wartung ansteuern, westlichen Versicherern ist das Geschäft mit den Tankern untersagt.

Um Sanktionen gegen die eigene Flotte zu umgehen, hatte Russland seit Beginn der vollumfänglichen Invasion in der Ukraine am 24. Februar 2022 Schiffe unter fremder Flagge aufgekauft - unter anderem auch aus dem EU-Land Griechenland.

Folgt der US-Senat den EU-Sanktionen?

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron äußerte in einem Interview mit dem französischen Fernsehsender TF1 die Hoffnung, dass die USA den jüngsten EU-Sanktionen folgten.

Denn für das jüngste europäische Sanktionspaket verhandelte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Washington mit Senatorinnen und Senatoren von Donald Trumps regierenden Republikanern und der Demokraten. Die Hoffnung der Europäer liegt auf 70 von ihnen, die unter Führung des republikanischen Senators Lindsey Graham die neue Sanktionsrunde gegen die russische Schattenflotte mittragen wollen. Graham gilt als langjähriger Unterstützer der von Russland angegriffenen Ukraine.

Erneut Firmen und Einzelpersonen auf Sanktionsliste

Teil des neuerlichen Sanktionspaketes sind wieder einzelne Firmen, die von den Fachleuten des Auswärtigen Dienstes der EU penibel mit Kontaktdaten bis hin zu E-Mail-Adressen gelistet werden. Dabei wirkt die Sanktionspolitik der EU schon lange wie ein Katz- und Maus-Spiel. Oft verschwinden sanktionierte Unternehmen, um dann unter anderem Namen wieder aufzutauchen.

Insgesamt hatte der Auswärtige Dienst der EU deshalb erneut 31 Firmen und Einzelpersonen für das 17. Sanktionspaket vorgeschlagen. Sie würden den militärisch-industriellen Komplex Russlands in seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine unterstützen, schreiben die EU-Fachleute. Gut die Hälfte der Firmen sitzt in Russland selbst. Darunter sind aber auch ein Ersatzteillieferant für die Luftfahrt-Industrie aus Serbien und sechs türkische Firmen sowie drei aus Vietnam, zwei aus den Vereinigten Arabischen Emiraten und eine aus Usbekistan.

Die Wirksamkeit der Firmen-Sanktionen ist strittig. Immer wieder entdecken Rechercheure der ukrainischen Streitkräfte selbst High-Tech-Güter aus dem Westen zum Beispiel in abgeschossenen russischen Drohnen. Die Technik gelangt trotz Sanktionen über Drittstaaten nach Russland.

Frankreich: Nadelstiche gegen Putin

Vielleicht auch deshalb ist vor allem beim französischen Präsidenten Emmanuel Macron und seiner Regierung seit Wochen eine andere Strategie zu beobachten. Gemeinsam mit den sieben größten Industriestaaten der Welt (G7) hat die EU bereits im vergangenen Jahr beschlossen, die Erträge aus eingefrorenem russischem Vermögen für die Ukraine einzusetzen.

Zuletzt stellte der französische Außen- und Europaminister Jean-Noël Barrot einen direkten Zusammenhang zwischen Frankreichs Rüstungshilfe für die Ukraine und dem eingefrorenen russischen Vermögen her.

"Dank der Mobilisierung der Einnahmen aus den eingefrorenen russischen Vermögenswerten", so Barrot, könne Frankreich über den französisch-deutschen Rüstungskonzern KNDS "die Wartung der CAESAR-Haubitzen sicherstellen, die Frankreich der Ukraine geliefert hat, um sich gegen die Schläge Russlands zu wehren." Nach offiziellen Angaben hat Frankreich bislang 60 dieser Artillerie-Geschütze in die Ukraine geliefert. Insgesamt haben die westlichen Partner der Ukraine die Lieferung von 154 CAESAR-Haubitzen zugesagt.

Short teaser Fast 300 Schiffe, die zur russischen Schattenflotte gehören sollen, listet das jüngste Sanktionspaket der EU auf.
Analytics pixel
<img width="1" height="1" alt="" src="http://logc279.xiti.com/hit.xiti?s=531599&s2=1&p=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWelt%3A%3AEuropa::Neue%20EU-Sanktionen%20gegen%20Russland%3A%20Schattentanker%20im%20Visier%20&di=&an=&ac=&x1=1&x2=1&x3=72606936&x4=12322&x5=Neue%20EU-Sanktionen%20gegen%20Russland%3A%20Schattentanker%20im%20Visier%20&x6=1&x7=%2Fde%2Fneue-eu-sanktionen-gegen-russland-schattentanker-im-visier%2Fa-72606936&x8=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste&x9=20250520&x10=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWelt%3A%3AEuropa" />
Item URL https://www.dw.com/de/neue-eu-sanktionen-gegen-russland-schattentanker-im-visier/a-72606936?maca=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste
Image URL (460 x 259) https://static.dw.com/image/70603473_302.jpg
Image caption Greenpeace-Aktivisten protestieren in der Ostsee gegen Öl-Tanker der russischen Schattenflotte
Image source Frank Molter/dpa/picture alliance
RSS Player single video URL https://rssplayer.dw.com/index.php?lg=de&pname=&type=abs&f=https://tvdownloaddw-a.akamaihd.net/dwtv_video/flv/jd/jd20240705_Schattenflotte_AVC_640x360.mp4&image=https://static.dw.com/image/70603473_302.jpg&title=Neue%20EU-Sanktionen%20gegen%20Russland%3A%20Schattentanker%20im%20Visier

Item 8
Id 72603311
Date 2025-05-20
Title Trump und Putin: "Dröhnende Leere" nach Ukraine-Gespräch
Short title Trump und Putin: "Dröhnende Leere" nach Ukraine-Gespräch
Teaser Zum dritten Mal seit seinem Amtsantritt hat US-Präsident Trump mit Russlands Staatschef Putin telefoniert. Die Ergebnisse interpretieren beide unterschiedlich. Stecken die Ukraine-Verhandlungen in einer Sackgasse?

Zwei Stunden lang redeten US-Präsident Donald Trump und Russlands Staatschef Wladimir Putin am Montagabend miteinander. Während Trump schon im Vorfeld von einem "sehr wichtigen Tag” sprach, telefonierte Putin nicht einmal aus dem Kreml. Er war aus einer Schule am Stadtrand von Sotschi in Russlands Süden zugeschaltet, wie der Pressedienst Putins vermeldete. Schon vor ihrem Telefonat konnte so leicht der Eindruck entstehen, dass Washington diesem Gespräch weit mehr Bedeutung beimaß als Moskau - und dieser Eindruck sollte sich auch danach nicht ändern.

Überschwänglicher Trump, nüchterner Putin

Denn die Reaktionen der beiden auf ihren telefonischen Austausch hätten kaum unterschiedlicher sein können: Trump reagierte geradezu überschwänglich und sprach von großen Fortschritten: Russland und die Ukraine würden unverzüglich direkte Friedensverhandlungen aufnehmen, so der US-Präsident. Die Bedingungen würden zwischen den beiden Parteien ausgehandelt. Russland wolle mit den USA Handel treiben, sobald das "Blutbad" in der Ukraine vorbei sei und könne dabei eine riesige Anzahl von Arbeitsplätzen schaffen und eine Menge Geld verdienen. Das Potenzial dafür sei grenzenlos. Auch die Ukraine könne vom Handel profitieren, wenn das Land wiederaufgebaut werde.

Putin dagegen reagierte deutlich nüchterner: Das Gespräch sei "offen, informativ und nützlich" gewesen. Russland trete für eine friedliche Lösung ein und sei bereit, mit der Ukraine an einem "Memorandum für ein künftiges Abkommen” zu arbeiten - wie genau dieses aussehen soll, ließ der russische Staatschef jedoch offen.

In Ton und Inhalt unterschieden sich diese beiden Reaktionen "radikal" voneinander, analysiert die russische Amerikanistin Alexandra Filipenko im Gespräch mit der DW. Ihr zufolge habe das Gespräch selbst niemanden weitergebracht: "Sie haben - wie so oft - vereinbart, weiter zu vereinbaren.”

Putins zementiert seine Position

Filipenko weist darauf hin, dass Putin in seiner Reaktion wieder einmal davon gesprochen habe, dass die "Ursprünge des Kriegs” beseitigt werden müssten. Gemeint ist der Verzicht der Ukraine auf eine NATO-Mitgliedschaft und die Anerkennung der von Russland annektierten Regionen als russisches Territorium. Diese Forderungen Moskaus hat Kyjiw aber bereits als inakzeptabel zurückgewiesen. Im Vergleich zu 2022, so die Politologin, sei Putin "keinen Zentimeter von seinen Positionen abgerückt”. Im Gegenteil habe der Kremlchef "seine Position zementiert. Von einem Durchbruch kann man hier überhaupt nicht sprechen.”

Der in Wien ansässige russische Politikexperte Michail Komin bezeichnet die Reaktionen Putins und Trumps als "dröhnende Leere”. Beide wüssten, dass sie nicht in der Lage seien, sich gegenseitig von ihren Argumenten zu überzeugen. Im DW-Interview wundert er sich: "Was haben die zwei überhaupt zwei Stunden lang besprochen?” Komin vermutet, dass es in Wirklichkeit um ganz andere Themen gegangen sei. Vor allem um die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen zwischen Russland und den USA, "wenn sich Trump schon jetzt so sehr darauf freut, künftig Handelsbeziehungen mit Russland aufzunehmen.”

Für die Ukraine und ihre europäischen Verbündeten bedeute das nichts Gutes, "weil der Plan von Wladimir Putin, Verhandlungen hinauszuzögern, aufgeht.” Dieser Plan bestünde aus zwei Punkten: Erstens Trump nicht zu reizen, um zu verhindern, dass er die Ukraine stärker unterstütze. Dabei gehe es um zusätzliche Sanktionen gegen Russland oder neue, größere Waffenlieferungen für die Ukraine. "Der Kreml will, dass Trump zumindest neutral bleibt,” analysiert Komin. Und das gelinge ihm.

Der zweite Punkt in Putins Strategie sei, mit nichts einverstanden zu sein, alles zurückzuweisen, keine Kompromisse einzugehen und den Angriff auf die Ukraine fortzusetzen. Der Kreml sehe keine Gründe, den Krieg jetzt zu beenden, weil sich seiner Meinung nach die Dinge an der Front zu Russlands Gunsten entwickeln würden. Auch von einer globalen Isolation Russlands könne keine Rede sein. In dieser Hinsicht sei auch das "Memorandum" mit der Ukraine, zu dessen Unterzeichnung Putin wie angekündigt bereit sei, eben nur eine Art Absichtserklärung, kritisiert Filipenko und nennt das Papier nutzlos, weil es zu nichts verpflichte.

Trump-Show für die eigenen Wähler?

Trumps begeisterte Reaktion auf das Telefonat mit Putin sei daher mehr eine Show für die eigenen Wähler daheim gewesen, stellt Filipenko fest. Und das sei überhaupt nichts Besonderes, "weil Donald Trump eben immer so spricht.” Die Politologin sieht die weitere Zukunft der Ukraine-Gespräche vielmehr in den Händen des US-Außenministeriums und vor allem des US-Kongresses, der neue Sanktionen als Strafmaßnahmen gegen Russland beschließen könnte.

Das sei aber Zukunftsmusik. Zurzeit gäbe es keinen Druck auf Putin, so Filipenko. Trump hätte mit Sanktionen drohen können, "stattdessen spricht er von Handelsmöglichkeiten, um Putin in Friedenverhandlungen hineinzuziehen.” Der US-Präsident behaupte, dass er Frieden durch Handel erreichen könne. Nur: "Auf jemanden wie Wladimir Putin macht eine solche Taktik überhaupt keinen Eindruck. Er ist sich absolut sicher, dass er so oder so alle nötigen Verträge abschließen wird.”

Filipenko sieht keine Chance für einen baldigen Frieden in der Ukraine und betont nochmals die Wichtigkeit der Entscheidungen des US-Kongresses. Spätestens jetzt, da es klar sei, dass Putin Trump an der Nase herumführe, müsste der US-Kongress etwas unternehmen, ist sie überzeugt. Ansonsten sehe es schlimm für die Ukraine aus.

Korrekturhinweis: In einer früheren Version dieses Beitrags hieß es, Putin habe mit Trump von Krasnodar aus telefoniert; tatsächlich war es die Stadt Sotschi in der Region Krasnodar. Dies wurde am Veröffentlichungstag korrigiert.

Short teaser Bei der Bewertung ihres Gesprächs gehen beide Staatschefs weit auseinander. Stecken die Ukraine-Gespräche fest?
Analytics pixel
<img width="1" height="1" alt="" src="http://logc279.xiti.com/hit.xiti?s=531599&s2=1&p=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWelt%3A%3AEuropa::Trump%20und%20Putin%3A%20%22Dr%C3%B6hnende%20Leere%22%20nach%20Ukraine-Gespr%C3%A4ch&di=&an=&ac=&x1=1&x2=1&x3=72603311&x4=12322&x5=Trump%20und%20Putin%3A%20%22Dr%C3%B6hnende%20Leere%22%20nach%20Ukraine-Gespr%C3%A4ch&x6=1&x7=%2Fde%2Ftrump-und-putin-dr%C3%B6hnende-leere-nach-ukraine-gespr%C3%A4ch%2Fa-72603311&x8=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste&x9=20250520&x10=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWelt%3A%3AEuropa" />
Item URL https://www.dw.com/de/trump-und-putin-dröhnende-leere-nach-ukraine-gespräch/a-72603311?maca=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste
Image URL (460 x 259) https://static.dw.com/image/72606795_302.jpg
Image caption Zwei Stunden lang haben der russische Staatschef Wladimir Putin und US-Präsident Donald Trump telefoniert (Archivfoto)
Image source Kremlin Pool/Russian Look/picture alliance
RSS Player single video URL https://rssplayer.dw.com/index.php?lg=de&pname=&type=abs&image=https://static.dw.com/image/72606795_302.jpg&title=Trump%20und%20Putin%3A%20%22Dr%C3%B6hnende%20Leere%22%20nach%20Ukraine-Gespr%C3%A4ch

Item 9
Id 72596779
Date 2025-05-20
Title Faktencheck: "Hey, Grok, stimmt das?" Wie zuverlässig sind KI-Chatbots?
Short title Faktencheck: Wie zuverlässig sind KI-Chatbots?
Teaser Immer mehr Menschen nutzen KI-Chatbots, um Informationen schnell zu überprüfen. Doch wie genau und zuverlässig sind die Antworten von Grok, Meta AI, ChatGPT & Co?

"Hey, @Grok, stimmt das?" Seit Elon Musks KI-Unternehmen xAI im November 2023 den generativen Chatbot Grok auf den Markt gebracht und im Dezember 2024 auch für alle Nicht-Premium-Nutzende freigegeben hat, stellen Tausende X-Nutzende (ehemals Twitter) genau diese Frage. Sie wollen mit Hilfe des auf Künstlicher Intelligenz (KI) basierten Systems Informationen schnell überprüfen.

Eine kürzlich vom britischen Technologie-Portal TechRadar durchgeführte Umfrage ergab: 27 Prozent der Amerikaner verwenden KI-Tools wie ChatGPT von OpenAI, MetaAI von Meta, Gemini von Google, Copilot von Microsoft oder Apps wie Perplexityanstelle herkömmlicher Suchmaschinen wie Google oder Yahoo.

Aber wie genau und zuverlässig sind die Antworten der KI? Diese Frage haben sich viele etwa angesichts der jüngsten Äußerungen von Grok zum "weißen Völkermord" in Südafrika gestellt. Abgesehen von Groks problematischer Haltung zu diesem Thema waren X-Nutzende auch darüber irritiert, dass der Bot anfing, darüber zu sprechen, wenn er zu ganz anderen Themen befragt wurde, wie im folgenden Beispiel:

Die Diskussion um den angeblichen "weißen Genozid" kam auf, nachdem die Trump-Administration weiße Südafrikaner als "Flüchtlinge" in die Vereinigten Staaten geholt hatte. Der US-Präsident hatte erklärt, sie seien in ihrer Heimat einem "Völkermord" ausgesetzt - eine an rassistische Verschwörungsmythen andockende Behauptung, für die es keine Beweise gibt.

xAI machte eine "nicht autorisierte Änderung" für Groks Besessenheit mit dem Thema "weißer Völkermord" für die unerbetenen Antworten verantwortlich und erklärte, "eine gründliche Untersuchung durchgeführt zu haben".

Aber kommen solche Fehler regelmäßig vor? Wie sicher können Nutzende sein, dass sie zuverlässige Informationen erhalten, wenn sie etwas mit Hilfe von KI überprüfen wollen? Das klären wir in diesem DW-Faktencheck.

Studie zeigt sachliche Fehler und verfälschte Zitate

Zwei in diesem Jahr durchgeführte Studien des britischen öffentlich-rechtlichen Rundfunks BBC und des Tow Center for Digital Journalism von der Columbia University in New Yorkhaben erhebliche Defizite bei KI-Chatbots festgestellt. Im Februar stellte eine BBC-Studiefest, dass "die Antworten der KI-Assistenten erhebliche Ungenauigkeiten und verzerrte Inhalte enthielten".

Als ChatGPT, Copilot, Gemini und Perplexity gebeten wurden, auf Fragen zu aktuellen Nachrichten zu antworten und dabei BBC-Artikel als Quellen zu verwenden, wurde festgestellt, dass 51 Prozent der Antworten der Chatbots "signifikante Probleme verschiedener Art" aufwiesen.

Bei 19 Prozent der Antworten wurde festgestellt, dass sie eigene sachliche Fehler hinzugefügt hatten, während 13 Prozent der Zitate entweder verändert wurden oder in den zitierten Artikeln überhaupt nicht vorkamen.

"Bei KI-Assistenten kann man sich derzeit nicht darauf verlassen, dass sie Nachrichten korrekt wiedergeben, und es besteht die Gefahr, dass sie das Publikum in die Irre führen", schlussfolgert Pete Archer, Programmdirektor für generative KI bei der BBC.

Falsche Antworten mit "alarmierender Sicherheit"

Auch eine Untersuchung des Tow Center for Digital Journalism, die im März in der Columbia Journalism Review (CJR)veröffentlicht wurde, ergab, dass acht KI-Tools in 60 Prozent der Fälle nicht in der Lage waren, die Herkunft von Artikelauszügen korrekt zu identifizieren.

Perplexity schnitt mit einer Fehlerquote von "nur" 37 Prozent am besten ab, während Grok 94 Prozent der Abfragen falsch beantwortete. Das CJR zeigte sich besonders besorgt über die "alarmierende Zuversicht", mit der die KI-Tools falsche Antworten gaben.

"ChatGPT identifizierte 134 Artikel falsch, signalisierte aber nur fünfzehn Mal von seinen zweihundert Antworten einen Mangel an Vertrauen und lehnte niemals eine Antwort ab". Insgesamt ergab die Studie, dass Chatbots "im Allgemeinen schlecht darin sind, sich zu weigern, Fragen zu beantworten, die sie nicht genau beantworten können.

KI-Chatbots sind nur so gut wie ihr Input

Und woher bezieht die KI selbst ihre Informationen? Sie wird aus verschiedenen Quellenwie umfangreichen Datenbanken und Websuchen gespeist. Je nachdem, wie KI-Chatbots trainiert und programmiert werden, kann die Qualität und Genauigkeit ihrer Antworten variieren.

"Ein Problem, das kürzlich aufgetaucht ist, ist die Flutung von LLMs [Anmerkung der Redaktion: Large Language Models] durch russische Desinformation und Propaganda. Es gibt also eindeutig ein Problem mit dem 'Input' der LLMs", sagt Tommaso Canetta der DW. Er ist stellvertretender Direktor des italienischen Fact-Checking-Projekts Pagella Politicaund Fact-Checking-Koordinator beim European Digital Media Observatory (EDMO).

"Wenn die Quellen nicht vertrauenswürdig und qualitativ hochwertig sind, werden die Antworten höchstwahrscheinlich von der gleichen Art sein". Canetta erklärt, dass er selbst regelmäßig auf Antworten stößt, die "unvollständig, ungenau, irreführend oder sogar falsch" sind.

Wenn die KI sich irrt

Besonders drastisch war eine Behauptung des KI-gestützten Chatbots Meta AI im April 2024. Der Chatbot teilte in einer New Yorker Elterngruppe auf Facebook, dass er ein akademisch begabtes Kind mit einer Behinderung habe. Später entschuldigte sich der Chatbot wohl und gab zu, dass er keine "persönlichen Erfahrungen oder Kinder" hat. Das erklärte Meta gegenüber dem Onbline-Magazin 404media, das über den Vorfall berichtet hatte.

"Es handelt sich um eine neue Technologie, die möglicherweise nicht immer die gewünschte Antwort liefert. Seit der Markteinführung haben wir ständig Updates und Verbesserungen für unsere Modelle veröffentlicht und arbeiten weiter daran, sie zu verbessern."

Die Fehlinformationen können gravierende Folgen haben. So verbreitete Grok im August 2024 nach dem Ausscheiden von US-Präsident Biden aus dem Wahlkampf die falsche Angabe, dass Vizepräsidentin Kamala Harris in mehreren Bundesstaaten nicht mehr auf dem Stimmzettel erscheinen dürfe. Der Staatssekretär von Minnesota, Steve Simon, wandte sich daraufhin in einem öffentlichen Brief an Elon Musk .

Grok ordnet KI-Bild realen Ereignissen zu

Nicht nur mit Nachrichten scheinen KI-Chatbots Schwierigkeiten zu haben, auch bei der Identifizierung von KI-generierten Bildern zeigen sie starke Einschränkungen.

In einem kurzen Experiment bat die DW Grok, Datum, Ort und Ursprung eines KI-generierten Bildes eines Feuers in einem zerstörten Flugzeughangar zu identifizieren, das aus einem TikTok-Video stammt. In seinen Erklärungen behauptete Grok, das Bild zeige verschiedene Vorfälle an verschiedenen Orten, von einem kleinen Flugplatz in Salisbury in England über den Denver International Airport in Colorado bis hin zum Tan Son Nhat International Airport in Ho Chi Minh City in Vietnam.

An diesen Orten hat es in den vergangenen Jahren tatsächlich Unfälle und Brände gegeben, aber das fragliche Bild zeigte nichts davon. Noch besorgniserregender ist, dass Grok einen Teil des "TikTok"-Wasserzeichens in der Ecke des Bildes erkannte und meinte, dies spreche "für die Echtheit des Bildes".

Auf der Registerkarte "Weitere Details" erklärte Grok hingegen, dass TikTok "eine Plattform ist, die häufig für die schnelle Verbreitung viraler Inhalte genutzt wird, was zu Fehlinformationen führen kann, wenn sie nicht ordnungsgemäß überprüft werden".

Am 14. Mai attestierte Grok (auf Portugiesisch) einem viralen Video Echtheit, das eine mehrere hundert Meter lange Anakonda im Amazonas zu zeigen scheint. Dabei wurde es eindeutig mithilfe von Künstlicher Intelligenz erzeugt.

KI-Chatbots taugen nicht zum Fakten überprüfen

KI-Chatbots mögen wie eine allwissende Entität erscheinen, aber sie sind es nicht. Sie machen Fehler, missverstehen Dinge und können sogar manipuliert werden. Felix Simon, Postdoktorand für KI und digitale Nachrichten und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Oxford Internet Institute (OII), kommt zu dem Schluss: "KI-Systeme wie Grok, Meta AI oder ChatGPT sollten nicht als Werkzeuge zum Faktenchecken betrachtet werden. Sie können zwar mit einigem Erfolg zu diesem Zweck eingesetzt werden, aber es ist unklar, wie gut und konsistent sie diese Aufgabe erfüllen, vor allem in Grenzfällen".

Für Canetta können KI-Chatbots für sehr einfache Faktenchecks nützlich sein. Er rät aber auch dazu, ihnen nicht völlig zu vertrauen. Beide Experten sagen, dass die Nutzenden die Antworten immer mit anderen Quellen überprüfen sollten.

Daniel Ebertz hat zu diesem Bericht beigetragen.

Short teaser Viele Menschen nutzen KI-Chatbots, um Informationen schnell zu überprüfen. Wie genau sind die Antworten von Grok & Co?
Analytics pixel
<img width="1" height="1" alt="" src="http://logc279.xiti.com/hit.xiti?s=531599&s2=1&p=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWelt::Faktencheck%3A%20%22Hey%2C%20Grok%2C%20stimmt%20das%3F%22%20Wie%20zuverl%C3%A4ssig%20sind%20KI-Chatbots%3F&di=&an=&ac=&x1=1&x2=1&x3=72596779&x4=100029&x5=Faktencheck%3A%20%22Hey%2C%20Grok%2C%20stimmt%20das%3F%22%20Wie%20zuverl%C3%A4ssig%20sind%20KI-Chatbots%3F&x6=1&x7=%2Fde%2Ffaktencheck-hey-grok-stimmt-das-wie-zuverl%C3%A4ssig-sind-ki-chatbots%2Fa-72596779&x8=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste&x9=20250520&x10=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWelt" />
Item URL https://www.dw.com/de/faktencheck-hey-grok-stimmt-das-wie-zuverlässig-sind-ki-chatbots/a-72596779?maca=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste
RSS Player single video URL https://rssplayer.dw.com/index.php?lg=de&pname=&type=abs&title=Faktencheck%3A%20%22Hey%2C%20Grok%2C%20stimmt%20das%3F%22%20Wie%20zuverl%C3%A4ssig%20sind%20KI-Chatbots%3F

Item 10
Id 72609807
Date 2025-05-20
Title USA-Südafrika: Werden Ramaphosa und Trump die Wogen glätten?
Short title USA-Südafrika: Werden Ramaphosa und Trump die Wogen glätten?
Teaser Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa trifft Donald Trump in Washington. Sie wollen über Handelsabkommen sprechen. Aber können die Verstimmungen über Trumps Vorwürfe eines "weißen Genozids" in Südafrika beigelegt werden?

Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa hält sich in den USA auf, wo er am Mittwoch mit US-Präsident Donald Trump zusammentreffen wird. Das persönliche Gespräch zwischen den beiden Staatsmännern könnte den Ton für die künftigen Beziehungen beider Länder vorgeben.

Trump empfängt erstmals seit Amtsantritt im Januar einen einen afrikanischen Staatschef im Weißen Haus. Der US-Präsident hat Afrika während seiner ersten Amtszeit nie besucht. Auf der anderen Seite fand Ramaphosas letzter Arbeitsbesuch in Washington im Jahr 2022 statt, als noch Joe Biden US-Präsident war.

Seit Anfang 2025 haben sich die Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Südafrika massiv verschlechtert, angetrieben durch ideologische Differenzen, geopolitische Allianzen und innenpolitische Konflikte.

"Der Besuch des Präsidenten in den USA bietet eine Plattform, um die strategischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern neu zu gestalten", erklärte die südafrikanische Präsidentschaft im Vorfeld. Analysten erwarten jedoch, dass Ramaphosas dreitägiger Besuch nicht einfach sein wird und feindselig oder konfrontativ enden könnte.

"Ziel ist es, das Image Südafrikas aufzupolieren und die Wahrnehmung zu beseitigen, die Trump über Südafrika als ein Land verbreitet, in dem angeblich ein Völkermord an den weißen Afrikaanern stattfindet", sagt Fredson Guilengue, Regionalprogrammmanager der Rosa-Luxemburg-Stiftung Südliches Afrika in Johannesburg, im Gespräch mit der DW.

Kein Völkermord in Südafrika

Ramaphosas Reise findet nur wenige Tage nach der Aufnahme einer Gruppe weißer südafrikanischer "Flüchtlinge" statt. Präsident Donald Trump behauptet, dass sie in Südafrika verfolgt werden und einem "Völkermord" ausgesetzt seien. Ein spezieller Umsiedlungsplan Trumps erlaubte es ihnen, vergangene Woche in die USA zu fliegen und sich dort niederzulassen.

Ramaphosas Regierung reagierte empört und bestreitet Trumps Vorwürfe, die dem Kontext rechter Verschwörungsmythen entstammen und jeglicher Beweise entbehren. Laut dem Präsidenten werden Weiße, die mehr als 70 Prozent des Landes besitzen, obwohl sie nur 7 Prozent der Bevölkerung stellen, nicht diskriminiert.

Ramaphosa werde auch versuchen, einen neuen Rahmen vorzulegen, der den Handel zwischen den beiden Ländern regeln wird, insbesondere in der Zeit nach AGOA, sagte Guilengue. Der Growth and Opportunity Act (AGOA) ist ein Handelsabkommen zwischen den Vereinigten Staaten und berechtigten afrikanischen Ländern südlich der Sahara. Das Abkommen, das am 1. Oktober 2025 ausläuft, ermöglicht es afrikanischen Nationen, Produkte zollfrei in die USA zu exportieren und so den Kontinent bei seiner Entwicklung zu unterstützen.

Neues Handelsabkommen zwischen Südafrika und den USA?

Trumps jüngste Handelszölle deuten auf ein Ende des Abkommens hin. Südafrikas Automobilindustrie zum Beispiel leidet aufgrund des hohen Exportniveaus in die USA erheblich unter Trumps Zöllen. Beobachter sehen daher ein wichtiges Ziel des Besuchs darin, Trumps Position aufzuweichen und die Zölle gegen Südafrika in der Folge neu zu verhandeln.

Die Spannungen haben aufgrund der Handelspolitik Trumps zugenommen, die Südafrika hart trifft, aber auch wegen der Kürzungen der US-Hilfe für Entwicklungsprojekte.

Die Beziehungen waren bereits angespannt, nachdem Südafrika vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag eine Klage gegen Israel eingereicht hatte. Pretoria warf dem israelischen Militär vor, Völkermord an den Palästinensern im Gazastreifen zu begehen.

Ein weiterer belastender Aspekt ist die Rolle Südafrikas innerhalb der BRICS-Gruppe. Dass Südafrika innerhalb des Zusammenschlusses dafür eintritt, die BRICS als Gegengewicht zum Westen zu etablieren, werde von den USA als Bedrohung ihrer weltweiten Interessen gesehen, heißt es.

BRICS ist eine zwischenstaatliche Organisation, die zehn Länder umfasst: Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika und seit 2024 auch Ägypten, Äthiopien, Indonesien, Iran und die Vereinigten Arabischen Emirate.

Südafrikaner skeptisch

Viele Südafrikaner stünden dem Treffen des Präsidenten sehr skeptisch gegenüber, denn es sei bekannt, wie Trump mit seinen Gegnern umgehe , sagt Guilengue und verweist auf die Demütigung des ukrainischen Präsident Wolodymyr Selenskyj bei seinem Besuch im Oval Office im Februar.

Nach südafrikanischen Angaben war die Initiative zu dem Treffen von Trump ausgegangen. Dieser könnte Südafrika immer noch als größten Handelspartner auf dem Kontinent ansehen und daher an dem Gespräch interessiert sein, meint Guilengue.

Südafrikas Rolle als G20-Führer

Nach Meinung des südafrikanischen Politikanalysten Daniel Silke ist der G20-Vorsitz Südafrikas in diesem Jahr ein wichtiger Faktor. "Die G20 bleiben - trotz der Äußerungen aus den USA und der Versuche, sich aus globalen Organisationen und Gremien zurückzuziehen - eines der wichtigsten dieser Gremien", sagt Silke gegenüber der DW. Südafrikas Führungsrolle in den G20 vergrößere seine globale Bedeutung.

Ramaphosa könnte versuchen, Trump von einer Teilnahme am G20-Gipfel in Johannesburg im November zu überzeugen, den der US-Präsident wegen des angeblichen "Völkermordes" an weißen Afrikaanern boykottieren will.

Silke sagte, Ramaphosas Besuch habe wenig mit der Flucht weißer Afrikaaner in die USA zu tun. Das Thema werde wohl angesprochen, aber es sei kein wichtiger Punkt in den Gesprächen. "Die USA nehmen in allen möglichen Fragen Außenseiterpositionen ein, und insbesondere Trump kritisiert an einem Tag einen politischen Führer und streckt dann die Hand der Freundschaft aus, wenn es für die USA von Vorteil ist."

Der beste Weg, um mit Trump umzugehen, sei der persönliche: "Das ist eine Frage der persönlichen Diplomatie und einer persönlichen Beziehung, die geschmiedet werden muss, auch wenn sie steinig sein mag", glaubt der Analyst.

Am Ende komme es darauf an, Geschäfte zu machen, so Silke: "Bei all dem Geschwätz über Zölle sieht es so aus, als könnten die schlimmsten Zölle nach unten verhandelt werden. Südafrika hat als Druckmittel einige bedeutende Mineralien, die auch in die USA geliefert werden könnten."

Short teaser Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa trifft Donald Trump in Washington: Können sie die frostigen Beziehungen verbessern?
Analytics pixel
<img width="1" height="1" alt="" src="http://logc279.xiti.com/hit.xiti?s=531599&s2=1&p=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWelt%3A%3AAfrika::USA-S%C3%BCdafrika%3A%20Werden%20Ramaphosa%20und%20Trump%20die%20Wogen%20gl%C3%A4tten%3F&di=&an=&ac=&x1=1&x2=1&x3=72609807&x4=12324&x5=USA-S%C3%BCdafrika%3A%20Werden%20Ramaphosa%20und%20Trump%20die%20Wogen%20gl%C3%A4tten%3F&x6=1&x7=%2Fde%2Fusa-s%C3%BCdafrika-werden-ramaphosa-und-trump-die-wogen-gl%C3%A4tten%2Fa-72609807&x8=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste&x9=20250520&x10=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWelt%3A%3AAfrika" />
Item URL https://www.dw.com/de/usa-südafrika-werden-ramaphosa-und-trump-die-wogen-glätten/a-72609807?maca=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste
RSS Player single video URL https://rssplayer.dw.com/index.php?lg=de&pname=&type=abs&title=USA-S%C3%BCdafrika%3A%20Werden%20Ramaphosa%20und%20Trump%20die%20Wogen%20gl%C3%A4tten%3F

Item 11
Id 72601038
Date 2025-05-19
Title EU-Großbritannien-Gipfel - Abschlussbericht
Short title EU-Großbritannien-Gipfel: Die neue Annäherung
Teaser Fisch, Verteidigung - und vielleicht wieder mehr junge Menschen: Fünf Jahre nach dem Brexit beschließen das Vereinigte Königreich und die EU auf einem Gipfel in London, wieder enger zusammenzuarbeiten.

"Ein historischer Moment", schwärmt EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei der Pressekonferenz im Prunksaal des historischen Herrenhauses Lancaster House im Herzen Londons. Von "gesundem Menschenverstand" spricht dagegen der britische Regierungschef Keir Starmer. Die Wortwahl macht deutlich, wie unterschiedlich die Interessen der beiden sind.

Starmer will das Abkommen als pragmatisch gute Lösung verkaufen, von der vor allem britische Unternehmen profitieren. Für die Europäische Union geht es auch darum, sich angesichts der Bedrohung durch Russland geopolitisch neu aufzustellen und in Großbritannien einen verlässlichen militärischen Partner zu gewinnen. Der Gipfel war der erste dieser Art seit dem Brexit von vor fünf Jahren.

Absichtserklärung mit langer To-do-Liste

In vielen Bereichen ist das Abkommen lediglich eine Absichtserklärung, viele Details müssen noch ausgearbeitet werden. Immerhin erklären beide Seiten, in Zukunft enger zusammenzuarbeiten. Das gilt für Sicherheit und Verteidigung, bei Lebensmittelstandards, bei der Fischerei und im Energiebereich.

"Die beiden haben eine lange To-do-Liste", bewertet Jannike Wachowiak, Expertin beim Thinktank "UK in a changing Europe", das Abkommen. Für sie sticht die Sicherheitspartnerschaft heraus: Die EU müsse wegen der veränderten geopolitischen Lage bei der Verteidigung umdenken und einen Weg finden, um Drittstaaten mit einzubeziehen.

Zwar sind auch hier die Einzelheiten noch unklar, aber es ist eine Grundlage geschaffen: Alle sechs Monate werden sich beide Seiten künftig treffen. Für britische Rüstungsfirmen besteht die Aussicht, sich in Zukunft am sogenannten SAFE-Programm der EU zu beteiligen. Das ist ein Beschaffungsprojekt für Militärgüter in Höhe von 150 Milliarden Euro - und ein Erfolg für Starmer.

Beim Fisch beginnen die heiklen Themen

Kompromisse musste der britische Regierungschef dagegen bei der Fischerei machen, für die nächsten zwölf Jahre noch haben EU-Flotten unbegrenzten Zugang zu britischen Gewässern - ein "Ausverkauf" sei das, schimpft die britische Oppositionschefin Kemi Badenoch.

Ein weiteres heikles Thema für Großbritannien ist das sogenannte Youth Mobility Scheme, ein Programm, das den Jugendaustausch fördert. Hier wird noch weiter verhandelt, aber es gilt als sehr wahrscheinlich, dass man sich bald einigt. Die EU hat großes Interesse an einem Austauschprogramm, britische Universitäten zählen zu den besten in der Welt. Hier habe sich die britische Position in den letzten Monaten gewandelt, sagt Jannike Wachowiak - die EU habe klar gemacht, dass es ohne ein Jugendprogramm kein Abkommen geben werde.

"Austausch ist keine Kapitulation"

Dabei will die britische Regierung alles vermeiden, woraus konservative und rechte Oppositionsparteien einen Strick drehen könnten: alles was als "Einwanderung durch die Hintertür" oder sogar als Rückkehr der Freizügigkeit interpretiert werden könnte. Keir Starmer versprach seit Amtsantritt immer wieder, die Einwanderung zu senken: "Alle Bereiche des Einwanderungssystems - Arbeit, Familie und Studium - werden verschärft, damit wir mehr Kontrolle haben", sagte Starmer erst in der vergangenen Woche. So verspricht er denn auch, die Zahl der Teilnehmer an solchen Programmen werde begrenzt werden.

Britische Jugendorganisationen begrüßen die Ankündigung: So ein Austausch sei keine "Kapitulation", sondern im Gegenteil ein großer Fortschritt, sagt Maurizio Cuttin vom British Youth Council. Junge Menschen seien vom Brexit schließlich am stärksten betroffen.

Im Ausland eröffnen sich neue Welten

Auch die junge Britin Lauren Mason hofft, dass hier schnell weiter verhandelt wird. Sie arbeitet beim European Youth Council in Brüssel, und ihr Studienjahr in Bonn, das Erasmus ihr ermöglichte, war "eines der besten Jahre meines Lebens". Gerade zwanzig und ausgerüstet mit einem monatlichen Stipendium von damals rund 500 Euro, eröffnete sich ihr eine neue Welt, erinnert sie sich: "Ich war das erste Mal in meinem Leben im Ballett."

Es ging um viel mehr als nur darum, eine neue Sprache zu lernen: "Ich musste mich plötzlich allein zurechtfinden, ein Bankkonto eröffnen, mich um ein Telefon kümmern." Empathie habe sie in diesem Jahr gelernt. Vor allem aber auch Belastbarkeit und Durchhaltevermögen. Nun hofft sie, dass junge Briten in Zukunft wieder ähnliche Erfahrungen machen werden.

Die Wirtschaft setzt ebenso auf Mobilität

In der Wirtschaft hofft man ebenso auf Fortschritte bei der Jugendmobilität, sie könnte "neuen Schwung" in das Wirtschaftswachstum bringen, sagt der einflussreiche britische Unternehmerverband CBI. Insgesamt bewertet die Wirtschaft das Abkommen positiv. Dass sich London in Sachen Lebensmittelhygiene wieder an EU-Standards orientieren will, dürfte den Handel erleichtern. Das wäre laut CBI ein "großer Gewinn" für britsche Unternehmen.

Das Abkommen zeige, dass sich das Klima in den gegenseitigen Beziehungen deutlich verbessert habe, sagt auch Ulrich Hoppe, Hauptgeschäftsführer der Deutsch-Britischen Industrie- und Handelskammer.

So sehr sich die Briten mit diesem Abkommen auch auf die EU zubewegen: Starmers Regierung wird weiterhin auf wichtigen Prinzipien beharren. Und eine Rückkehr in die EU steht nach wie vor außer Frage.

Short teaser Das Vereinigte Königreich und die EU beschließen auf einem Gipfel in London, wieder enger zusammenzuarbeiten.
Analytics pixel
<img width="1" height="1" alt="" src="http://logc279.xiti.com/hit.xiti?s=531599&s2=1&p=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWelt%3A%3AEuropa::EU-Gro%C3%9Fbritannien-Gipfel%20-%20Abschlussbericht&di=&an=&ac=&x1=1&x2=1&x3=72601038&x4=12322&x5=EU-Gro%C3%9Fbritannien-Gipfel%20-%20Abschlussbericht&x6=1&x7=%2Fde%2Feu-gro%C3%9Fbritannien-gipfel-abschlussbericht%2Fa-72601038&x8=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste&x9=20250519&x10=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWelt%3A%3AEuropa" />
Item URL https://www.dw.com/de/eu-großbritannien-gipfel-abschlussbericht/a-72601038?maca=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste
Image URL (460 x 259) https://static.dw.com/image/72599007_302.jpg
Image caption Und jedem (Neu-)Anfang wohnt ein Zauber inne: Starmer und von der Leyen wagen die Annäherung
Image source Carl Court/AP/picture alliance
RSS Player single video URL https://rssplayer.dw.com/index.php?lg=de&pname=&type=abs&image=https://static.dw.com/image/72599007_302.jpg&title=EU-Gro%C3%9Fbritannien-Gipfel%20-%20Abschlussbericht

Item 12
Id 72592842
Date 2025-05-19
Title Rumänien: Historischer Wahlsieg für Proeuropäer
Short title Rumänien: Historischer Wahlsieg für Proeuropäer
Teaser In der zweiten Runde der rumänischen Präsidentschaftswahl siegt unerwartet der proeuropäische und demokratische Kandidat Nicusor Dan. Er will sich für rechtsstaatliche Reformen einsetzen und unterstützt die Ukraine.

Tausende Menschen haben sich auf dem Elisabeth-Boulevard in Rumäniens Hauptstadt Bukarest versammelt und jubeln. Sie schwenken rumänische und Europa-Fahnen, immer wieder rufen sie in Sprechchören den Vornamen des Siegers: "Nicusor! Nicusor!"

Der schwenkt zwischendurch vom Balkon aus eine Europafahne, winkt seinen Anhängern zu und tritt schließlich, eine halbe Stunde nach Mitternacht, unter frenetischem Beifall vor die Tür seines Büros. In seiner gewohnt uncharismatischen, unprätentiösen, aber nahbaren Art bedankt er sich bei seinen Anhängern. Er spricht aber auch die an, die nicht für ihn gestimmt haben: "Ich lade euch ein, Rumänien zusammen aufzubauen." Die kurze Rede hat nichts Triumphalistisches. "Lasst uns weiter an Rumänien glauben", sagt er am Ende, "und ab morgen an die Arbeit gehen!"

Nicusor Dan, 55 Jahre, Mathematiker, parteilos, ehemals Bürgeraktivist und zuletzt Bukarester Bürgermeister, hat am Sonntag (18.05.2025) die rumänische Präsidentschaftswahl gewonnen - unerwartet und in einem Aufholrennen, wie es in Rumänien noch kein Kandidat vor ihm geschafft hatte. Er lag in der ersten Runde der Wahl vor zwei Wochen 20 Prozent hinter seinem Kontrahenten, dem rechtsextremen George Simion. In der Stichwahl vom Sonntag holte Dan mehrere Millionen neue Stimmen hinzu und siegte mit rund 54 Prozent. Simion kam auf 46 Prozent.

Rechtsaußen-Kurs abgewendet

Es ist eine gute Nachricht für Rumänien, für die Europäische Union und insbesondere auch für die Ukraine. Simion, ehemals Fußball-Hooligan und prorussischer Rechtsextremist, der sich als Anhänger von US-Präsident Donald Trump und Ungarns Premier Viktor Orban gibt, hatte im ersten Wahlgang 41 Prozent der Stimmen erhalten und war eigentlich Wahlfavorit. Er hätte Rumänien - das bevölkerungsreichste Land Südosteuropas - im Falle seines Wahlsiegs auf einen isolationistischen, antieuropäischen Rechtsaußen-Kurs geführt. Das hat eine Mehrheit der Rumänen letztlich wohl zutiefst abgeschreckt.

Nicusor Dan hingegen profitierte offenbar von seinem Ruf als früherer Aktivist gegen die Bukarester Immobilienmafia und als ehrlicher Kandidat, der nicht Teil des verhassten "Systems" aus korruptem Parteienklüngel ist, das Rumänien seit 35 Jahre dominiert. Geholfen hat Dan wohl auch, dass er in der Wahlkampagne besonnen auftrat, dass er keine überzogenen Versprechen machte und dass er sich offen für die Anliegen aller Teile der Gesellschaft zeigte, während er zugleich an seiner konsequenten Haltung für einen Rechtsstaat, für Europa und für die Unterstützung der Ukraine keine Abstriche machte.

Für viele unterschiedliche Menschen wählbar

Nicusor Dan ist Goldmedaillen-Gewinner zweier internationaler Mathematik-Olympiaden, gläubiger Christ - und jemand, der lieber kleine Brötchen backt, als große Worte zu gebrauchen. Er hat überwiegend liberale, teils auch gemäßigt konservative Ansichten. Manchmal verheddert er sich in seinen Reden mit Erklärungen zu komplexen Problemen. Er kann Fehler zugeben und wirkt bei aller Prinzipienfestigkeit doch undogmatisch.

Dan lebt seit 20 Jahren unverheiratet mit seiner Lebensgefährtin zusammen - in Rumänien vor allem in ländlichen Gebieten durchaus problematisch. Das Paar hat zwei Kinder. Dans wuscheliger Lockenkopf war jahrelang Thema in rumänischen Medien. Schließlich ließ er sich widerwillig, aber mit Humor die Haare schneiden. Die Mischung aus Bodenständigkeit, Ehrlichkeit, Eigensinn, ein wenig Traditionalismus, ernst gemeinter Demut und Berechenbarkeit macht ihn offenbar für viele unterschiedliche Schichten wählbar.

Wie Dan bereits in der Wahlkampagne versprochen hatte, kündigte er auch nach seinem Wahlsieg an, mit "allen vier demokratischen Parteien" des Parlaments - den Sozialdemokraten, den Nationalliberalen, der progressiv-liberalen Union Rettet Rumänien sowie der ungarischen Minderheiten-Partei UDMR und anderen Minderheitenvertretern Gespräche über eine Koalitionsregierung zu führen. Zum neuen Ministerpräsidenten wird er den Nationalliberalen Ilie Bolojan ernennen, ehemals Bürgermeister der westrumänischen Stadt Oradea (Großwardein) und zuletzt Interimspräsident.

Niederlage für Orban

Die Wahlbeteiligung lag an diesem Sonntag mit 64 Prozent - gegenüber 53 Prozent in der ersten Runde - relativ hoch. Besonders in den Städten gingen sehr viele Menschen zur Wahl. Die große Mehrheit der Kommentatoren war sich einig, dass die Wahl ein "Referendum über den grundsätzlichen Weg Rumäniens" sei und dass die Mehrheit der Menschen sich für den europäischen Weg entschieden habe. Im Fernsehsender Digi24 bewertete eine Experten-Runde die Wahl als "Kampf zwischen Demokratie und Autokratie-Kleptokratie". Der Politologe Costin Ciobanu sagte, Gewinner der Wahl sei die Demokratie in Rumänien: "Aber sie wurde nicht von den etablierten Parteien gerettet, sondern die Menschen haben das Land gerettet."

Rumänische Beobachter werteten das Wahlergebnis auch als eine Niederlage für den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban. Der hatte sich in einer Rede am 9.05.2025 für den Rechtsextremisten Simion ausgesprochen - obwohl der für gewalttätige Auftritte gegen die ungarische Minderheit in Rumänien bekannt ist. Erstmals seit vielen Jahren war es deshalb zu einem Konflikt zwischen der ungarischen Minderheitenpartei Rumäniens, der UDMR, und Orban gekommen. Am Sonntag nun erhielt Nicusor Dan sein Rekordergebnis in einem mehrheitlich von ethnischen Ungarn bewohnten Landkreis Rumäniens, Harghita - dort stimmten 90 Prozent für ihn.

Simion gesteht Niederlage ein

Platz zwei hält die Republik Moldau, der "zweite rumänische Staat", wo viele Menschen auch die rumänische Staatsbürgerschaft besitzen. Dort stimmten 88 Prozent für Nicusor Dan. Die moldauische Staatspräsidentin Maia Sandu, die ebenfalls auch rumänische Staatsbürgerin ist, gratulierte ihrem zukünftigen Amtskollegen als eine der ersten ausländischen Persönlichkeiten. "Rumänien, wir gehen den europäischen Weg vertrauensvoll zusammen", schrieb sie auf Facebook. Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj gratulierte Dan als einer der ersten zu seinem "historischen Wahlsieg". "Zusammen können wir unsere Länder und Europa stärken", schrieb Selenskyj auf X.

George Simion, der sowohl in der Republik Moldau als auch in der Ukraine Einreiseverbot hat, weil er die Staatlichkeit beider Länder in Frage stellt und den Anschluss der Republik Moldau sowie ukrainischer Gebiete an Rumänien fordert, hatte sich am Sonntagabend zunächst zum neuen Präsidenten Rumäniens erklärt. Am frühen Montag morgen gegen zwei Uhr gestand er dann seine Niederlage ein, gratulierte seinem Kontrahenten und sandte damit indirekt auch das Signal, dass er und seine Partei Allianz für die Vereinigung der Rumänen (AUR) keine Revolte gegen das Wahlergebnis planen.

Verlierer nicht vergessen

Viele Beobachter betonten allerdings, man dürfe nicht vergessen, dass über fünf Millionen rumänische Bürger für Simion gestimmt hätten - fast die Hälfte der Wählerinnen und Wähler in dem 19-Millionen-Einwohnerstaat. Der Verfassungsrechtler Ioan Stanomir sagte beispielsweise im Fernsehsender Digi24: "Es bricht nun eine schwierige Zeit des Regierens an, und man muss Brücken bauen zu den Leuten, die für Simion gestimmt haben."

Ähnlich betonte es auch Nicusor Dan in ersten Interviews und in seiner Rede am Montag kurz nach Mitternacht. Er sagte, er empfinde "Respekt" für alle, die nicht für ihn gestimmt hätten, und wolle mit ihnen ins Gespräch kommen. "Rumänien wird einen neuen Präsidenten haben", so der Wahlgewinner, "einen, der im Gleichgewicht mit allen anderen staatlichen Gewalten sein wird und der euch alle weiterhin braucht."

Short teaser In der zweiten Runde der rumänischen Präsidentschaftswahl siegt unerwartet der proeuropäische Kandidat Nicusor Dan.
Analytics pixel
<img width="1" height="1" alt="" src="http://logc279.xiti.com/hit.xiti?s=531599&s2=1&p=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWelt%3A%3AEuropa::Rum%C3%A4nien%3A%20Historischer%20Wahlsieg%20f%C3%BCr%20Proeurop%C3%A4er&di=&an=&ac=&x1=1&x2=1&x3=72592842&x4=12322&x5=Rum%C3%A4nien%3A%20Historischer%20Wahlsieg%20f%C3%BCr%20Proeurop%C3%A4er&x6=1&x7=%2Fde%2Frum%C3%A4nien-historischer-wahlsieg-f%C3%BCr-proeurop%C3%A4er%2Fa-72592842&x8=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste&x9=20250519&x10=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWelt%3A%3AEuropa" />
Item URL https://www.dw.com/de/rumänien-historischer-wahlsieg-für-proeuropäer/a-72592842?maca=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste
Image URL (460 x 259) https://static.dw.com/image/72585846_302.jpg
Image caption Rumäniens zukünftiger Präsident Nicusor Dan zeigt sich nach der Stichwahl als glücklicher Sieger
Image source Andreea Alexandru/AP Photo/picture alliance
RSS Player single video URL https://rssplayer.dw.com/index.php?lg=de&pname=&type=abs&f=https://tvdownloaddw-a.akamaihd.net/Events/mp4/vdt_de/2025/bdeu250513_final_juedisches_leben_rum_zut_01smw_AVC_640x360.mp4&image=https://static.dw.com/image/72585846_302.jpg&title=Rum%C3%A4nien%3A%20Historischer%20Wahlsieg%20f%C3%BCr%20Proeurop%C3%A4er

Item 13
Id 72591748
Date 2025-05-19
Title Frauen im Iran: "Staat kann Veränderung nicht aufhalten"
Short title Frauen im Iran: "Staat kann Veränderung nicht aufhalten"
Teaser Trotz staatlicher Repression wächst der Widerstand der Frauen gegen den Kopftuchzwang. Das Regime im Iran scheint machtlos gegen den gesellschaftlichen Wandel.

Die Politik des Staates in der Frage des Hidschab sei derzeit, keinen strengen Regeln zu folgen, sagte der konservative Politiker Ali Motahari vergangene Woche am Rande der Internationalen Buchmesse in Teheran gegenüber Journalisten. Die Polizei solle momentan nur bei groben Verstößen einschreiten. "Man muss wissen: Selbst zur Zeit des Schahs – also vor der Revolution 1979 – wurden Frauen festgenommen, die sich in der Öffentlichkeit nicht anständig kleideten", sagte er weiter.

Ali Motahari gehört zu den konservativen Politikern, die noch vor den landesweiten Protesten nach dem Tod von Jina Mahsa Amini im Polizeigewahrsam im September 2022 wiederholt ein rigoroses Vorgehen gegen Frauen forderten, die es wagten, selbst geringfügig von den strengen Kleidungsvorschriften abzuweichen. "Warum dürfen Frauen unter ihrem Mantel eine enge Hose tragen?", fragte er bereits im Jahr 2014 als Parlamentsabgeordneter den damaligen Innenminister und forderte die Behörden dazu auf, konsequenter gegen betroffene Frauen vorzugehen.

"Ein verändertes Land"

"Was wir in den letzten drei Jahren erreicht haben, kann uns der Staat nicht mehr nehmen", schreibt eine Genderforscherin und Journalistin aus Teheran auf Nachfrage der DW. Sie gehört zu den Frauen, die sich nicht nur weigern, in der Öffentlichkeit ein Kopftuch zu tragen, sondern auch andere Frauen ermutigen, selbst zu entscheiden, ob sie das Kopftuch in der Öffentlichkeit tragen wollen oder nicht. Für diese Haltung wird sie regelmäßig von den Behörden verwarnt und erhält sogar Todesdrohungen von anonymen Anrufern.

"Sie können uns nicht mehr zwingen, ihren Regeln zu folgen und jedes Mal, bevor wir das Haus verlassen, automatisch ein Kopftuch zu tragen", sagt sie.

Das Land habe sich nach dem Tod von Jina Mahsa Amini verändert, betont sie weiter. Ein Beispiel für diese Veränderung konnte man bei der Beerdigung von Shiva Aristoui, einer iranischen Schriftstellerin und Dichterin (Tweet), am 12. Mai sehen.

Im Haus der iranischen Künstlerin wurde ihr Sarg von Frauen ohne den vorgeschriebenen Hidschab getragen. Traditionell war das Tragen des Sarges lange Zeit Männersache, begründet durch religiöse und gesellschaftliche Normen. Seit der Bewegung 'Frauen, Leben, Freiheit' nehmen immer mehr Frauen ohne den vorgeschriebenen Hidschab an Beerdigungen teil und tragen die Särge ihrer Angehörigen.

Viele von ihnen halten sich bewusst von ausländischen Medien fern und suchen keine öffentliche Aufmerksamkeit - um ihren Weg ohne zusätzliche Repressionen fortsetzen zu können. Jeder Austausch mit internationalen Medien könne als "Propaganda gegen das System", einer "Zusammenarbeit mit einer feindlichen Regierung" oder gar als "Auftrag aus dem Ausland" gewertet und strafrechtlich verfolgt werden.

Ein Beispiel dafür ist die mehrfach international ausgezeichnete Journalistin Niloofar Hamedi. Durch ihre Berichterstattung über den Tod von Jina Mahsa Amini wurde sie 2022 international bekannt. Sie veröffentlichte unter anderem ein Foto der trauernden Eltern Aminis, das sich schnell in sozialen Netzwerken verbreitete und zum Symbol der landesweiten Proteste wurde. Diese Proteste entwickelten sich zur größten Protestbewegung im Iran seit der Islamischen Revolution 1979.

Hamedi wurde verhaftet und unter anderem wegen angeblicher "Zusammenarbeit mit einer feindlichen Regierung" und "Propaganda gegen das System" angeklagt und zu insgesamt 13 Jahren Haft verurteilt. Nach 17 Monaten wurde sie im Januar 2024 gegen Kaution freigelassen und im Februar 2025 mit ihrer Kollegin Elaheh Mohammadi vom iranischen Obersten Führer Ayatollah Ali Khamenei begnadigt.

Am 11. Mai, 2800 Tage nach jenem Bericht, der das Land veränderte, erschien erneut ein Artikel unter ihrem Namen in den großen Tageszeitungen des Landes "Shargh". Niloofar Hamedi darf wieder als Journalistin im Iran arbeiten.

"Dem Staat fehlt die Kraft, Veränderungen aufzuhalten"

Hat der Staat vor den Frauen kapituliert? "Nein", antwortet darauf Sedigheh Vasmaghi, Frauenrechtlerin und Theologin, auf Nachfrage der DW. "Was die Frauen mit ihrem Widerstand erreicht haben, wurde vom politischen System nicht akzeptiert. Doch der Staat hat nicht die Kraft, diese Veränderung aufzuhalten oder gar rückgängig zu machen."

Vasmaghi, die sich den protestierenden Frauen gegen den Kopftuchzwang angeschlossen hat, trägt in der Öffentlichkeit kein Kopftuch mehr. Im April 2023 schrieb Vasmaghi einen offenen Brief an den Obersten Führer Ali Khamenei, in dem sie dessen Dekret zur Hidschab-Pflicht kritisierte und betonte, dass der Koran keine solche Verpflichtung vorschreibt.

Im März 2024 wurde sie wegen "Propaganda gegen das System" und "öffentlichen Auftretens ohne schariakonformen Hidschab" verhaftet. Aufgrund ihrer gesundheitlichen Probleme wurde sie in den Hafturlaub geschickt.

Sie kann aber jederzeit wieder verhaftet werden. Davor hat sie aber keine Angst. "Der Staat im Iran ist mit massiven innen- und außenpolitischen Problemen konfrontiert und ist momentan nicht in der Lage, sich landesweit mit Frauen, vor allem mit Jugendlichen und jungen Frauen, anzulegen, die kein Kopftuch mehr tragen wollen", sagt sie und fügt hinzu: "Jede Maßnahme, die als wirkungsvoll erscheint, wird aber überprüft und sogar versucht umzusetzen".

Vasmaghi weist dabei auf die andauernde Debatte um die Einsetzung eines umstrittenen Gesetzes zur Überwachung der Frauen in der Öffentlichkeit im Iran hin. Das Gesetz sieht eine Reihe von Strafmaßnahmen für Frauen vor, die sich weigern, in der Öffentlichkeit den obligatorischen Hidschab zu tragen.

"Das politische System kann die Zeit aber nicht mehr zurückdrehen", sagt die Theologin Vasmaghi.

Short teaser Trotz staatlicher Repression wächst der Widerstand der Frauen im Iran gegen den Kopftuchzwang.
Analytics pixel
<img width="1" height="1" alt="" src="http://logc279.xiti.com/hit.xiti?s=531599&s2=1&p=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWelt%3A%3AAsien::Frauen%20im%20Iran%3A%20%22Staat%20kann%20Ver%C3%A4nderung%20nicht%20aufhalten%22&di=&an=&ac=&x1=1&x2=1&x3=72591748&x4=12326&x5=Frauen%20im%20Iran%3A%20%22Staat%20kann%20Ver%C3%A4nderung%20nicht%20aufhalten%22&x6=1&x7=%2Fde%2Ffrauen-im-iran-staat-kann-ver%C3%A4nderung-nicht-aufhalten%2Fa-72591748&x8=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste&x9=20250519&x10=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWelt%3A%3AAsien" />
Item URL https://www.dw.com/de/frauen-im-iran-staat-kann-veränderung-nicht-aufhalten/a-72591748?maca=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste
RSS Player single video URL https://rssplayer.dw.com/index.php?lg=de&pname=&type=abs&title=Frauen%20im%20Iran%3A%20%22Staat%20kann%20Ver%C3%A4nderung%20nicht%20aufhalten%22

Item 14
Id 72567005
Date 2025-05-19
Title Industriestrompreis: Entlastung oder Energiewende-Bremse?
Short title Industriestrompreis: Entlastung oder Energiewende-Bremse?
Teaser Die neue Regierung in Deutschland will Firmen helfen. Kritiker sehen darin ein Risiko für Markt und Klimaziele.

Vor der Bundestagswahl im Februar schlug die deutsche Industrie Alarm: Der Strompreis sei zu hoch, Deindustrialisierung, Unternehmensschließungen und die Abwanderung ins Ausland würden folgen.

Tatsächlich scheint die Industrie Gehör gefunden zu haben: Die neue Regierung ist jetzt im Amt und plant weitreichende Entlastungen. Doch manche Expertinnen und Experten warnen vor negativen Folgen.

Wie hoch ist der Industriestrompreis?

Eine pauschale Angabe ist schwierig, da Entlastungen je nach Größe und Branche variieren.

Laut einer Studie der Vereinigung der Bayrischen Wirtschaft (vbw) lag der deutsche Industriestrompreis 2022 im europäischen Mittelfeld. Da der Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 Auswirkungen auf den Strompreis hatte, eignet sich das Jahr aber nur eingeschränkt für Vergleiche.

Aktuelle EU-Daten zeigen: Bei den Strompreisen für Nicht-Haushalte liegt Deutschland an dritter Stelle. Diese Kategorie umfasst jedoch auch öffentliche Einrichtungen wie Schulen und Verwaltungen - Rückschlüsse auf die Industrie sind kaum möglich.

Günstiger in China und USA

Beim Börsenstrompreis - ohne Steuern und Abgaben - liege Deutschland im internationalen Vergleich im Mittelfeld, so Bruno Burger, Energieexperte am Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme, gegenüber der Frankfurter Rundschau.

Klar ist jedoch: In den USA und China zahlen Unternehmen deutlich weniger. 2023 lag der Industriestrompreis in den USA bei rund sieben Cent pro Kilowattstunde (ifo Institut), in China bei acht (vbw) - in Deutschland waren es rund 20 Cent (ifo Institut).

Was plant die neue Regierung?

Die neue, von den Parteien CDU und SPD geführte Regierung unter Bundeskanzler Friedrich Merz plant weitreichende Entlastungen für den Industriestrompreis. Der Industriestrompreis setzt sich aus dem Börsenstrompreis, der Stromsteuer, Umlagen und Netzentgelten zusammen. Netzentgelte sind eine Gebühr, die für das Nutzen des Stromnetzes erhoben werden. Umlagen finanzieren konkrete Vorhaben.

Geplant ist, Unternehmen dauerhaft um fünf Cent pro Kilowattstunde zu entlasten - durch eine Reduktion der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß sowie durch niedrigere Umlagen und Netzentgelte.

Auch die Strompreiskompensation soll dauerhaft verlängert und auf weitere Branchen ausgeweitet werden. Die Strompreiskompensation gleicht die verursachten Kosten durch den CO2-Preis für energieintensive Unternehmen aus. Der CO2-Preis fällt für die Nutzung fossiler Brennstoffe in Deutschland und in der EU an, um klimaschädliche Brennstoffe zu verteuern.

Ist das eine gute Idee?

"Aus Sicht der Stromverbraucher sind die umfangreichen Entlastungen positiv", sagt Andreas Fischer der DW, Ökonom für Energie und Klimapolitik im arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft.

Auch Max Jankowsky, Geschäftsführer der Gießerei Lößnitz und Präsident der Industrie- und Handelskammer Chemnitz, begrüßt die Pläne: "Die Dringlichkeit wurde erkannt.“

Doch es gibt auch Kritik.

Risiko für Energiewende

"Ein pauschal gesenkter Strompreis widerspricht den Anforderungen eines Systems mit erneuerbaren Energien“, sagt Swantje Fiedler, wissenschaftliche Leiterin beim Forum ökologisch-soziale Marktwirtschaft. Stattdessen brauche es Anreize für Energiespeicher und Flexibilität.

Denn mit Sonne im Sommer und Dunkelheit im Winter schwankt das Stromangebot bei erneuerbaren Energien oft stark.

"Gleichzeitig ist es wichtig zu berücksichtigen: Wie flexibel kann wer sein?", gibt der IW-Ökonom Fischer zu bedenken. Nicht alle Unternehmen könnten schnell auf Änderungen reagieren.

Niedriger Strompreis: Vor- und Nachtteile

Ein niedrigerer Strompreis kann Anreize zur Effizienz für einen geringeren Stromverbrauch senken, sagt Wissenschaftler Leonhard Probst vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme, der dort unter anderem die Datenplattform Energy-Charts betreut.

Zugleich könne aber günstiger Strom helfen, Prozesse zu elektrifizieren, so Probst und Fischer gegenüber der DW.

So wie bei Jankowsky, der gerne von Kokskohle auf einen Elektroschmelzofen umstellen würde - doch die hohen Strompreise bremsen ihn: "Das fühlt sich an wie ein Rennen ins offene Messer."

Deckelung des Börsenstrompreises?

Der Koalitionsvertrag der Regierungsparteien sieht zudem zusätzliche Entlastungen für energieintensive Unternehmen vor. Unklar ist, ob damit eine Deckelung des Börsenstrompreises gemeint ist. Einige Experten gehen davon aus.

Denn wie an der Grafik zu erkennen ist: Steuern und Umlagen machen bereits jetzt nur einen kleinen Teil des Endpreises aus.

Der Fraunhofer Wissenschaftler Probst warnt vor Verzerrungen: "Wenn Strom knapp ist, aber günstig abgegeben wird, verschärft sich die Knappheit und es wird noch teurer."

Verstoß gegen EU-Recht

Eine Preisdeckelung wäre ein Eingriff in die Preisbildung - und ist beihilferechtlich in der EU kaum machbar“, sagt Dr. Sebastian Bolay, Bereichsleiter für Energie, Umwelt und Industrie bei der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK).

Außerdem sei eine Preisdeckelung auch teuer für den Steuerzahler, so Probst: Viele Unternehmen würden profitieren, die keine Entlastung bräuchten, da der Anteil der Energiekosten an der Wertschöpfung sehr gering ist

Was wäre sinnvoller?

"Der schnellere Ausbau der Erneuerbaren drückt langfristig den Preis“, sagt Fiedler. Gezielte Förderungen seien wirksamer als pauschale Entlastungen, ergänzt Probst - etwa durch spezielle Stromtarife für Wärmepumpen.

Auch Jankowsky fordert passgenaue Maßnahmen für den Mittelstand, denn von vielen Entlastungen und Förderungen sei sein Unternehmen bisher ausgenommen. "Und das muss möglichst schnell passieren."

Short teaser Die neue Regierung in Deutschland will Firmen helfen. Kritiker sehen darin ein Risiko für Markt und Klimaziele.
Analytics pixel
<img width="1" height="1" alt="" src="http://logc279.xiti.com/hit.xiti?s=531599&s2=1&p=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWirtschaft::Industriestrompreis%3A%20Entlastung%20oder%20Energiewende-Bremse%3F&di=&an=&ac=&x1=1&x2=1&x3=72567005&x4=1503&x5=Industriestrompreis%3A%20Entlastung%20oder%20Energiewende-Bremse%3F&x6=1&x7=%2Fde%2Findustriestrompreis-entlastung-oder-energiewende-bremse%2Fa-72567005&x8=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste&x9=20250519&x10=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWirtschaft" />
Item URL https://www.dw.com/de/industriestrompreis-entlastung-oder-energiewende-bremse/a-72567005?maca=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste
Image URL (460 x 259) https://static.dw.com/image/71594889_302.jpg
Image caption Die Gießerei Lößnitz braucht viel Energie, um Metalle zu schmelzen
Image source Nadine Mena Michollek/DW
RSS Player single video URL https://rssplayer.dw.com/index.php?lg=de&pname=&type=abs&image=https://static.dw.com/image/71594889_302.jpg&title=Industriestrompreis%3A%20Entlastung%20oder%20Energiewende-Bremse%3F

Item 15
Id 72554653
Date 2025-05-15
Title Ukraine erwägt Bindung ihrer Währung an Euro statt US-Dollar
Short title Ukraine erwägt Bindung ihrer Währung an Euro statt US-Dollar
Teaser In der Ukraine werden die Überlegungen laut, den US-Dollar als Referenzwährung durch den Euro zu ersetzen. Welche Vor- und Nachteile könnten sich für die Wirtschaft ergeben und wie schnell wäre die Idee umsetzbar?

Die Ukraine erwägt eine Abkehr vom US-Dollar und stattdessen eine stärkere Bindung ihrer Währung an den Euro. Das erklärte jüngst Nationalbank-Chef Andrij Pyschnyj gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Die Zersplitterung des Welthandels und zunehmende Verbindungen zu Europa würden die Ukraine zu einem solchen Schritt drängen.

Ein Wechsel vom US-Dollar zum Euro als Referenzwährung würde bedeuten, dass die Nationalbank künftig die ukrainische Hrywnja gegen Euro handeln würde und alle anderen Währungskurse über den Kreuzkurs bestimmt würden. Damit würde sich ihr Kurs nicht direkt zum Wert des Hrywnja ergeben, sondern würde über den jeweiligen Wert zum Euro berechnet. Derzeit wird der Handel im Verhältnis zum US-Dollar abgewickelt und der Euro-Hrywnja-Wechselkurs durch den Kreuzkurs bestimmt.

"Diese Arbeit ist komplex und erfordert eine hochwertige, umfassende Vorbereitung", räumte Pyschnyj ein. Transaktionen in US-Dollar würden weiterhin alle Segmente des Devisenmarktes dominieren, doch der Anteil der in Euro denominierten Transaktionen habe sich in den meisten Segmenten erhöht, wenn auch "bisher moderat".

Eine Wiederbelebung der Investitions- und Konsumtätigkeit dank engerer Verbindungen mit Europa und einer Normalisierung der Wirtschaft dürfte dazu beitragen, dass das Wirtschaftswachstum der Ukraine in den nächsten zwei Jahren leicht auf 3,7 bis 3,9 Prozent anziehe, so der Chef der Nationalbank. Allerdings hänge ihm zufolge die wirtschaftliche Entwicklung stark vom Verlauf des Krieges Russlands gegen die Ukraine ab.

Euro-Bindung als langfristige Perspektive

"Es ist klar, dass schwere, komplexe Störungen des Finanzsystems in Kriegszeiten, während großer Militäroperationen, nicht von allein vorbeigehen werden", sagt der ukrainische Wirtschaftsexperte Wasyl Poworosnyk im DW-Gespräch. Ein Übergang zum Euro würde mindestens fünf bis zehn Jahren brauchen.

Finanzexperten bewerten die Initiative der Nationalbank positiv, geben jedoch zu bedenken, dass sie nicht schnell umgesetzt werden könne. "Ich denke, dass die Bindung der Hrywnja an den Euro eher eine politische Entscheidung mit einem Zeithorizont von zehn Jahren ist", sagt der Ökonom Witalij Schapran gegenüber der DW. "Wenn sich die Ukraine in die Europäische Union integrieren möchte, dann ist die Annäherung an die Eurozone ein logischer und vorhersehbarer Schritt", so der Experte, der einst dem Aufsichtsrat der Nationalbank angehörte. Langfristig halte er diese Entscheidung für alternativlos, insbesondere vor dem Hintergrund der russischen Aggression.

Obwohl die Ukraine hauptsächlich Handel mit EU-Ländern treibe und ein Teil davon in Euro abgewickelt werde, sei die Überlegung, die Hrywnja an die europäische Währung zu koppeln, eher eine politische Richtlinie als eine wirtschaftlich begründete Notwendigkeit, findet Dmytro Bojartschuk vom Center for Social and Economic Research (CASE-Ukraine). Seiner Meinung nach hänge der Nutzen einer Euro-Bindung von der globalen Entwicklung des Dollarkurses ab. Wenn der US-Dollar gegenüber dem Euro an Wert verliere, könne das von Vorteil sein, wenn er aber stärker werde, könne das Panik in der Gesellschaft auslösen.

"Ich glaube nicht, dass die Bindung definitiv umgesetzt wird", sagt Bojartschuk. Das hänge höchstwahrscheinlich davon ab, wie sich die Ereignisse in der Welt entwickeln, so der Experte. Es würde sich um eine langfristige Perspektive handeln.

Wer würde profitieren und wer verlieren?

"Wenn in der gegenwärtigen Situation der Euro zur Ankerwährung der Hrywnja gemacht wird, dann werden davon Exporteure und Importeure profitieren, die Verträge in Euro haben und vielleicht würde dies zu einer Zunahme von Verträgen in Euro führen", sagt Schapran. Aber die Unternehmen, die ihre Produkte in US-Dollar verkauften, würden verlieren, und davon gebe es in der Ukraine viele. Nach Schätzungen seien das bis zu 70 Prozent, wenn man die Umsätze in der Schattenwirtschaft mitberücksichtige, so Schapran.

Die Schwächung des US-Dollars und damit auch der Hrywnja gegenüber dem Euro habe ukrainische Exporte für die Eurozone bereits attraktiver gemacht, betont der Experte. Eine sofortige Änderung der Leitwährung in der Ukraine wäre aber ohne strukturelle Veränderungen in der Wirtschaft unmöglich, sonst würde dies zu Unzufriedenheit führen.

Schrittweise Maßnahmen erforderlich

Ein Wechsel zum Euro dürfte für die Wirtschaft generell schwierig werden, da der US-Dollar nach wie vor die wichtigste globale Reservewährung sei, über die die meisten internationalen Zahlungen abgewickelt werden. Die ukrainischen Exporte werden größtenteils in US-Dollar abgerechnet und eine Umstellung auf den Euro würden die Zahlungsprozesse ersteinmal verkomplizieren, meinen Experten. Für Unternehmen würde das zusätzliche Transaktionskosten und Belastungen bedeuten.

"Die Auswirkungen auf die Ersparnisse der Bürger werden zwar geringer sein, da sie den Dollar nicht aufgeben und weiterhin in Dollar sparen werden. Mit der Zeit wird es jedoch zu einer Umorientierung auf Ersparnisse in Euro kommen", prognostiziert Wasyl Poworosnyk.

Um den Anteil des Euro am Zahlungsverkehr schrittweise zu erhöhen, sind nach Ansicht von Experten gewisse Maßnahmen erforderlich. Erstens seien weichere Handelsregeln zwischen den Staaten der Eurozone und der Ukraine nötig. Zweitens müssten die ukrainischen Währungshüter den ukrainischen Unternehmen einen ungehinderten Zugang zu Instrumenten gewähren, mit denen die Risiken reduziert werden können, die sich aus Veränderungen des Euro-Dollar-Wechselkurses ergeben. Und drittens sollte die ukrainische Regierung Investitionen aus der Eurozone fördern, was den Anteil des Euro am ukrainischen Außenhandel automatisch erhöhen würde. "So werden wir den Euro von Jahr zu Jahr zu einer beliebteren Währung in der Ukraine machen", glaubt Witalij Schapran.

Adaption aus dem Ukrainischen: Markian Ostaptschuk

Short teaser Welche Vor- und Nachteile hätte es, wenn die Ukraine den US-Dollar als Referenzwährung durch den Euro ersetzen würde?
Analytics pixel
<img width="1" height="1" alt="" src="http://logc279.xiti.com/hit.xiti?s=531599&s2=1&p=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWirtschaft::Ukraine%20erw%C3%A4gt%20Bindung%20ihrer%20W%C3%A4hrung%20an%20Euro%20statt%20US-Dollar&di=&an=&ac=&x1=1&x2=1&x3=72554653&x4=1503&x5=Ukraine%20erw%C3%A4gt%20Bindung%20ihrer%20W%C3%A4hrung%20an%20Euro%20statt%20US-Dollar&x6=1&x7=%2Fde%2Fukraine-erw%C3%A4gt-bindung-ihrer-w%C3%A4hrung-an-euro-statt-us-dollar%2Fa-72554653&x8=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste&x9=20250515&x10=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWirtschaft" />
Item URL https://www.dw.com/de/ukraine-erwägt-bindung-ihrer-währung-an-euro-statt-us-dollar/a-72554653?maca=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste
Image URL (460 x 259) https://static.dw.com/image/62443024_302.jpg
Image caption Bisher ist die Währung der Ukraine an den US-Dollar gekoppelt. In Zukunft könnte der Euro die Referenzwährung werden.
Image source Klaus-Dieter Esser/agrarmotive/picture alliance
RSS Player single video URL https://rssplayer.dw.com/index.php?lg=de&pname=&type=abs&image=https://static.dw.com/image/62443024_302.jpg&title=Ukraine%20erw%C3%A4gt%20Bindung%20ihrer%20W%C3%A4hrung%20an%20Euro%20statt%20US-Dollar

Item 16
Id 72512828
Date 2025-05-15
Title Cognac in der Krise: Frankreichs Exportschlager zwischen Handelskonflikt und Klimawandel
Short title Frankreich: Cognac zwischen Handelskonflikt und Klimawandel
Teaser Cognac aus Frankreich gilt als der edelste Traubenschnaps der Welt. 98 Prozent der Produktion wird in über 150 Länder exportiert. Inzwischen kämpfen die Produzenten mit Zöllen, Absatzrückgängen und Klimawandel.

Weinreben, soweit das Auge reicht. 24 Hektar davon gehören Alain Reboul. Der 62-Jährige ist Winzer in der siebten Generation. Sein Weingut "Earl des Bois nobles" ist eines der kleineren in der französischen Region von Cognac und liegt rund 100 Kilometer nördlich von Bordeaux. In der streng reglementierten Anbauregion sind 4350 Weinbauern ansässig. Nur Trauben aus den sechs Anbaugebieten ("crus") von genau definierten Weißweinsorten dürfen für Cognac verwendet werden.

Der größte Markt für den edlen Branntwein sind die USA: Präsident Donald Trump hat 200 Prozent Zölle auf europäische Spirituosen angedroht. Der zweitgrößte Markt ist der chinesische: Xi Jinping hat bereits im Herbst 2024 die Importe verteuert und ein Antidumping-Verfahren angestrengt - als Vergeltung für die Schutzzölle der EU gegen chinesische E-Autos. Der Alkohol darf dort auch nicht mehr in den Duty-free-Shops verkauft werden.

Nach Angaben des Branchen-Verbands BNIC (Bureau National Interprofessionell du Cognac) sanken die Lieferungen nach China um die Hälfte: Über 50 Millionen Euro monatlich gehen dadurch verloren. BNIC appelliert an die französische Regierung, die rund 70.000 Jobs, die direkt und indirekt am Cognac hängen, nicht zu vergessen.

Reben pflanzt man für Generationen

Während seines ganzen langen Berufslebens hat Reboul Land dazu gekauft und Reben gepflanzt. Und jetzt soll er einen Teil davon entfernen? Das hatten BNIC wie auch die Winzer-Gewerkschaft empfohlen, um Kosten für Maschinen, Dünger und Pestizide zu sparen. Reboul will keine Reben herausreißen. "Die pflanzt man für mindestens 30 Jahre, für Generationen!", sagt der große, wettergegerbte Mann. "Und warum sollen wir dieselben Dummheiten begehen wie unsere Vorfahren?" In der Ölkrise stieg sein Vater auf Rotwein um: Gelohnt habe es sich nicht.

Vor ein paar Jahren hieß es noch: "Pflanzen, pflanzen, pflanzen!" Der Durst nach Cognac schien schier unstillbar. 2022 wurden trotz Pandemie und Krieg in der Ukraine knapp 213 Millionen Flaschen weltweit verkauft: laut BNIC ein Rekordjahr.

Der aktuelle Einbruch sei der größte Schock seit der Ölkrise. Reboul kennt Kollegen, die mehrere Hektar Rebstöcke gerodet haben. Statt Weinberge sieht man nun mancherorts Oliven- oder Trüffelplantagen. "An meiner Philosophie wird das nichts ändern", beteuert er. Krisen habe es schon immer gegeben.

Weltpolitik und Klimawandel belasten Winzer

Chinesische und US-amerikanische Vergeltungszölle sind nicht die erste Herausforderung für die Region Cognac. Umsatzeinbrüche gab es zeitweise auch durch die Pandemie, die Inflation und den Wegfall des wichtigen russischen Marktes. Auch der Klimawandel belastet die Winzer. Die verlängerte Hitzeperiode macht die Trauben zuckerhaltiger. Cognac braucht aber eine gewisse Säure. Außerdem treiben die Reben früher aus, wodurch das Risiko steigt, die Ernte wegen Hagel, Spätfrost oder Schädlingen zu verlieren.

Reboul bewirtschaftet das Gut mit Hilfe von Familienmitgliedern und Saisonarbeitern. Den gesamten Wein-Ertrag verkauft er an Hennessy. "Ich liebe meinen Beruf!", sagt er stolz. Und die achte Winzer-Generation steht auch schon bereit.

Holzfässer für Cognac - viel Handarbeit und Knowhow

Cassandra Allary führt mit ihrem Bruder ebenfalls einen Familienbetrieb: die Küferei Allary. Mit 26 Mitarbeitenden fertigen sie Eichenfässer und -tonnen aller Größenordnungen für Wein und Hochprozentiges. Zwischen Cognac und Bordeaux gibt es rund 50 Fasshersteller: Ihr Handwerk wurde zum Weltkulturerbe erklärt.

Es steckt viel Handarbeit und Knowhow in den Fässern. Zuerst werde das Eichenholz viele Monate lang im Freien getrocknet, damit Wind und Regen die Tannine besser zur Geltung bringen, erklärt die junge Firmenchefin. Später würden die Fass-Rohlinge befeuchtet, erhitzt, mit Böden, Deckeln und Ringen versehen, poliert und entgratet.

"Vom Grad der Erhitzung hängt ab, welche Aromen wir aus dem Holz herauskitzeln", verrät Allary. "Das machen wir je nach Kundenwunsch." Bei niedriger Hitze dufte es nach Kokosnuss. Mittlere Hitze bringe einen Schuss Vanille hinein und stärkere Mokka- bzw. Kakaonoten. Ursprünglich belieferte Allary nur die Cognac-Firmen, diversifizierte jedoch in den 90ern das Portfolio. In diesem Jahr sei die kleine Firma noch gut ausgelastet, doch die Aufträge werden weniger.

Cognac brachte der Region Wohlstand

Fast jeder in der Region produziert oder vermarktet Wein, Cognac, Fässer, Gläser, Flaschen oder Etiketten. Die 20.000 Einwohner Stadt Cognac, die den selben Namen trägt wie ihr berühmtes Produkt, ist durch den Branntwein reich geworden.

Cognac verdankt seine Existenz dem Handel: Die Destillation macht Weine haltbarer und so konnten sie auf dem Seeweg in weit entfernte Länder exportiert werden. Viele Cognac-Häuser wurden von Einwanderern gegründet - wie Bache Gabrielsen, aber auch Hennessy und Martell. Heute beherrschen die großen Vier Cognac-Brennereien Hennessy, Rémy Martin, Martell und Courvoisier rund 90 Prozent des Marktes und sind meist Teil von großen Konzernen wie LVMH und Pernod-Ricard.

Konsumenten stellen andere Ansprüche

Im Empfangsraum des "Maison Bache Gabrielsen" hängt eine Ahnengalerie über Schubladen voller historischer Flaschenetiketten. Das Haus wurde 1905 gegründet und gehört zu den vergleichsweise jungen Cognac-Produzenten. Bache Gabrielsen ist immer noch im Familienbesitz und produziert ungefähr eine Million Flaschen jährlich. Das ist im Vergleich zu den berühmten Marken wenig, für einen Betrieb mit gerade einmal 23 Beschäftigten jedoch eine ganze Menge.

Winzer wie Reboul liefern den Wein, Cognac-Produzenten wie Bache Gabrielsen machen daraus durch doppelte Destillation im ersten Schritt ein hochprozentiges "eau de vie" (Wasser des Lebens). Mindestens zwei Jahre muss dieses "Wasser des Lebens" dann in Eichenfässern reifen und die Holzaromen aufnehmen. Das bernsteinfarbene Endprodukt ist eine Mischung aus verschiedenen Jahrgängen und Crus.

Kellermeister Jean-Philippe Bergier ist die "Nase" von Bache Gabrielsen. Bergier komponiert seit 35 Jahren die Produkte des Hauses aus bis zu 15 Destillaten aus allen Crus der Region. Rebsorten, die früher nur in winzig kleinen Anteilen beigemischt wurden, sind jetzt wieder gefragt, weil sie mehr Säure bringen, erklärt Bergier, "eine Reaktion auf den Klimawandel".

Der kreative Kopf hat schon etliche Geschmack-Trends kommen und gehen gesehen. Bache Gabrielsen hat auch eine kleine Charge Bio-Cognac in recycelten Flaschen abgefüllt, um ein neues Segment zu testen. Zudem versuchen die Produzenten mit Cocktails, Likören und Aperitifs weitere Zielgruppen zu erschließen.

Heute wollten vor allem die Jüngeren wissen, wie ein Produkt gemacht wird. Es werde zwar weniger Alkohol getrunken als noch vor einer Generation, aber man lege mehr Wert auf Qualität. Und weil Cognac ein Qualitätsprodukt sei, glaubt Bergier fest an seine Zukunft.

Short teaser Cognac-Erzeuger stehen unter Druck. Zölle drohen den Absatz in den USA und in China zu schwächen.
Analytics pixel
<img width="1" height="1" alt="" src="http://logc279.xiti.com/hit.xiti?s=531599&s2=1&p=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWirtschaft::Cognac%20in%20der%20Krise%3A%20Frankreichs%20Exportschlager%20zwischen%20Handelskonflikt%20und%20Klimawandel&di=&an=&ac=&x1=1&x2=1&x3=72512828&x4=1503&x5=Cognac%20in%20der%20Krise%3A%20Frankreichs%20Exportschlager%20zwischen%20Handelskonflikt%20und%20Klimawandel&x6=1&x7=%2Fde%2Fcognac-in-der-krise-frankreichs-exportschlager-zwischen-handelskonflikt-und-klimawandel%2Fa-72512828&x8=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste&x9=20250515&x10=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWirtschaft" />
Item URL https://www.dw.com/de/cognac-in-der-krise-frankreichs-exportschlager-zwischen-handelskonflikt-und-klimawandel/a-72512828?maca=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste
Image URL (460 x 259) https://static.dw.com/image/72517701_302.jpg
Image caption Frankreichs Cognac Branche muss Exporteinbußen verkraften
Image source Shaiith/picture alliance
RSS Player single video URL https://rssplayer.dw.com/index.php?lg=de&pname=&type=abs&f=https://tvdownloaddw-a.akamaihd.net/vps/webvideos/DEU/2025/BUSI/BUSIDEU250326_DWIWEINZOLL_04SMW_AVC_640x360.mp4&image=https://static.dw.com/image/72517701_302.jpg&title=Cognac%20in%20der%20Krise%3A%20Frankreichs%20Exportschlager%20zwischen%20Handelskonflikt%20und%20Klimawandel

Item 17
Id 72528568
Date 2025-05-14
Title Wie deutsche Autobauer mit Trumps Zöllen umgehen
Short title Wie deutsche Autobauer mit Trumps Zöllen umgehen
Teaser Donald Trumps Zölle haben die deutsche Automobilbranche stark verunsichert. Kurzfristig versuchen Unternehmen noch viele Autos in die USA zu liefern, bevor die Zölle greifen. Doch die Unsicherheit erschwert die Planung.

Seitdem Donald Trump wieder als US-Präsident ins Weiße Haus eingezogen ist, hält er die Welt in Atem. Nur ein Teil seiner Agenda sind dabei seine Zollpläne. Doch allein die haben bereits zu Milliardenverlusten durch Börsencrashs geführt und sie bedrohen den globalen Handel in seinen Grundfesten. Das trifft gerade das exportabhängige Deutschland und besonders seine Automobilindustrie.

Zwar zeigt eine Studie der Commerzbank, die die Nachrichtenagentur Reuters zitiert, dass Deutschland nicht einmal die meisten Autos auf dem nordamerikanischen Markt bring. Mexiko, Japan, Südkorea und Kanada liefern noch mehr fertige Autos in die USA. Laut Statistischen Bundesamt hat Deutschland 2024 rund 3,4 Millionen Pkw exportiert. Und das größtes Abnehmerland waren eben die USA.

Daher beträfen die Zölle für Autos das "wichtigste Exportgut Deutschlands", so Ifo-Präsident Clemens Fuest laut Reuters. "Das ist für sich genommen eine große Belastung für die deutsche Wirtschaft."

"Export auf Vorrat"

Seit dem "Liberation Day", wie Donald Trump den Tag der Veröffentlichung seiner Zollpläne nennt, ist ein merkwürdiger Trend zu beobachten: Es werden gerade mehr Autos für die USA produziert und ausgeliefert als zuvor. Für den Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer, Direktor des privatwirtschaftlichen Instituts Center Automotive Research in Bochum, ist das ein "Export auf Vorrat".

Die Autohersteller wollten ihre Lager in den USA "aufstocken", sagt er im DW-Gespräch. Sie wollten noch so viele Fahrzeuge wie möglich ohne die angedrohten hohen Zölle einführen. Aus diesem Grund käme es "kurzfristig zu einer antizyklischen Produktion".

Das sieht auch Stefan Bratzel so. Die Autohersteller hätten noch "möglichst viele Fahrzeuge in die USA geschafft, bevor die Zölle wirksam wurden". Der DW sagte der Direktor des Center of Automotive Management (CAM) weiter: "Am Ende werden die Preise erhöht werden müssen. Grundsätzlich wird die Nachfrage in den USA sinken - und in der Folge Umsatz und Gewinn."

Hoffnung in London

Was Politiker und Ökonomen am meisten fürchten, ist die Unberechenbarkeit der Trumpschen Politik. Will man es aber positiv sehen, könnte man auch von "Flexibilität" reden, wie die unerwartete Verständigung Washingtons mit Peking zeigt. Oder wie es das Beispiel von Großbritannien nahelegt.

Zwischen Washington und London sei, so berichtet die BBC, eine vorläufige Einigung auf bilaterale Autozölle verhandelt worden. Demnach würde der Zollsatz für maximal 100.000 britische Autos auf zehn Prozent gesenkt. Das entspricht mehr oder weniger genau der Anzahl der Autos, die Großbritannien im vergangenen Jahr exportierte. Für alle über diese Quote hinaus exportierten Autos wird jedoch eine Einfuhrsteuer von 27,5 Prozent erhoben.

Ganz schön kompliziert, aber Trump versprach außerdem, dass Rolls-Royce-Motoren und Flugzeugteile zollfrei aus Großbritannien in die USA exportiert werden können. Das jedoch, so die BBC, sei noch nicht in Stein gemeißelt, denn es fehle an der Zustimmung des Kongresses. Der US-Präsident könne keine über einen langen Zeitraum geltenden Handelsabkommen im Alleingang abschließen.

Unsicherheit als Gift für die Wirtschaft

Die Trumpsche Wirtschaftspolitik ist ein stetes Hüh und Hott: Heute Zolldrohung, morgen ein Moratorium. Kann man so überhaupt arbeiten? Nein, meinen alle von der DW befragten Experten: "Flexibilität ist Trumpf, insbesondere bei Trump", bemerkt Stefan Bratzel. Allerdings sei sie "Gift für Hersteller und Zulieferer, die langfristig investieren und Lieferketten organisieren müssen".

Dirk Dohse vom Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel sieht in der Unsicherheit ein großes Problem für Europas Autobauer. Die kämpften zudem noch mit anderen Herausforderungen. Generell hohe Produktionskosten und ein Mangel "an attraktiven Modellen, gerade im Bereich der Elektromobilität" bedeuteten auch einen "Verlust an Wettbewerbsfähigkeit gegenüber der chinesischen Konkurrenz".

Um hohen Zöllen langfristig entgehen zu können, wollten einige deutsche Autobauer Produktion in die USA verlagern. "Audi überlegt gar ein Werk dort zu errichten. Perspektivisch könnte auch ein gemeinsames Audi-Porsche-Werk in den USA interessant werden", so Dohse gegenüber der DW.

Das Konzept der "Arbeitsteilung"

Doch Investitionen in den USA sind bestimmt nicht der Königsweg aus der Zollfalle, denn um in Amerika Autos zu bauen, ist man auf importierte Teile angewiesen. Das gilt auch für US-Firmen. Viele Teile "amerikanischer" Autos stammen aus anderen Ländern. Ist dieses Konzept industrieller "Arbeitsteilung" in den USA noch nicht erkannt worden? Oder ist das der Politik egal?

"Trump hat das Konzept und die Vorzüge der internationalen Arbeitsteilung nicht wirklich verstanden", glaubt Stefan Bratzel. Die Konsequenz: "Am Ende könnte die America-First-Parole den Wohlstand der USA empfindlichen Schaden zufügen."

Dirk Dohses Eindruck ist, "dass die Zölle und ihre vielfältigen Auswirkungen nicht wirklich gut durchdacht sind. Darauf deuten auch das ständige Hin- und Her bei Trumps Ankündigungen und die nachträglichen Korrekturen bei bereits verkündeten Zöllen hin."

Bei Ferdinand Dudenhöffer löst der Gedanke, Donald Trump habe die globale Arbeitsteilung nicht verstanden, schon fast Empörung aus: "Das kennen doch alle!" Aber er habe den Eindruck, Donald Trump halte "sich für den klügsten Menschen der Welt. Und er macht die größten Fehler!"

Neue Märkte erschließen!

Angesichts der Verwerfungen, die die Trumpsche Wirtschaftspolitik nach sich zieht, müssen sich Deutschlands Autobauer Antworten einfallen lassen. Ferdinand Dudenhöffer rät erst mal zu Zurückhaltung: "Abwarten! Zunächst gar nicht reagieren!" Weil die Lage noch nie so unsicher gewesen sei, sollte man bei zukünftigen Investitionen lieber nach Asien schauen, so der Autoexperte.

"Die wichtigste Konsequenz ist eine stärkere räumliche Diversifizierung der Produktion", sagt entsprechend auch Dirk Dohse: "Die Unternehmen sollten ihre Produktion auf mehr Länder ausweiten, um unabhängiger von den Handelsbestimmungen einzelner Länder zu werden."

Stephan Bratzel zitiert das Prinzip des "Build where you sell", also dort zu produzieren, wo auch verkauft wird. Es sei bereits zu beobachten, "dass immer mehr Wertschöpfung in die Regionen verlagert wird, in denen die Fahrzeuge verkauft werden." Einen weiteren Vorschlag erwähnte Automobilanalyst Frank Schwope gegenüber DW: "Langfristig könnten die Autohersteller sich stärker Perspektivmärkten in Südostasien zuwenden, um die Abhängigkeit sowohl von China als auch von den USA zu verringern."

Short teaser Donald Trumps Zölle haben die deutsche Automobilbranche stark verunsichert. Die Unsicherheit erschwert die Planung.
Analytics pixel
<img width="1" height="1" alt="" src="http://logc279.xiti.com/hit.xiti?s=531599&s2=1&p=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWirtschaft::Wie%20deutsche%20Autobauer%20mit%20Trumps%20Z%C3%B6llen%20umgehen&di=&an=&ac=&x1=1&x2=1&x3=72528568&x4=1503&x5=Wie%20deutsche%20Autobauer%20mit%20Trumps%20Z%C3%B6llen%20umgehen&x6=1&x7=%2Fde%2Fwie-deutsche-autobauer-mit-trumps-z%C3%B6llen-umgehen%2Fa-72528568&x8=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste&x9=20250514&x10=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWirtschaft" />
Item URL https://www.dw.com/de/wie-deutsche-autobauer-mit-trumps-zöllen-umgehen/a-72528568?maca=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste
RSS Player single video URL https://rssplayer.dw.com/index.php?lg=de&pname=&type=abs&f=https://tvdownloaddw-a.akamaihd.net/vps/webvideos/DEU/2025/BUSI/BUSIDEU250417_CMS_Engineering_01SMW_AVC_640x360.mp4&title=Wie%20deutsche%20Autobauer%20mit%20Trumps%20Z%C3%B6llen%20umgehen

Item 18
Id 72534877
Date 2025-05-14
Title José Mujica - Der bescheidenste Präsident der Welt
Short title José Mujica - Der bescheidenste Präsident der Welt
Teaser Kein anderer Politiker wurde für seine Bodenständigkeit so gefeiert wie José "Pepe" Mujica. Vom Blumenzüchter stieg er zum Präsidenten von Uruguay auf. Nun ist er mit 89 Jahren gestorben.

12.500 Dollar bekam er zum Höhepunkt seiner Karriere als Präsident von Uruguay. Doch nur ein Zehntel davon nahm er an. Den Rest spendete José Mujica. 1250 Dollar seien "mehr als genug", sagte der Mann, der sich selbst als "Erdklumpen mit zwei Pfoten" bezeichnete, weil er von und für die Erde lebe und die Feldarbeit für ihn Freiheit bedeute. Unterwegs war Mujica meist mit seinem hellblauen VW-Käfer. Den wollte er trotz eines Millionengebots nicht verkaufen.

Dass er es einmal zu solch einer Popularität bringen würde, damit hatte der Landwirt aus dem Westen von Montevideo nicht gerechnet - und wahrscheinlich war es auch nie sein Ziel. "Ich bin ein Zoon politikon", ein politisches Wesen, sagte er einmal in Anspielung an Aristoteles in einem Interview mit der Deutschen Welle. "Seit meinem 14. Lebensjahr bin ich in der Politik. Und wenn ich nicht blöde werde, mache ich Politik, bis sie mich mit den Füßen voran raustragen." Das war im Jahr 2015 - kurz vor dem Ende seiner Präsidentschaft. Da lag der turbulenteste Teil seines Lebens schon lange zurück.

Vom Untergrund in die Einzelhaft

José Mujica kam 1935 in Montevideo als Sohn einer baskisch-italienisch-stämmigen Bauernfamilie zur Welt. Die Verhältnisse waren einfach, der Vater starb früh und Mujica arbeitete mit seiner Schwester von klein auf in der elterlichen Blumenzucht. Dennoch ging er zur Schule und machte Abitur. Sein Jura-Studium brach er ab, engagierte sich aber zunehmend in der Studentenbewegung.

Es dauerte nicht lange und Mujica gründete mit anderen die Stadtguerilla Tupamaros. Zu dieser Zeit, Anfang der 1960er Jahre, herrschte in Uruguay Massenarbeitslosigkeit. Mujica träumte von "einer Gesellschaft ohne soziale Klassen" und überfiel für dieses Ziel mit den Tupamaros Banken, entführte Politiker und legte Bomben. Nach eigener Aussage hat er aber selbst nie getötet. "Wir waren naiv, aber man soll sein Ziel nicht aus den Augen verlieren", sagte Mujica in einem Interview mit der DW.

Seine Ziele brachten ihn ins Gefängnis. 1971 wurde er nach einer Schießerei mit der Polizei wegen Polizistenmordes verurteilt. 14 Jahre verbrachte Mujica in Haft - die letzten davon in einer Einzelzelle und unter Folter. Diese Phase des Lebens sei "Routine für die, die sich entscheiden, die Welt zu verändern", sagte er später. "In den Jahren im Gefängnis hatte ich viel Zeit, mich kennenzulernen", so Mujica.

Aus der Einzelhaft ins Präsidentenamt

1985, nach dem Ende der zwölfjährigen Militärdiktatur, wurde ein Amnestiegesetz verabschiedet, durch das Mujica und andere politische Gefangene freikamen. Mit der ebenfalls freigelassenen Lucía Topolansky - seiner späteren Frau - zog er auf einen kleinen Hof, verkaufte Tomaten und Chrysanthemen und machte Politik. Aus den Tupamaros ging die Links-Partei Movimiento de Participación Popular hervor. Zehn Jahre nach seiner Haftentlassung zog Mujica als Abgeordneter ins Parlament ein. Einer überlieferten Geschichte zufolge fuhr er an seinem ersten Arbeitstag mit dem Moped zum Parlament. "Bleiben Sie lange?", soll der Portier gefragt haben, der ihn für einen Kurier hielt. "Ich hoffe, ja", antwortete Mujica.

Seine Hoffnung sollte sich erfüllen. 2005 stellte das Linksbündnis Frente Amplio mit Tabaré Vázquez erstmals den Präsidenten. Mujica wurde Landwirtschaftsminister. Fünf Jahre später stimmten 52 Prozent der Wähler für José Mujica als Präsident.

Authentizität als Trumpf

Auch im höchsten Amt des Staates blieb sich Mujica in vielem treu. Zu Sitzungen des Kabinetts erschien er oft mit Strickjacke, Sandalen und alten Hosen. Eine Krawatte trug er nie, auch nicht bei offiziellen Anlässen. Als er 2014 zu Gast im Weißen Haus war, trug er zwar einen Anzug mit Weste, doch der war ihm etwas zu kurz. Dennoch, oder gerade deshalb, attestierte ihm sein Gastgeber Barack Obama "eine hohe Glaubwürdigkeit".

"Er ist schlicht, die Leute erkennen sich in ihm, und deshalb löst er so viel Begeisterung und Hoffnung aus", sagte der Schriftsteller Eduardo Galeano über seinen Landsmann.

Das Experiment von Uruguay

Als Präsident krempelte der bekennende Atheist das Land um. Er legalisierte Homoehe und Abtreibung. Damit war er der Zeit in Lateinamerika weit voraus. In der Logik des José Mujica war das weder links noch liberal: "Die Welt muss gewisse Dinge, die unabänderlich sind, akzeptieren", sagte er.

Auch sozio-ökonomisch war er durchaus erfolgreich: Während seiner Präsidentschaft sanken Arbeitslosigkeit, Armut und Kindersterblichkeit. Sein wohl umstrittenstes Projekt war die Freigabe von Cannabis zu Freizeitzwecken. In einem kleinen Land wie Uruguay könne man so etwas austesten, so Mujica. Das Experiment läuft bis heute - andere Länder wie Kanada und viele US-Bundesstaaten haben nachgezogen.

Doch nicht alle seine Pläne hat Mujica umsetzen können. Die von ihm großangekündigte Bildungsreform blieb ebenso auf der Strecke wie große Infrastrukturprojekte. Und auch damit musste er sich abfinden: Die Linke warf ihm beim Thema Landwirtschaft und Rohstoffe einen Kuschelkurs mit den großen Konzernen vor.

Ein ganz und gar untypischer Politiker

Dennoch war Mujica wegen seiner bescheidenen Art - anders als so viele andere Staatsoberhäupter in Lateinamerika - über eines weitgehend erhaben: Korruptionsverdacht. Und so waren es wohl seine Nahbarkeit und sein Pragmatismus, die dafür sorgten, dass man ihm so manchen verbalen Ausrutscher entschuldigte. Beispielsweise, als Mujica die Funktionäre der Fifa nach dem WM-Aus seiner Nationalelf als "Haufen von Hurensöhnen" bezeichnete.

Auf der politischen Bühne vermittelte er zuletzt 2016 bei den Friedensverhandlungen zwischen der kolumbianischen FARC-Guerilla und Kolumbiens Regierung auf Kuba. Aber bis kurz vor seinem Tod mischte er sich in viele Debatten ein. Auch im spanischsprachigen Programm der DW äußerte Mujica sich zu aktuellen politischen Themen in einer eigenen Sendung mit Titel "Conciencia Sur" - übersetzt "Das Bewusstsein des Südens". Journalisten empfing er am liebsten im Garten oder im Arbeitszimmer seines kleinen Hauses, von dem bereits die Farbe abblätterte.

José "Pepe" Mujica war ein untypischer Politiker. Seine Bescheidenheit wirkte im Vergleich zu anderen Staatschefs der Region fast unwirklich. Damit hat er eine neue politische Kultur vorgelebt. Als arm wollte er sich aber bis zuletzt nicht sehen. So lautet eines seiner bekanntesten Zitate: "Arm ist nicht derjenige, der wenig besitzt, sondern derjenige, der immer mehr braucht."

Short teaser Vom Blumenzüchter zum Präsidenten von Uruguay. Dazwischen Guerilla und 14 Jahre Haft. Nun ist José Mujica gestorben.
Analytics pixel
<img width="1" height="1" alt="" src="http://logc279.xiti.com/hit.xiti?s=531599&s2=1&p=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWelt%3A%3AAmerika::Jos%C3%A9%20Mujica%20-%20Der%20bescheidenste%20Pr%C3%A4sident%20der%20Welt&di=&an=&ac=&x1=1&x2=1&x3=72534877&x4=12325&x5=Jos%C3%A9%20Mujica%20-%20Der%20bescheidenste%20Pr%C3%A4sident%20der%20Welt&x6=1&x7=%2Fde%2Fjos%C3%A9-mujica-der-bescheidenste-pr%C3%A4sident-der-welt%2Fa-72534877&x8=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste&x9=20250514&x10=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWelt%3A%3AAmerika" />
Item URL https://www.dw.com/de/josé-mujica-der-bescheidenste-präsident-der-welt/a-72534877?maca=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste
RSS Player single video URL https://rssplayer.dw.com/index.php?lg=de&pname=&type=abs&f=https://tvdownloaddw-a.akamaihd.net/Events/mp4/gld/gld20160418_uruguay_sd.mp4&title=Jos%C3%A9%20Mujica%20-%20Der%20bescheidenste%20Pr%C3%A4sident%20der%20Welt

Item 19
Id 72519475
Date 2025-05-13
Title Trumps Zollchaos - China positioniert sich in Lateinamerika
Short title Trumps Zollchaos - China positioniert sich in Lateinamerika
Teaser Während die USA unter Donald Trump auch ihre südlichen Nachbarn mit Zöllen überziehen, wächst in Südamerika der Wunsch nach einer stärkeren Zusammenarbeit mit China.

Brasilien plant eine Eisenbahnverbindung zum neuen peruanischen Großhafen Chancay, den China finanziert hat. Damit will das Land seine Exporte und Importe langfristig neu ordnen und die Warenströme absichern. Das brasilianische Wirtschaftsmagazin Valor prognostiziert, dass das chinesische Interesse an Investitionen in Brasilien wieder wachse. Kolumbien denkt nach Medienberichten zumindest darüber nach, dem sogenannten chinesischen Seidenstraßenprojekt beizutreten und Venezuela strebt eine engere Kooperation mit chinesischen Ölkonzernen an.

Solche Meldungen aus den letzten Tagen deuten darauf hin, dass die von US Präsident Donald Trump verhängten Strafzölle gegen lateinamerikanische Länder dafür sorgen, dass sich die Region eher weiter an China annähert, als sich von Peking zu lösen.

China verfolgt langfristigere Ziele

Derzeit sorgt der Handelskonflikt vor allem für Ungewissheiten: "Das Wichtigste vor allem für Lateinamerika ist zu lernen, wie die neuen Spielregeln jetzt funktionieren. Was wir derzeit beobachten, ist eine Menge Unsicherheit, ständige Veränderungen und das Fehlen von klar definierten Spielregeln", sagt Vladimir Rouwinski von Research Center der Universität Icesi in Cali (Kolumbien) im Gespräch mit der Deutschen Welle. Praktisch jede Woche gibt es aus Washington neue Meldungen, Ankündigungen und Forderungen, die es für die andere Seite schwer macht, sich auf die ständig verändernde Lage einzustellen.

China dagegen scheint an seiner langfristigen Strategie festzuhalten. "China wird nicht darauf erpicht sein, seine Strategien einfach von einer Woche auf die andere zu ändern", meint Rouwinski. Peking sei eher dafür bekannt seine Pläne und Ziele langfristig zu verfolgen und umzusetzen. "Es besteht allerdings die Möglichkeit, dass China seine Präsenz ausbaut und Lateinamerika kurzfristig als Stützpfeiler nutzt", so Rouwinski.

China erscheint vertrauenswürdiger

Ähnlich sieht es Enrique Dussel-Peters, Koordinator des Zentrums Mexiko-China-Studien der Universität UNAM in Mexiko-Stadt: "China ist seit mehreren Jahrzehnten besonders aktiv in seiner Süd-Süd-Kooperationsstrategie. Der chinesische Außenminister Wang Yi betonte Anfang März die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen China und Lateinamerika: eine Beziehung, die auf gegenseitigem Respekt, Gleichheit und gegenseitigem Nutzen basiert. Der Kontrast zu den Exekutivverordnungen des US-Präsidenten seit seinem Amtsantritt im Januar könnte nicht größer sein."
Handel, Investitionen und Infrastrukturprojekte mit China hätten heute einen erheblichen Einfluss auf die Region Lateinamerika und die Karibik, so der Experte. "In der aktuellen Konfrontation zwischen den USA und China hat sich Peking als vertrauenswürdiger und langfristiger Partner erwiesen."

Lateinamerika - Problem oder Chance?

Es gebe zwischen der Betrachtungsweise der Region unterschiedliche Ansätze, sagt der brasilianische Politikwissenschaftler und China-Experte Mauricio Santoro gegenüber der DW: "Die US-Regierung betrachtet Lateinamerika als Problem. Die chinesische Regierung sieht dagegen eine Region mit wirtschaftlichen Chancen."

Dieses Muster habe nicht erst mit Trump begonnen, sondern tauche mindestens seit Beginn dieses Jahrhunderts immer wieder auf. "Die politische Agenda des derzeitigen US-Präsidenten hat jedoch verschiedene Spannungen mit Lateinamerika in Bereichen wie Handel, Migration und organisierte Kriminalität verschärft. Die Agenda Washingtons für die Region ist stark negativ geprägt, konzentriert sich auf Schwierigkeiten und hat wenig zu bieten in Bezug auf vorteilhafte Abkommen und Perspektiven für gegenseitigen Nutzen", sagt Santoro.

USA und China bleiben beides wichtige Handelspartner

Im Gegensatz dazu habe das rasante Wirtschaftswachstum Chinas in den letzten Jahrzehnten zu einem exponentiellen Anstieg seines Handels mit Lateinamerika geführt. Oft sind die Chinesen der größte oder zweitgrößte Handelspartner der Länder der Region. Mit Brasilien beispielsweise sei der Umfang des bilateralen Handels von 1 Milliarde US-Dollar im Jahr 2000 auf derzeit über 130 Milliarden US-Dollar gestiegen.
"Die lateinamerikanischen Länder wollen und können sich nicht zwischen den USA und China entscheiden", sagt Santoro, denn beide Länder seien für jeweiligen Wirtschaftsräume sehr wichtig. Derzeit sei jedoch ein Rückgang des amerikanischen Einflusses und ein Anstieg der chinesischen Präsenz in der Region zu beobachten. "Der Umgang mit dieser neuen Situation stellt für Washington eine größere Herausforderung dar, da die in der Vergangenheit eingesetzten Zwangsmittel zumindest für die größten und vielfältigsten Nationen der Region wie Brasilien, Mexiko und Argentinien nicht mehr funktionieren."

Lateinamerika: künftig wichtiger Absatzmarkt für China

Ähnlich sieht es der brasilianische Autor und Wirtschaftsjournalist Gilvan Bueno: "Chinas Exporte sind seit Beginn des Handelskrieges um mehr als 60 Prozent zurückgegangen", sagt Bueno im Gespräch mit der DW. "Lateinamerika wird ein Ziel der Chinesen sein, da sie neue Strategien und eine geopolitische Diversifizierung entwickeln müssen, um nicht so abhängig von der amerikanischen Wirtschaft zu sein."

Auf dieser Grundlage sei davon auszugehen, dass Afrika und Lateinamerika jene neuen Akteure sein könnten, um die eigene Produktion abzusetzen und den Rückgang der chinesischen Exporte um mehr als 60 Prozent aufzufangen.

Short teaser Während die USA unter Trump auch ihre südlichen Nachbarn mit Zöllen überziehen, wird China in Südamerika präsenter.
Analytics pixel
<img width="1" height="1" alt="" src="http://logc279.xiti.com/hit.xiti?s=531599&s2=1&p=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWirtschaft::Trumps%20Zollchaos%20-%20China%20positioniert%20sich%20in%20Lateinamerika&di=&an=&ac=&x1=1&x2=1&x3=72519475&x4=1503&x5=Trumps%20Zollchaos%20-%20China%20positioniert%20sich%20in%20Lateinamerika&x6=1&x7=%2Fde%2Ftrumps-zollchaos-china-positioniert-sich-in-lateinamerika%2Fa-72519475&x8=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste&x9=20250513&x10=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWirtschaft" />
Item URL https://www.dw.com/de/trumps-zollchaos-china-positioniert-sich-in-lateinamerika/a-72519475?maca=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste
Image URL (460 x 259) https://static.dw.com/image/70785485_302.jpg
Image caption China hat den Megahafen Chancay in Peru finanziert
Image source Angela Ponce/REUTERS
RSS Player single video URL https://rssplayer.dw.com/index.php?lg=de&pname=&type=abs&image=https://static.dw.com/image/70785485_302.jpg&title=Trumps%20Zollchaos%20-%20China%20positioniert%20sich%20in%20Lateinamerika

Item 20
Id 72514956
Date 2025-05-12
Title Waffen statt Autos: Rüstungsindustrie in Tschechien boomt
Short title Waffen statt Autos: Rüstungsindustrie in Tschechien boomt
Teaser Die tschechische Waffenproduktion erlebt goldene Zeiten und gewinnt rapide an Bedeutung. Sie könnte als Motor der tschechischen Wirtschaft die Automobilindustrie ergänzen oder sogar ersetzen.

In den letzten dreißig Jahren hat sich die Tschechische Republik zum Land mit der höchsten Pro-Kopf-Produktion von Autos in der Welt entwickelt. Das Jahr 2024 war ein Rekordjahr: In dem Zehnmillionen-Einwohnerland wurden mehr als 1,4 Millionen Fahrzeuge hergestellt, eine Steigerung von fast vier Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Doch im ersten Quartal 2025 brach die Produktion um 7,1 Prozent ein, hauptsächlich aufgrund der gesunkenen Nachfrage in Westeuropa. Die wiederum hängt mit den Problemen in der europäischen Automobilindustrie, dem schleppenden Übergang zur Elektromobilität und den US-Zöllen zusammen.

Während die Autoproduktion schrumpft, erlebt die Rüstungsindustrie einen Boom. In den letzten drei Jahren weiteten tschechische Waffenfabriken ihre Produktion massiv aus und steigerten ihre Gewinne erheblich.

Nach Ansicht von Ales Rod vom Zentrum für Wirtschafts- und Marktanalysen könnte der Anteil der tschechischen Rüstungsindustrie an der Wirtschaft in den nächsten Jahren von derzeit etwa einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf ein Vielfaches steigen. "Das Potenzial dafür sehen wir", sagte Rod dem Tschechischen Rundfunk. "Wir sehen eine Nachfrage in der Waffenindustrie für ein Jahrzehnt oder sogar 15 Jahre voraus. Wir sehen leere Lagerhallen. Was wir produzieren, hat kaum Zeit auszukühlen und ist weg."

Die Rüstungsindustrie als neuer Wirtschaftsmotor?

Danuse Nerudova, ehemalige Rektorin der Mendel-Universität in Brünn und Mitglied des Haushaltsausschusses des Europäischen Parlaments, sieht das ähnlich. "Die Rüstungsindustrie kann ein neuer Motor der tschechischen und europäischen Wirtschaft werden. Sie kann die frei werdenden Lieferkapazitäten und Arbeitskräfte des Automobilsektors nutzen, das Wirtschaftswachstum ankurbeln und gleichzeitig unsere Sicherheit stärken", so Nerudova gegenüber der DW.

Ein anderer prominenter tschechischer Wirtschaftswissenschaftler, Petr Zahradnik, ist etwas skeptischer. "Die tschechischen Waffenfabriken erleben goldene Zeiten, das stimmt. Ihre Kapazitäten werden ausgebaut, die tschechischen Rüstungsbetriebe expandieren mit ihrem Kapital in die fortschrittlichsten Teile der Welt", sagt der Berater des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses in Brüssel der DW. Aber: "Ich glaube nicht, dass sie den Automobilsektor als Motor der tschechischen Wirtschaft ersetzen werden." Und, so fügt er hinzu: "Ich möchte das auch nicht erleben, dass die Waffenproduktion die zivile Produktion verdrängt."

Tschechien - traditionelle Waffenschmiede

Das Gebiet der heutigen Tschechischen Republik war bereits vor dem Ersten Weltkrieg ein Zentrum der Rüstungsproduktion. Und auch zwischen den beiden Weltkriegen und danach gehörte die Tschechoslowakei zu den führenden Waffenproduzenten und -exporteuren der Welt. Lange Zeit machten die Waffenexporte etwa ein Zehntel aller tschechoslowakischen Ausfuhren aus.

So produzierte die Tschechoslowakei zwischen 1958 und 1989 zehntausend Kampf- und Übungsjets. Experten zufolge waren die tschechoslowakischen Waffen damals die besten des Ostblocks und wurden in Dutzende von Ländern in aller Welt exportiert.

Doch Bedarf gab es auch zuhause, denn die Tschechoslowakei verfügte Ende der 1980er Jahre über eine schwer bewaffnete Armee von mehreren Hunderttausend Mann und gab bis zu 20 Prozent ihres Staatshaushalts für Verteidigungsausgaben aus.

Das Ende des Warschauer Paktes und der Konfrontation in Europa sowie die allgemeine Abrüstung zu Beginn der 1990er Jahre, die mit einer erheblichen Kürzung des Militärhaushalts einherging, trafen die tschechischen Rüstungsbetriebe hart. Der letzte große Rüstungsauftrag der Tschechoslowakei war ein Exportvertrag über 250 T72-Panzer nach Syrien, der im Jahr 1991 von der ersten nichtkommunistischen Regierung genehmigt worden war.

Nach dem Ende der Tschechoslowakei

Die Auflösung der Tschechoslowakei in ihre beiden Einzelstaaten im Jahr 1992 führte auch zu einer Aufteilung der Rüstungsindustrie: Die Produktion von Panzern und schweren Maschinen verblieb hauptsächlich in der Slowakei, während die Flugzeugindustrie, die Produktion von Kleinwaffen, Munition, Radarsystemen und vor allem von Handfeuerwaffen in Tschechien blieb.

Die nicht immer gelungenen Privatisierungen, die Reduzierung der tschechischen Verteidigungsausgaben auf ein Prozent des BIP, die Professionalisierung und Verkleinerung der Armee auf nur noch etwa 20.000 Soldaten - all dies hat die tschechische Rüstungsindustrie erheblich geschwächt.

Wachstumsfaktor Ukraine-Krieg

Nach der Vollinvasion Russlands in das Nachbarland Ukraine im Februar 2022 steigerten die tschechischen Waffenfabriken ihre Produktion, oft um Hunderte Prozent pro Jahr. Vor allem die Herstellung von Munition, die Modernisierung von Panzern, die Produktion von Militärfahrzeugen, selbstfahrenden Haubitzen sowie von Drohnen, Radargeräten und den weltberühmten Maschinengewehren und Patronen erleben seither einen Aufschwung. Die Flugzeugfabrik Aero, der Stolz der tschechischen Rüstungsindustrie, entwickelte das neue Kampf- und Trainingsflugzeug Skyfox, das zur Ausbildung ukrainischer F-16-Kampfpiloten eingesetzt werden soll.


Vierzig Prozent der Produktion der tschechischen Waffenfabriken gehen in die Ukraine, wo auch Joint Ventures gegründet werden. Insgesamt werden bis zu 90 Prozent der Produktion exportiert. Gleichzeitig nehmen aber auch die Käufe der tschechischen Armee zu. Im vergangenen Jahr erreichten die tschechischen Verteidigungsausgaben erstmals zwei Prozent des BIP. Premierminister Petr Fiala kündigte an, dass sie in einigen Jahren drei Prozent ausmachen sollen.

Auch die Gewinne der privaten Eigentümer der Rüstungskonzerne steigen: Der Eigentümer der Czechoslovak Group, Michal Strnad, hat sein Vermögen seit dem vergangenen Jahr mehr als verdoppelt, und zwar um 129,5 Mrd. Kronen (etwa 5 Mrd. Euro) auf 230,5 Mrd. Kronen (etwa 9 Mrd. Euro). Ähnlich erging es im vergangenen Jahr auch anderen großen tschechischen Waffenherstellern.

Waffenfabriken stellen Tausende von Mitarbeitern ein

Und für die nächsten Jahre soll der Boom anhalten. Der Munitionshersteller STV Group wird seine Produktion von großkalibriger Artilleriemunition, die er hauptsächlich an die Ukraine liefert, in diesem Jahr von 100.000 Stück auf das Dreifache erhöhen. Die PBS Group will die Herstellung von Triebwerken für Raketen und Drohnen ebenfalls verdoppeln.

Auch die Zahl der Beschäftigten in den Unternehmen steigt deutlich an. Allein die STV-Group plant die Einstellung von 1000 zusätzlichen Beschäftigten. Der größte tschechische Rüstungskonzern, die Czechoslovak Group, zu dem neben der Munitionsproduktion auch das militärische Automobilwerk Tatra gehört, beschäftigt laut ihrem Jahresbericht bereits 14.000 Mitarbeiter.

Zum Vergleich: Der größte Automobilkonzern Skoda-Auto beschäftigt in seinem Stammwerk in Mlada Boleslav rund 20.000 Mitarbeiter. Doch die weniger anspruchsvolle Herstellung von Elektroautos wird in Zukunft zu einem Abbau der Beschäftigtenzahlen führen. Skoda-Auto-Chef Klaus Zellmer sagte Ende Februar 2025 dem Branchendienst "Automobilwoche", seine Firma mit derzeit 41.000 Angestellten plane einen Personalabbau von fünfzehn Prozent.

Viele dieser Beschäftigten dürften von der Rüstungsindustrie aufgenommen werden. Tschechischen Personalagenturen zufolge werden sie beim Wechsel keine größeren Umschulungen benötigen.

Short teaser Die Waffenindustrie in Tschechien erlebt goldene Zeiten und gewinnt rapide an Bedeutung.
Analytics pixel
<img width="1" height="1" alt="" src="http://logc279.xiti.com/hit.xiti?s=531599&s2=1&p=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWelt%3A%3AEuropa::Waffen%20statt%20Autos%3A%20R%C3%BCstungsindustrie%20in%20Tschechien%20boomt&di=&an=&ac=&x1=1&x2=1&x3=72514956&x4=12322&x5=Waffen%20statt%20Autos%3A%20R%C3%BCstungsindustrie%20in%20Tschechien%20boomt&x6=1&x7=%2Fde%2Fwaffen-statt-autos-r%C3%BCstungsindustrie-in-tschechien-boomt%2Fa-72514956&x8=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste&x9=20250512&x10=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWelt%3A%3AEuropa" />
Item URL https://www.dw.com/de/waffen-statt-autos-rüstungsindustrie-in-tschechien-boomt/a-72514956?maca=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste
Image URL (460 x 259) https://static.dw.com/image/72515941_302.jpg
Image caption L-39 Skyfox Kampf- und Trainingsjets sind der Stolz der tschechischen Rüstungsindustrie
Image source Josef Vostarek/CTK/picture alliance
RSS Player single video URL https://rssplayer.dw.com/index.php?lg=de&pname=&type=abs&image=https://static.dw.com/image/72515941_302.jpg&title=Waffen%20statt%20Autos%3A%20R%C3%BCstungsindustrie%20in%20Tschechien%20boomt

Item 21
Id 72493169
Date 2025-05-10
Title Darum will Bill Gates fast sein ganzes Vermögen abgeben
Short title Darum will Bill Gates fast sein ganzes Vermögen abgeben
Teaser Multimilliardär Bill Gates erhebt schwere Vorwürfe gegen Elon Musk. Zudem kündigt er an, binnen 20 Jahren fast sein gesamtes Geld für humanitäre Zwecke spenden zu wollen. Aber was macht seinen Reichtum heute aus?

Der 69-jährigeMicrosoft-Mitgründer und Großspender Bill Gates hat Tech-Milliardär Elon Musk scharf kritisiert. In einem Interview mit der Zeitung New York Times äußerte er sein Unverständnis für dessen harte Einschnitte bei der US-Entwicklungshilfe-Organisation USAID. Diese seien "atemberaubend" und würden dazu führen, dass "die Zahl der Kinder, die jährlich in armen Ländern sterben, von fünf auf sechs Millionen steigen" werde, erklärte Gates in dem Interview.

Dabei hätte es laut Gates in den kommenden Jahren eigentlich einen Rückgang auf jährlich vier Millionen Todesfälle geben müssen. "Der reichste Mann der Welt ist in den Tod der ärmsten Kinder der Welt involviert", sagte Gates mit Blick auf Musk. Der wehrte sich auf seiner Plattform X: "Gates ist ein riesiger Lügner!"

Über Stiftung: 200 Milliarden in 20 Jahren

Gates selbst nimmt wohl unter anderem die Etatkürzungen bei USAID zum Anlass, sein Vermögen noch schneller für wohltätige Zwecke zu spenden als bislang geplant. "Es gibt zu viele dringende Probleme, die gelöst werden müssen, als dass ich Ressourcen zurückhalten könnte, mit denen ich den Menschen helfen könnte", schreibt Gates auf seiner eigenen Webseite. Er werde praktisch sein gesamtes Vermögen in den nächsten 20 Jahren zur Verfügung stellen - für die Rettung und Verbesserung von Leben auf der ganzen Welt. Konkret will er mit dem Geld die Kinder- und Müttersterblichkeit senken, Krankheiten wie Kinderlähmung, Malaria und Masern bekämpfen und die weltweite Armut verringern.

Eingesetzt werden sollen seine Gelder über die vor 25 Jahren von ihm und seiner Ex-Frau Melinda gegründete Gates-Foundation. Diese größte Privatstiftung der Welt hat im Kampf gegen Armut und Krankheiten bislang mehr als 100 Milliarden Dollar bereitgestellt. Nun sollen es bis 2045 weitere rund 200 Milliarden sein. Danach, so Bill Gates, solle sich die Stiftung auflösen.

Multimilliardär mit etlichen Firmenbeteiligungen

Bill Gates galt jahrelang als reichster Mensch der Welt. Zwar wurde er mittlerweile von Tech-Milliardären wie Jeff Bezos, Mark Zuckerberg oder Elon Musk überholt, laut aktueller Forbes-Liste der Superreichen rangiert er aber global noch immer auf Platz 13 - geschätztes Vermögen: 108 Milliarden US-Dollar. Basis seines Reichtums war der Software-Gigant Microsoft, spätestens dessen Börsengang im Jahr 1986 machte Gates zum Multimillionär, dessen Vermögen über die Jahre weiter anwuchs.

Nach und nach hat Gates allerdings sein Vermögen diversifiziert. So trennte er sich über die Jahre von immer größeren Mengen seiner Microsoft-Aktien, mittlerweile soll er nur noch Anteile von weniger als einem Prozent besitzen.

Stattdessen hält der aus Seattle stammende Unternehmer über seine Holding Cascade Investment dutzende Beteiligungen an verschiedenen weiteren Firmen, etwa am Abfallentsorgungsunternehmen "Republic Services" und dem Traktorenhersteller "Deere & Co.", aber auch an "Beyond Meat", einer Firma, die pflanzliche Fleischersatzprodukte entwickelt und produziert. Zudem ist Gates der größte private Eigentümer von Ackerland in den USA. Und im Jahr 2006 gründete er "TerraPower", ein Unternehmen, das fortschrittlichere, sicherere und effizientere Kernreaktoren entwickeln soll - mittlerweile hat Gates über eine Milliarde Dollar in diese Firma investiert. Ein Pilotprojekt in Wyoming ist derzeit im Bau und soll bis 2030 in Betrieb gehen.

Großes soziales Engagement - nicht immer erfolgreich

Im Jahr 2000 gründete Gates zusammen mit seiner damaligen Frau Melinda die Gates-Foundation, in die ein Großteil seiner Milliarden-Gewinne fließt. Mit den Geldern finanziert die Stiftung Projekte in der landwirtschaftlichen Entwicklungshilfe - wenn auch nicht immer mit Erfolg. In Afrika etwa hat sie fast eine Milliarde Dollar in ein Programm gesteckt, das zum Ziel hatte, die landwirtschaftlichen Erträge mithilfe von chemischem Dünger und Hybrid-Saatgut zu verdoppeln und bis 2020 sowohl den Hunger als auch die Armut in 13 afrikanischen Ländern zu halbieren. Erreicht wurde das Ziel nicht - im Gegenteil. Nach einer im Juni 2020 veröffentlichten Studie ist die Zahl der Hungernden in den Schwerpunktländern sogar um 30 Prozent gestiegen.

Zweitens unterhält die Gates-Foundation Bildungsprojekte in den USA - mit dem vorrangigen Ziel, Schülerinnen und Schülern aus afroamerikanischen und lateinamerikanischen Familien die Abschlüsse zu erleichtern. Und drittens fördert die Stiftung weltweit die Behandlung und Bekämpfung von Krankheiten wie AIDS, Tuberkulose, Polio oder Malaria.

Auch dieses Engagement führte dazu, dass Gates bereits Jahre vor COVID vor den Gefahren einer möglichen weltweiten Pandemie warnte. Auf einer Konferenz im kalifornischen Monterey sagte er schon 2015: "Wenn in den nächsten Jahrzehnten irgendetwas über zehn Millionen Menschen tötet, dann ist es höchstwahrscheinlich eher ein hochansteckendes Virus als ein Krieg. Nicht Raketen, sondern Mikroben."

Ziel von Verschwörungstheorien

Dass Gates seinen Reichtum mit einem Softwareunternehmen erworben hat, sich weltweit sozial engagiert und Impfungen vehement befürwortet, hat ihn auch zum Ziel zahlreicher Verschwörungstheorien werden lassen. Gates selbst fechten solche Diffamierungen nicht an. Er gibt sich fest entschlossen, bis 2045 gut 99 Prozent seines derzeitigen Vermögens für humanitäre Zwecke weltweit auszugeben: "Die Leute werden viel über mich reden, wenn ich tot bin", so Gates auf seiner eigenen Webseite, "aber ich bin dazu entschlossen, dass sie zumindest nicht sagen können: Er ist reich gestorben."

Short teaser Der Multimilliardär will binnen 20 Jahren fast sein ganzes Vermögen spenden. Aber was macht seinen Reichtum heute aus?
Analytics pixel
<img width="1" height="1" alt="" src="http://logc279.xiti.com/hit.xiti?s=531599&s2=1&p=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWelt%3A%3AAmerika::Darum%20will%20Bill%20Gates%20fast%20sein%20ganzes%20Verm%C3%B6gen%20abgeben&di=&an=&ac=&x1=1&x2=1&x3=72493169&x4=12325&x5=Darum%20will%20Bill%20Gates%20fast%20sein%20ganzes%20Verm%C3%B6gen%20abgeben&x6=1&x7=%2Fde%2Fdarum-will-bill-gates-fast-sein-ganzes-verm%C3%B6gen-abgeben%2Fa-72493169&x8=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste&x9=20250510&x10=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWelt%3A%3AAmerika" />
Item URL https://www.dw.com/de/darum-will-bill-gates-fast-sein-ganzes-vermögen-abgeben/a-72493169?maca=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste
Image URL (460 x 259) https://static.dw.com/image/71456751_302.jpg
Image caption Microsoft-Gründer und Multimilliardär: Bill Gates
Image source Annette Riedl/dpa/picture alliance
RSS Player single video URL https://rssplayer.dw.com/index.php?lg=de&pname=&type=abs&image=https://static.dw.com/image/71456751_302.jpg&title=Darum%20will%20Bill%20Gates%20fast%20sein%20ganzes%20Verm%C3%B6gen%20abgeben

Item 22
Id 72481946
Date 2025-05-09
Title Sind Temu und Shein Europas neue Handelsbedrohung?
Short title Sind Temu und Shein Europas neue Handelsbedrohung?
Teaser Donald Trump hat ein Schlupfloch geschlossen, durch das chinesische Einzelhändler Waren ohne Einfuhrzölle direkt an US-Verbraucher liefern konnten. Könnten Temu und Shein nun Europa mit Billigexporten überschwemmen?

Seit Jahren bestand das Geschäftsmodell von Temu und Shein darin, massenhaft Waren in die USA zu liefern, die mit einem Wert von weniger als 800 US-Dollar (rund 710 Euro) von Einfuhrzöllen befreit waren.

Allein im Jahr 2024 wurden 1,36 Milliarden Sendungen im Rahmen dieser sogenannten De-minimis-Regel in die USA eingeführt. Das war eine Verneunfachung gegenüber den 153 Millionen im Jahr 2015.

Diese bei Temu und Shein bestellten Waren, die im vergangenen Jahr insgesamt 30 Prozent der täglichen US-Pakete mit geringerem Wert ausmachten, unterliegen nun einem Zoll von 30 Prozent oder Pauschalgebühren von bis zu 50 US-Dollar. Dazu kommt noch der von Trump im vergangenen Monat erhobene Zoll von 145 Prozent auf Importe aus China.

Weil sich damit die Preise für US-Verbraucher mehr als verdoppelt haben, bröckeln jetzt die Gewinnmargen der chinesischen Online-Händler. Es wäre also keine Überraschung, wenn Temu und Shein jetzt Europa ins Visier nehmen und ein ähnliches Zoll-Schlupfloch der Europäischen Union ausnutzen, um ihr Geschäftsmodell aufrechtzuerhalten.

Europa will Zoll-Schlupfloch abschaffen

Obwohl die EU-Steuerbefreiung bei Waren bis 150 Euro (170 US-Dollar) niedriger ist als bislang in den USA, hat sie das explosive Wachstum von Temu und Shein nicht gebremst. Im Jahr 2024 überschwemmten 4,6 Milliarden Pakete mit geringerem Wert den EU-Markt - eine Verdoppelung gegenüber 2023 und eine Verdreifachung gegenüber 2022, wobei 91 Prozent aus China stammten.

Diese 12,6 Millionen Pakete pro Tag werden zollfrei zugestellt und unterbieten damit die Preise europäischer Einzelhändler, die durch höhere Arbeits-, Lieferketten- und Compliance-Kosten belastet werden.

Obwohl die EU-Kommission vor zwei Jahren vorgeschlagen hat, diese EU-Ausnahmeregelung abzuschaffen, muss das Vorhaben noch von den 27 EU-Mitgliedstaaten und dem Europäischen Parlament gebilligt werden. Die Zollausnahme-Regel wird damit laut der Nachrichtenagentur Bloomberg frühestens 2027 fallen.

Diese Verzögerung ist schlecht für die europäischen Unternehmen, die bereits mit einem harten chinesischen Wettbewerb konfrontiert sind - vom E-Commerce über Solarmodule bis hin zu Elektrofahrzeugen. Sie stehen zusätzlich unter Druck, weil durch die drastischen US-Zölle gegen chinesische Produkte mehr billige Waren aus China nach Europa umgeleitet werden könnten.

Viele Einzelhändler in der EU befürchten, dass Temu und Shein künftig noch mehr Billigprodukte auf den europäischen Märkten abladen und sie aus dem Geschäft drängen.

Chinesische Waren fallen oft bei Sicherheitstests durch

Abgesehen davon, dass die Flut von Billiggütern aus dem Reich der Mitte auf die Gewinnmargen drückt und so Entlassungen bei EU-Unternehmen drohen, lässt die oft mangelhafte Produktsicherheit noch viel größere Alarmglocken schrillen.

Agustin Reyna, Generaldirektor von BEUC, einer in Brüssel ansässigen Lobby europäischer Verbraucherorganisationen, sagt, Gruppen wie seine hätten "umfangreiche Beweise" dafür gesammelt, dass chinesische Waren - von giftigem Make-up und Kleidung bis hin zu fehlerhaftem Spielzeug und Geräten - die EU-Sicherheitsstandards nicht erfüllen.

"Wir brauchen zusätzliche Instrumente, um den Zustrom unsicherer Produkte zu bewältigen, die über kleine Pakete nach Europa gelangen, die oft auf Plattformen wie Temu gekauft werden", sagt Reyna gegenüber der DW. "Die Verbraucher setzen unwissentlich ihre Gesundheit und Sicherheit aufs Spiel."

Im Januar versprach die EU-Kommission neue strenge Kontrollen für chinesische Einzelhandelsplattformen, um zu verhindern, dass "unsichere, gefälschte oder sogar gefährliche" Produkte nach Europa gelangen. EU-Handelskommissar Maros Sefcovic forderte die europäischen Gesetzgeber auf, eine Bearbeitungsgebühr für chinesische Pakete zu erheben, um steigende Compliance-Kosten zu decken.

Viele politische Entscheidungsträger wollen Online-Plattformen direkt für den Verkauf gefährlicher und gefälschter Produkte verantwortlich machen. Derzeit agieren Marktplätze wie Temu als Vermittler und nicht als Verkäufer. So entziehen sie sich einer direkten Haftung, was bei Zoll- und Regulierungsbehörden für große Kopfschmerzen sorgt.

"Bei über zwölf Millionen Paketen, die täglich in den EU-Binnenmarkt gelangen, ist es einfach unrealistisch zu erwarten, dass der Zoll als letzte Verteidigungslinie fungiert", unterstreicht Reyna. "Daher ist es wichtig, Online-Marktplätze für die Sicherheit und Konformität der Produkte, die sie an europäische Verbraucher verkaufen, zur Rechenschaft zu ziehen."

Mehrwertsteuerbetrug ein wachsendes Problem

Es gibt immer mehr Beweise für andere illegale Praktiken chinesischer Verkäufer, einschließlich der Unterdeklaration des Warenwerts, um Verkaufs- oder Mehrwertsteuern (MwSt.) zu vermeiden. Diese liegen je nach EU-Staat zwischen 17 und 27 Prozent.

"Es gibt viele Fälle, in denen Importeure einen falschen Wert für ihre Sendungen angeben, um die Schwelle zu unterschreiten und Zollformalitäten zu umgehen", sagt Momchil Antov, Ökonom und Zollexperte an der D. A. Tsenov Wirtschaftsakademie in Bulgarien, gegenüber der DW. "Das ist Betrug."

Im vergangenen Monat deckten das EU-Betrugsbekämpfungsamt OLAF und die polnischen Behörden ein ausgeklügeltes Mehrwertsteuerbetrugssystem auf, bei dem chinesische Waren in die EU importiert wurden. Betrüger behaupteten, die Waren seien für andere EU-Staaten bestimmt, um Steuern und Zölle zu vermeiden. In Wirklichkeit blieben die Waren größtenteils in Polen.

Ein weiteres Beispiel: Ab 2023 nutzten chinesische Exporteure den belgischen Flughafen Lüttich, um Steuern in Höhe von 303 Millionen Euro zu hinterziehen, indem sie ein komplexes System nutzten, an dem private Zollagenturen und Scheinfirmen in anderen EU-Ländern beteiligt waren.

Frankreich plant Maßnahmen zur Betrugsbekämpfung

Während der Plan der Kommission in Brüssel, die 150-Euro-Zollausnahme der EU abzuschaffen, noch nicht umgesetzt ist, haben einige EU-Staaten den Vorschlag von Sefcovic aufgegriffen. Die französische Regierung kündigte Anfang Mai an, die Kontrollen von importierten Waren mit geringerem Wert zu verstärken.

Diese Importgüter werden auf Produktsicherheit, Kennzeichnungsstandards und Umweltstandards geprüft und Paris wird auf jedes Paket eine pauschale "Verwaltungsgebühr" erheben.

Die europäischen Entscheidungsträger stehen vor der kniffligen Aufgabe, Betrug einzudämmen und die Einhaltung von Vorschriften sicherzustellen. Gleichzeitig müssen sie fairen Wettbewerb sicherstellen, ohne den Zugang der EU-Verbraucher zu erschwinglichen Waren aus China einzuschränken.

Der Artikel wurde aus dem Englischen adaptiert

Short teaser Werden chinesische Online-Händler Europa mit Waren überschwemmen, nachdem Trump US-Zoll-Schlupflöcher geschlossen hat?
Analytics pixel
<img width="1" height="1" alt="" src="http://logc279.xiti.com/hit.xiti?s=531599&s2=1&p=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWirtschaft::Sind%20Temu%20und%20Shein%20Europas%20neue%20Handelsbedrohung%3F&di=&an=&ac=&x1=1&x2=1&x3=72481946&x4=1503&x5=Sind%20Temu%20und%20Shein%20Europas%20neue%20Handelsbedrohung%3F&x6=1&x7=%2Fde%2Fsind-temu-und-shein-europas-neue-handelsbedrohung%2Fa-72481946&x8=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste&x9=20250509&x10=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWirtschaft" />
Item URL https://www.dw.com/de/sind-temu-und-shein-europas-neue-handelsbedrohung/a-72481946?maca=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste
Image URL (460 x 259) https://static.dw.com/image/71731844_302.jpg
Image caption Billig war gestern: In den USA steigen die Preise für chinesische Waren von Temu oder Shein drastisch an
Image source Philippe Turpin/Photononstop/picture alliance
RSS Player single video URL https://rssplayer.dw.com/index.php?lg=de&pname=&type=abs&f=https://tvdownloaddw-a.akamaihd.net/vps/webvideos/DEU/2025/BUSI/BUSIDEU250306_PLAGIAT_CMS_01SMW_AVC_640x360.mp4&image=https://static.dw.com/image/71731844_302.jpg&title=Sind%20Temu%20und%20Shein%20Europas%20neue%20Handelsbedrohung%3F

Item 23
Id 72400082
Date 2025-05-01
Title Warum Russlands Wirtschaft Sekundärsanktionen so fürchtet
Short title Warum Russland Sekundärsanktionen so fürchtet
Teaser Bis jetzt hat sich die russische Wirtschaft trotz der westlichen Sanktionen als relativ widerstandsfähig präsentiert. Was passiert aber, wenn die USA den Sanktionsdruck erhöhen?

Seit mehr als drei Jahren rätseln die Beobachter im Westen, in welcher Verfassung die russische Wirtschaft ist. Mal scheint sie unter dem Druck der westlichen Sanktionen zu ächzen, dann wieder macht sie einen überraschend widerstandsfähigen Eindruck mit Wachstumsraten von zuletzt über vier Prozent. So war das russische Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2023 um 4,1 Prozent und 2024 um 4,3 Prozent gewachsen.

Doch mittlerweile scheint der durch die Umstellung auf Kriegswirtschaft befeuerten Konjunktur die Puste auszugehen. Von einer Halbierung auf nur noch zwei Prozent ist bei vielen Ökonomen die Rede. Für das laufende Jahr sieht das Kieler Institut für Weltwirtschaft das russische Bruttoinlandsprodukt (BIP) nur noch um 1,5 Prozent steigen, für 2026 erwarten die Forscher nur noch ein Plus von 0,8 Prozent.

Selbst die Russische Zentralbank rechnet mit einer Abkühlung der Konjunktur und hält nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur Interfax "an ihrer Wachstumsprognose für das russische BIP von 1,0 bis 2,0 Prozent für 2025 und 0,5 bis 1,5 Prozent für 2026 fest". Besonders pessimistisch ist das Münchner Ifo-Institut, das davon ausgeht, dass die russische Wirtschaft nach einem kleinen Plus in diesem Jahr 2026 um 0,8 Prozent schrumpfen wird.

Schwieriges Umfeld

Der Zinssatz der russischen Notenbank liegt mit aktuell 21 Prozent extrem hoch, was die Investitionen der Privatwirtschaft ausbremst. Vor allem im Automobilsektor und im Maschinenbau herrscht Flaute. Auch die Baubranche und die Stahlindustrie kriseln.

Dass der Rubel das Kunststück fertig gebracht hat, seit Jahresanfang gegenüber dem US-Dollar um rund 40 Prozent zuzulegen, war vor allem eine Reaktion auf die Russland-freundliche Haltung von US-Präsident Donald Trump, erklärt Vasily Astrov, Russland-Experte am Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW) im Interview mit der DW.

"Als Präsident Trump an die Macht gekommen ist, hat er gesagt, er werde einen radikal anderen Kurs gegenüber Russland fahren als sein Vorgänger, Präsident Biden." Er habe eine verstärkte Zusammenarbeit mit Russland und die Lockerung oder sogar die Aufhebung der US-Sanktionen gegen Russland in Aussicht gestellt, so Astrov. "Das alles hat zu einer Euphorie auf den russischen Finanzmärkten geführt und die russischen Aktienkurse sind massiv gestiegen, der russische Rubel hat aufgewertet." Was aber passiert, wenn diese Euphorie ins Gegenteil umschlägt?

Banken-Sanktionen treffen Russland hart

Im November 2024 hatten die USA die seit 2014 bestehenden Sanktionen gegen die russische Gazprombank verschärft und das Finanzinstitut aus dem US-Bankensystem ausgeschlossen. Ihr Handel mit US-Partnern wurde unterbunden und ihr Vermögen in den USA eingefroren. Die Sanktionen trafen die Gazprombank, weil sie als zentraler Akteur bei der Abwicklung von Zahlungen für Gaslieferungen und der Finanzierung militärischer Projekte fungiert. Die EU hatte die Gazprombank bis Ende 2024 von Sanktionen ausgenommen, um europäischen Gasimporteuren weiterhin die Zahlung für russisches Gas zu ermöglichen.

Nach Verkündung der US-Sanktionen gegen die Gazprombank im Herbst verlor der Rubel innerhalb kurzer Zeit ein Viertel seines Werts gegenüber dem US-Dollar. Am Aktienmarkt gab es regelrechte Panikverkäufe und massive Kursverluste - besonders im Finanz- und Energiesektor.

Kein Wunder, dass Russlands Entscheidungsträger genau hingehört haben, was Donald Trump nach seinem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Ende April in Rom andeutete: Vielleicht sei es an der Zeit, "mit ihm (Wladimir Putin, Anm. d. Red.) anders umzugehen" und über Maßnahmen im "Bankenbereich oder Sekundärsanktionen" nachzudenken.

Mit "Sekundärsanktionen" sind Maßnahmen gegen Drittländer, Unternehmen oder Einzelpersonen gemeint, die weiterhin mit Russland Geschäfte machen.

Neue Sanktionen im US-Senat in Vorbereitung

Der republikanische Senator und Trump-Vertraute Lindsey Graham reagierte auf Trumps Äußerungen mit einem Post auf der Kurznachrichtenplattform X. Graham und mehrere Dutzend Unterstützer aus Republikanern und Demokraten seien bereit, die Sanktionen auf Länder ausweiten, die russische Energieprodukte importieren.

Es gebe einen "parteiübergreifenden Gesetzesentwurf mit fast 60 Mitunterzeichnern, der Sekundärzölle auf jedes Land erheben würde, das russisches Öl, Gas, Uran oder andere Produkte kauft", schrieb Graham in seinem Tweet am 26. April.

China, Indien und die Türkei im Visier

Das würde vor allem Indien und China treffen, erklärt der Wiener Experte Astrov. "China ist mittlerweile der wichtigste Handelspartner Russlands und war 2024 für rund 40 Prozent der russischen Importe und 30 Prozent der russischen Exporte verantwortlich. Auch die Einfuhr wichtiger Importgüter für die Militärindustrie findet über China und Hongkong statt." Daneben spiele auch Indien eine zentrale Rolle. "China und Indien absorbieren mehr als die Hälfte der gesamten russischen Ölexporte", so Astrov.

Dass sich China nicht an den westlichen Sanktionen gegen Russland beteiligt, sei absehbar gewesen. Dass Indien neutral bleiben würde, sei ebenfalls keine große Überraschung gewesen. "Die große Überraschung war die Türkei. Weil sich die Türkei den westlichen Sanktionen ebenfalls nicht angeschlossen hat, obwohl die Türkei Nato-Mitglied ist und eine Zollunion mit der Europäischen Union hat."

Zahlungsverkehr mit Russland wird komplizierter

Unter US-Präsident Biden sei die Einhaltung der Sekundärsanktionen streng überwacht und ihre Nichteinhaltung mehrmals bestraft worden, so Astrov. "Da geht es um Banken, chinesische Banken, türkische Banken, die Importzahlungen aus Russland angenommen haben. Sie wurden stark unter Druck gesetzt von der US-Regierung unter Joe Biden."

Unter Trump habe es dann eine massive Abkehr von der früheren US-Politik gegenüber Russland gegeben, nicht nur bei der Rhetorik. "So ist zum Beispiel die Abteilung im Finanzministerium, die früher für Maßnahmen gegen die Vermögenswerte russischer Oligarchen in den USA zuständig war, inzwischen aufgelöst worden und die Überwachung der Einhaltung der Sekundärsanktionen wurde ebenfalls massiv gelockert", sagt Astrov.

Wie stark eine Verschärfung der US-Sekundärsanktionen durch Donald Trump Russlands Partner treffen würden, lässt sich trotzdem nur schwer voraussagen. Denn nach aktuellen Recherchen der Nachrichtenagentur Reuters haben russische Banken ein spezielles Verrechnungssystem namens "China Track" aufgebaut, um den Zahlungsverkehr mit China abzuwickeln und westlichen Sanktionen zu entgehen.

Umgehung der Sanktionen mit "China Track"

Laut Banken-Insidern gebe es das System schon seit einiger Zeit, es werde von mehreren sanktionierten russischen Banken betrieben. Dabei kommen Zwischenhändler in Ländern zum Einsatz, die weiter mit Russland Handel treiben. Das Netzwerk arbeitet den Reuters-Recherchen zufolge bereits seit einiger Zeit ohne größere Störungen.

Würden damit mögliche US-Sanktionen gegen chinesische Banken ins Leere laufen? "Ich schließe nicht aus, dass die chinesischen Partner bald keine Angst mehr vor sekundären Sanktionen haben werden", zitiert Reuters Alexander Schokhin, Chef des russischen Unternehmerverbands "Union of Industrialists and Entrepreneurs" (RSPP), der an den Handelsgesprächen mit China teilnimmt.

Short teaser Bis jetzt wirkte die russische Wirtschaft trotz Sanktionen relativ stabil. Neue US-Sanktionen könnten das ändern.
Analytics pixel
<img width="1" height="1" alt="" src="http://logc279.xiti.com/hit.xiti?s=531599&s2=1&p=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWirtschaft::Warum%20Russlands%20Wirtschaft%20Sekund%C3%A4rsanktionen%20so%20f%C3%BCrchtet%20&di=&an=&ac=&x1=1&x2=1&x3=72400082&x4=1503&x5=Warum%20Russlands%20Wirtschaft%20Sekund%C3%A4rsanktionen%20so%20f%C3%BCrchtet%20&x6=1&x7=%2Fde%2Fwarum-russlands-wirtschaft-sekund%C3%A4rsanktionen-so-f%C3%BCrchtet%2Fa-72400082&x8=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste&x9=20250501&x10=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWirtschaft" />
Item URL https://www.dw.com/de/warum-russlands-wirtschaft-sekundärsanktionen-so-fürchtet/a-72400082?maca=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste
Image URL (460 x 259) https://static.dw.com/image/70638565_302.jpg
Image caption Ein Drittel des russischen Staats-Budgets stammt aus dem Energiesektor und dabei vor allem aus dem Ölexport
Image source Greenpeace NORDIC - Denmark, Fin/dpa/picture alliance
RSS Player single video URL https://rssplayer.dw.com/index.php?lg=de&pname=&type=abs&f=https://tvdownloaddw-a.akamaihd.net/dwtv_video/flv/jd/jd20240705_Schattenflotte_AVC_640x360.mp4&image=https://static.dw.com/image/70638565_302.jpg&title=Warum%20Russlands%20Wirtschaft%20Sekund%C3%A4rsanktionen%20so%20f%C3%BCrchtet

Item 24
Id 72267320
Date 2025-04-20
Title USA: Demokratie unter Druck
Short title USA: Demokratie unter Druck
Teaser Seit seinem Amtsantritt im Januar fordert US-Präsident Donald Trump auf mehreren Ebenen den amerikanischen Rechtsstaat heraus und testet unaufhörlich dessen Grenzen. Wie sehr ist die US-Demokratie in Gefahr?

Gerade einmal drei Monate ist US-Präsident Donald Trump wieder im Amt. Drei Monate, in denen die USA nicht nur innenpolitisch umgewälzt und erschüttert, sondern in denen auch an den Grundfesten der Demokratie gerüttelt wurde.

Die renommierte Washingtoner Brookings-Institution konstatierte "gefährliche Risse in den Säulen der US-Demokratie". Angriffe gegen diese Säulen gibt es gleich auf mehreren Ebenen. Einige Beispiele:

Streit mit den Universitäten

"Harvard ist ein Witz, lehrt Hass und Dummheit und sollte keine Fördermittel mehr erhalten." Dies postete Donald Trump am Mittwoch auf seiner Plattform Truth Social. Es ist die jüngste Eskalation im Streit zwischen der US-Regierung und den Elite-Universitäten des Landes.

Entzündet hatte sich der Streit daran, dass Harvard und andere private Hochschulen in den USA angeblich nicht streng genug gegen propalästinensische Proteste gegen den Gazakrieg vorgegangen seien und damit jüdische Studentinnen und Studenten in Gefahr gebracht hätten.

Doch die Auseinandersetzung ist längst eskaliert - mittlerweile geht es um die generelle politische Ausrichtung der in den Augen der Trump-Administration als (zu) links wahrgenommenen Eliteunis. Damit diese weiter mit Bundesmitteln gefördert werden, sollen die politischen Ansichten von Studenten und Lehrkräften auf den Prüfstand und der Regierung die Zulassungsdaten aller Studierenden zur Verfügung gestellt werden.

Harvards Universitätspräsident Alan Garber widersetzt sich jedoch diesen Forderungen und sieht die Freiheit von Forschung und Lehre in Gefahr. Er erklärte, die Universität sei weder bereit, ihre Unabhängigkeit noch ihre von der Verfassung garantierten Rechte aufzugeben.

"Keine Regierung - unabhängig davon, welche Partei an der Macht ist - sollte vorschreiben, was private Universitäten lehren dürfen, wen sie zulassen und einstellen und welchen Studien- und Forschungsbereichen sie nachgehen dürfen.“

Doppeltes Spiel mit der Justiz

Rechtsstaatlichkeit und das Befolgen richterlicher Anordnungen ist einer der Grundpfeiler westlicher Demokratien - doch genau dies steht in den USA vermehrt und immer öfter auf dem Spiel.

Zum einen ignorierte die Trump-Administration bereits mehrere Gerichtsurteile und führte Abschiebungen entgegen richterlicher Anordnungen durch.

Besonders bekannt wurde der Fall des irrtümlich ins berüchtigte Hochsicherheitsgefängnis CECOT in El Salvador abgeschobenen Kilmar Abrego Garcia. Der Oberste Gerichtshof hatte die US-Regierung angewiesen, sich um eine schnelle Rückführung Garcias in die USA zu bemühen. Geschehen sei bislang nichts, kritisierte Bundesrichterin Paula Xinis bei einer Anhörung.

Richter wie James Boasberg, die sich Trumps Regierung entgegenstellen und seine geplanten Abschiebungen aussetzen, werden öffentlich als "durchgeknallte Linksradikale" diffamiert. Trump bedroht sie mit Amtsenthebungsverfahren und liebäugelt damit, diese Juristen durch ihm genehmere Richter zu ersetzen.

Gleichzeitig benutzt er das Justizministerium, um gegen seine Kritiker vorzugehen. Schon in seinen ersten Wochen im Amt hatte er dort zahlreiche Mitarbeiter feuern oder strafversetzen lassen, die an Ermittlungen gegen ihn beteiligt waren.

So ordnete er im Februar die Entlassung aller noch aus der Biden-Zeit verbliebenen Bundesstaatsanwälte an. Mehreren seiner Anwälte verschaffte er dagegen hochrangige Posten in der Regierung. Einer ist inzwischen Vize-Justizminister.

Trump begnadigte außerdem fast alle 1.600 Menschen, die wegen des Kapitolsturms am 6. Januar 2021 verurteilt worden waren. Das Justizministerium besetzte er mit der ihm absolut loyalen Parteigängerin Pam Bondi.

Erste Einschränkungen der Pressefreiheit

Kritische Berichterstattung über ihn ist Donald Trump schon länger ein Dorn im Auge. "Sie sind korrupt und illegal", wetterte der US-Präsident bei einer Rede im Justizministerium Mitte März gegen große US-Sender wie CNN oder MSNBC.

Er unterstellte ihnen, sie würden "zu 97,6 Prozent" negativ über ihn berichten und seien "der politische Arm der Demokratischen Partei." Bereits im Wahlkampf hatte er damit gedroht, unliebsamen Sendern die Lizenz zu entziehen.

Den internationalen US-Medien Voice of America und Radio Liberty hat Trump die Finanzierung komplett gestrichen - sie stehen vor dem Aus.

Auch die Akkreditierung der Nachrichtenagentur AP für den Presseraum des Weißen Hauses hat Trumps Administration einkassiert - weil diese sich geweigert hatte, den Golf von Mexiko wie von Trump gewünscht als "Golf von Amerika" zu bezeichnen. Wieder einmal hatte ein Gericht dies für unzulässig erklärt - und wieder einmal wurde dies von der US-Regierung ignoriert; die AP-Journalisten müssen weiter draußen bleiben. Und Donald Trump ging noch weiter: Am Dienstag entzog er der unabhängigen Reportervereinigung des Weißen Hauses (WHCA) die Kontrolle über die Besetzung des sogenannten Korrespondentenpools - jetzt haben neben AP auch die Nachrichtenagenturen Bloomberg und Reuters keinen sicheren Platz mehr bei Pressekonferenzen im Weißen Haus.

Umbau des Staatsapparates

Als Trump in seiner Kongressrede erklärte, "die Zeiten ungewählter Bürokraten an der Macht" seien vorüber, erntete er von den Demokraten spöttisches Gelächter. Ist es doch ausgerechnet der nie demokratisch legitimierte Präsidentenberater Elon Musk, der seit Januar US-Verwaltungen und -Behörden effizienter machen und unnötige Ausgaben stoppen soll - und dabei ganz nebenbei den gesamten Staatsapparat auf Trump-Linie trimmt.

"Sie gehen nicht in Behörden und Ministerien, die Dinge tun, die sie mögen. Sie gehen in öffentlichen Institutionen, mit denen sie nicht einverstanden sind", kritisierte Douglas Holtz-Eakin, Ex-Direktor des Haushaltsbüros im US-Kongress, schon im Februar.

In den Steuer-, Umwelt- und Gesundheitsbehörden, im Pentagon und anderen Ministerien kam es zu Massenentlassungen. Als "linkswoke Steuerverschwendung" wahrgenommene Diversitäts- und Inklusionsprogramme wurden gestoppt, Umweltauflagen zurückgefahren, Sozial- und Gesundheitsausgaben drastisch gesenkt. Die Entwicklungsagentur USAID und andere Behörden wurden zerschlagen - gegen die gängige Rechtsauffassung, dass dazu erst der US-Kongress befragt werden muss.

Zudem steht DOGE im Verdacht, mithilfe künstlicher Intelligenz Regierungsmitarbeiter auszuspionieren. In mindestens einer Bundesbehörde soll so die interne Kommunikation überwacht worden sein - angeblich mit dem Ziel, Angestellte herausfiltern und entlassen zu können, die illoyale Bemerkungen gegenüber Trump getätigt haben. Kritiker dieses Vorgehens sprechen sogar von einer "politischen Säuberung" des Staatsapparates

Short teaser Donald Trump testet die Grenzen des Rechtsstaates in den USA - gleich auf mehreren Ebenen.
Analytics pixel
<img width="1" height="1" alt="" src="http://logc279.xiti.com/hit.xiti?s=531599&s2=1&p=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWelt%3A%3AAmerika::USA%3A%20Demokratie%20unter%20Druck&di=&an=&ac=&x1=1&x2=1&x3=72267320&x4=12325&x5=USA%3A%20Demokratie%20unter%20Druck&x6=1&x7=%2Fde%2Fusa-demokratie-unter-druck%2Fa-72267320&x8=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste&x9=20250420&x10=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWelt%3A%3AAmerika" />
Item URL https://www.dw.com/de/usa-demokratie-unter-druck/a-72267320?maca=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste
Image URL (460 x 259) https://static.dw.com/image/71836385_302.jpg
Image caption In Kampfeslaune: US-Präsident Trump, hier bei seiner Rede vor dem US-Kongress Anfang März
Image source Ben Curtis/AP Photo/picture alliance
RSS Player single video URL https://rssplayer.dw.com/index.php?lg=de&pname=&type=abs&f=https://tvdownloaddw-a.akamaihd.net/dwtv_video/flv/ea/ea250326_TschechienNEU_AVC_640x360.mp4&image=https://static.dw.com/image/71836385_302.jpg&title=USA%3A%20Demokratie%20unter%20Druck

Item 25
Id 72273820
Date 2025-04-17
Title US-Abschiebungen nach El Salvador: Gefangen im Terrorknast
Short title US-Abschiebungen nach El Salvador: Gefangen im Terrorknast
Teaser In den USA ist eine juristische Schlammschlacht um Abschiebungen nach El Salvador entbrannt. Experten warnen: Das Abkommen zwischen Trump und Nayib Bukele sei "illegal". Nur: Hilft das den Betroffenen?

Schon seit Donald Trumps Amtsantritt im Januar fürchten sich irregulär in die USA eingewanderte Migrantinnen und Migranten verstärkt vor ihrer drohenden Abschiebung. Jetzt hat diese Bedrohung eine neue Dimension angenommen: die Möglichkeit, in einem Hochsicherheitsgefängnis in El Salvador zu landen.

Seit März 2025 hat die Regierung von Donald Trump insgesamt 271 salvadorianische und venezolanische Migranten aus den Vereinigten Staaten ausgewiesen, um sie im Megagefängnis CECOT in El Salvador inhaftieren zu lassen. Washington behauptet, die Menschen seien Mitglieder krimineller Organisationen, doch Beweise konnte man dafür bislang nicht vorlegen.

Offenbar auch Unschuldige aus den USA abgeschoben

Stattdessen warnen Angehörige und Menschenrechtsorganisationen, dass sich unter den Abgeschobenen auch Unschuldige befinden, die nicht vorbestraft sind. Der symbolträchtigste Fall ist der des Salvadorianers Kilmar Ábrego García. Er war, so stellt es die US-Regierung zunächst dar, wegen eines "Verfahrensfehlers" ausgewiesen worden.

Ábrego Garcia war US-Medien zufolge wohl 2011 als Teenager auf der Flucht vor Bandengewalt illegal in die USA eingereist. Sein Asylantrag wurde zwar 2019 abgelehnt, aber er erhielt Schutz vor Abschiebung wegen drohender Verfolgung und eine Arbeitsgenehmigung. Dennoch wurde der 29-jährige Familienvater Mitte März festgenommen und kurz darauf abgeschoben.

Die US-Regierung spricht mittlerweile nicht mehr von einem Verfahrensfehler, sondern behauptet nun, Ábrego Garcia sei Mitglied der berüchtigten Bande MS-13. Seine Anwälte bestreiten das.

Bis heute weigern sich der US-Präsident und sein salvadorianischer Amtskollege Nayib Bukele, Garcia freizulassen und in die Vereinigten Staaten zurückzubringen. Trump ignoriert damit sogar eine entsprechende Anordnung des Obersten Gerichtshofs der USA.

Stattdessen spielt der US-Präsident mittlerweile sogar öffentlich mit dem Gedanken, auch bestimmte US-Amerikaner in CECOT einsperren zu lassen.

Das CECOT - zu deutsch: "Zentrum zur Eindämmung des Terrorismus" - ist das größte Hochsicherheitsgefängnis Lateinamerikas. Es wurde im Januar 2023 eröffnet und hat Platz für 40.000 Inhaftierte, die unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen überwacht werden.

Keine Informationen über die Identität der Abgeschobenen

Ana María Méndez Dardón, Direktorin für Zentralamerika bei der US-amerikanischen Menschenrechtsorganisation WOLA, weist darauf hin, dass die Identität und der Aufenthaltsort der seit März aus den USA Abgeschobenen derzeit unbekannt sind. Es ist also nicht klar, ob die Menschen tatsächlich im CECOT oder in einem anderen salvadorianischen Gefängnis festgehalten werden.

"Ohne ihre Identität zu kennen, ist es schwierig zu überprüfen, ob sie wirklich vorbestraft sind. Deshalb haben acht US-Kongressabgeordnete inmitten dieser schweren Menschenrechtskrise einen Brief an Außenminister Rubio geschickt und ihn aufgefordert, den Kongress über die Details der Vereinbarung zu informieren", erklärt Dardón der DW.

Keine Transparenz über das Abschiebe-Abkommen

"Das Abkommen wurde nicht veröffentlicht, was einen schweren Verstoß gegen die Grundsätze der Transparenz und Rechenschaftspflicht darstellt", erklärt Irene Cuellar, Regionalreferentin des Amerika-Büros von Amnesty International (AI). "Aus Presseberichten geht jedoch hervor, dass die USA der salvadorianischen Regierung für ein Jahr sechs Millionen Dollar für die Inhaftierung dieser Menschen überweisen", berichtet Cuellar der DW.

Sie spricht daher sogar von einem "erzwungenen Verschwinden" der Abgeschobenen. Denn diesen würde weder Kontakt zu ihren Familien noch Zugang zu einem Rechtsbeistand gewährt.

Ihrer Meinung nach öffnet der Pakt "die Tür zur Normalisierung institutioneller Gewalt als Instrument des Migrationsmanagements und der Außenpolitik". Darüber hinaus, so Cuellar weiter, "greift er direkt die Grundpfeiler jeder Demokratie an: die Unschuldsvermutung, ein ordentliches Gerichtsverfahren und das absolute Verbot willkürlicher Inhaftierung".

US-Abschiebungen sind "illegal und beispiellos"

Menschen aus den USA auszuweisen, um sie dann in einem zentralamerikanischen Gefängnis festzuhalten, "ist völlig illegal und beispiellos", erklärt auch die salvadorianische Anwältin Leonor Arteaga Rubio, Programmdirektorin der Stiftung für Rechtsstaatlichkeit (DPLF).

"In einer Demokratie sollte das Gericht eine sofortige Freilassung dieser Menschen anordnen. Aber in El Salvador gibt es keine Unabhängigkeit der Gewalten, das Gericht macht, was Bukele will", sagt sie und fügt hinzu, dass "keine Demokratie ein solches Modell unterstützen, geschweige denn nachahmen sollte".

Und doch geht Anwältin Rubio davon aus, dass das Abkommen "lange Zeit Bestand haben wird". Sowohl Trump als auch Bukele wollten die Botschaft aussenden, "dass jeder, der als Feind von Trump gilt, in Bukeles Gefängnis geschickt werden kann, das wie ein schwarzes Loch funktioniert, ein neues Guantánamo, aus dem es keinen Ausweg gibt." In El Salvador könne kein Richter dem Einhalt gebieten. "Das Gesetz in diesem Gefängnis ist das von Bukele, mit Trumps voller Unterstützung".

Trump gegen die Gerichte?

Und in den USA? Auch dort ist zumindest ungewiss, wie das juristische Tauziehen um Kilmar Ábrego Garcia enden wird. Denn die US-Regierung weigert sich beharrlich, Schritte für eine Rückführung des Salvadorianers einzuleiten. Im Gegenteil: Sie wirft dem 29-Jährigen weiter vor, ein kriminelles Bandenmitglied zu sein, ohne dafür Belege zu liefern.

"Es gibt keinerlei Beweise dafür, dass er eine Straftat begangen hat, und auch von den Vereinigten Staaten wurden keine Beweise dafür vorgelegt", bekräftigte Chris Van Hollen, der demokratische Senator des Bundesstaates Maryland, in dem Ábrego Garcia lebt.

Recherchen von US-Medien lassen auch Zweifel an der kriminellen Vergangenheit anderer, bereits nach El Salvador abgeschobener Migranten aufkommen. Vor diesem Hintergrund wirf Van Hollen der Trump-Regierung Lüge vor und kritisiert, dass sich die Trump-Regierung einfach über richterliche Anordnungen hinwegsetze.

Dies gilt womöglich auch für die juristische Vorgabe, wonach die bisher mehr als 200 nach El Salvador Abgeschobenen juristisch nicht "als Gruppe" betrachtet werden dürfen, sondern dass jeder Fall einzeln geprüft werden muss. Trumps Reaktion: Das würde hundert Jahre dauern, die Gerichte seien völlig "außer Kontrolle".

"Juristischer Schwebezustand"

Es besteht also durchaus die Gefahr, dass weder auf salvadorianischer noch auf US-amerikanischer Seite die Gerichte über das Schicksal der Abgeschobenen entscheiden. Ihr Schicksal hänge deshalb allein vom "politischen Willen" der beteiligten Behörden ab, sagt Roberto López Salazar, Koordinator der Beobachtungsstelle für Menschenrechte (Observatorio Universitario de Derechos Humanos, OUDH) der Zentralamerikanischen Universität José Simeón Cañas.

Damit der Fall nicht in einem juristischen Schwebezustand verbleibe und womöglich in Straflosigkeit ende, sei nun internationaler Druck nötig, meint López Salazar.

Und Irene Cuéllar von Amnesty International fügt hinzu: "Solange es keine wirklichen politischen oder rechtlichen Konsequenzen gibt, wächst das Risiko, dass dieses Modell der Migrationskontrollpolitik auch in andere Staaten exportiert wird."

Dieser Beitrag wurde aus dem Spanischen adaptiert und um aktuelle Entwicklungen erweitert von Thomas Latschan.

Short teaser In den USA ist eine juristische Schlammschlacht um Abschiebungen nach El Salvador entbrannt. Hilft das den Betroffenen?
Analytics pixel
<img width="1" height="1" alt="" src="http://logc279.xiti.com/hit.xiti?s=531599&s2=1&p=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWelt%3A%3AAmerika::US-Abschiebungen%20nach%20El%20Salvador%3A%20Gefangen%20im%20Terrorknast&di=&an=&ac=&x1=1&x2=1&x3=72273820&x4=12325&x5=US-Abschiebungen%20nach%20El%20Salvador%3A%20Gefangen%20im%20Terrorknast&x6=1&x7=%2Fde%2Fus-abschiebungen-nach-el-salvador-gefangen-im-terrorknast%2Fa-72273820&x8=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste&x9=20250417&x10=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWelt%3A%3AAmerika" />
Item URL https://www.dw.com/de/us-abschiebungen-nach-el-salvador-gefangen-im-terrorknast/a-72273820?maca=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste
Image URL (460 x 259) https://static.dw.com/image/72041610_302.jpg
Image caption Mehr als 250 Migranten wurden im März von den USA ins salvadorianische Hochsicherheitsgefängnis CECOT abgeschoben - laut US-Regierung handelt es sich angeblich um Mitglieder krimineller Banden
Image source El Salvador Presidency/Handout/Anadolu/picture alliance
RSS Player single video URL https://rssplayer.dw.com/index.php?lg=de&pname=&type=abs&image=https://static.dw.com/image/72041610_302.jpg&title=US-Abschiebungen%20nach%20El%20Salvador%3A%20Gefangen%20im%20Terrorknast

Item 26
Id 72234869
Date 2025-04-14
Title Literaturnobelpreisträger Mario Vargas Llosa gestorben
Short title Literaturnobelpreisträger Mario Vargas Llosa gestorben
Teaser Mit 89 Jahren ist Mario Vargas Llosa gestorben. Der peruanische Autor von Romanen wie "Die Stadt und die Hunde" und "Das grüne Haus" galt als einer der wichtigsten lateinamerikanischen Schriftsteller.

Mario Vargas Llosa wurde in den 1960er-Jahren zu einer der Schlüsselfiguren der lateinamerikanischen Literaturszene. Er schrieb bis ins hohe Alter preisgekrönte Romane, und seine Bücher wurden in viele Sprachen übersetzt. Wie seine Familie in Lima mitteilte, ist er am 13. April 2025 (Ortszeit) im Alter von 89 Jahren gestorben.

Im Laufe seiner Karriere hat Vargas Llosa zahlreiche Preise und Ehrungen gewonnen, darunter den französischen Titel "Ritter der Ehrenlegion", den spanischen Prinz-von-Asturien- sowie den Cervantes-Preis und den Friedenspreis des deutschen Buchhandels. 2010 verlieh ihm die Schwedische Akademie den Literaturnobelpreis "für seine Kartographie der Machtstrukturen und scharfkantigen Bilder individuellen Widerstands, des Aufruhrs und der Niederlage".

"Wir wären schlechtere Menschen ohne die guten Bücher, die wir gelesen haben – angepasster, nicht so rastlos, unterwürfiger. Und der kritische Geist, der Motor des Fortschritts, würde nicht einmal existieren. Lesen, wie Schreiben, ist ein Protest gegen die Unzulänglichkeiten des Lebens", sagte Vargas Llosa in seiner Dankesrede am 7. Dezember 2010 in Stockholm.

Und er fügte hinzu: "Gute Literatur baut Brücken zwischen verschiedenen Völkern, und indem sie uns Freude bereitet, leiden lässt oder überrascht, vereint sie uns über Sprachen, Glaubensrichtungen, Traditionen, Bräuche und Vorurteile hinweg, die uns sonst trennen." 2016 wurde Vargas Llosa der erste spanischsprachige Autor in der Klassiker-Buchreihe "Bibliothèque de la Pléiade" des renommierten französischen Verlags Gallimard. 2021 wurde er Mitglied der altehrwürdigen Gelehrtengesellschaft der Académie française.

Wichtige Stimme der Literatur Lateinamerikas

Am 28. März 1936 wurde der zukünftige Literaturstar als Jorge Mario Pedro Vargas Llosa in Arequipa, Peru, geboren. Seine Kindheit verbrachte er mit seiner alleinerziehenden Mutter, die aus der peruanischen Mittelschicht stammte, in Bolivien, bevor sich die gesamte Familie im Norden Perus niederließ. Als Teenager besuchte er die Militärakademie in Lima und arbeitete danach als Lokaljournalist. Seine ersten Kurzgeschichten veröffentlichte Vargas Llosa als Student der Rechtswissenschaften und Literatur in den späten Fünfzigern. 1959 zog er für einige Jahre nach Paris.

Sein erster Roman, "Die Stadt und die Hunde", erschien 1963 und wurde sofort ein Erfolg. Das Buch spielt in der Militärakademie, die er als Jugendlicher besuchte. Drei Jahre später folgte "Das grüne Haus", das ebenfalls in Peru spielt. Damit zementierte Vargas Llosa endgültig seinen Ruf als wichtigste neue Stimme Lateinamerikas.

In den Jahrzehnten, die folgten, schrieb Mario Vargas Llosa zahlreiche weitere erfolgreiche Romane, darunter "Der Krieg am Ende der Welt" (1981) oder der Polit-Thriller "Das Fest des Ziegenbocks" (2000).

Politisch aktiv - mit spanischem Adelstitel

Der gebürtige Peruaner hat im Laufe seiner Karriere in vielen Städten auf der Welt gelebt und in Universitäten in den USA, Südamerika und Europa gelehrt. Von 1976 bis 1979 war Vargas Llosa Präsident des internationalen Schriftstellerverbandes PEN. Seine gesamte Laufbahn hindurch war Mario Vargas Llosa politisch aktiv. Wie viele andere Schriftsteller seiner Generation war er in seiner Jugend vom Marxismus geprägt, wandte sich später jedoch der liberalen Demokratie zu. 1990 stellte sich Vargas Llosa in Peru zur Wahl als Präsident, kam jedoch nicht zum Zug.

Später wurde er spanischer Staatsbürger. König Juan Carlos I. erhob Vargas Llosa 2011 in den Adelsstand und verlieh ihm den Erbtitel "Marquesado de Vargas Llosa". In einem Interview mit der dänischen Website "Louisiana Channel" warnte der Autor 2020, dass "Bilder Ideen als große Protagonisten der zeitgenössischen Kultur ersetzt" hätten. Ein Phänomen, das ihn beunruhige, "denn wenn Bilder Ideen vollständig ersetzen, werden die Mächtigen dieser Welt die Gesellschaft sehr leicht manipulieren können."

Späte Präsenz in Klatschmagazinen

Mario Vargas Llosa war zweimal verheiratet. Seine zweite Ehe mit Patricia, seiner Cousine ersten Grades, hielt mehr als 50 Jahre. 2015 wurde der Literaturnobelpreisträger zum Ziel der Paparazzi, als seine Romanze mit Isabel Preysler, Exfrau des spanischen Sängers Julio Iglesias und Witwe des ehemaligen spanischen Wirtschaftsministers Miguel Boyer, bekannt wurde und Vargas Llosa seine Frau Patricia verließ. 2022 trennten sich Preysler und Vargas Llosa.

"Vargas Llosa ist ein neugieriger Kosmopolit, der ein lebhaftes Interesse an den Phänomenen unserer Zeit hat und gleichzeitig aktiv daran teilnimmt. Das erklärt seine Kandidatur für die peruanische Präsidentschaft oder wieso er in seinem Alter immer noch den Drang verspürt, über Venezuela oder Mexiko zu schreiben", sagte Jürgen Dormagen, langjähriger Lektor von Vargas Llosas Büchern beim Suhrkamp Verlag, anlässlich des 80. Geburtstag des Nobelpreisträgers.

Das von der Kritik gelobte erste Kinderbuch des Autors erschien 2010 und trug den Titel "Fonchito y la luna" ("Fonchito und der Mond"). 2019 veröffentlichte Vargas Llosa seinen Roman "Harte Jahre" über den Putsch in Guatemala 1954. 2023 erschien sein letztes Werk: "Ich widme ihr mein Schweigen". In seinem 20. Werk beschäftigte sich der Autor mit peruanischer Populärmusik.

Mario Vargas Llosa zitierte einmal seine Frau Patricia mit den Worten: "Mario, das einzige, wozu du taugst, ist das Schreiben." Er sagt, er nehme dies als Kompliment, und tatsächlich hat er den Großteil seiner Zeit in das investiert, was er 2010 in Stockholm "die Leidenschaft, das Laster, das Wunder des Schreibens" nannte.

Short teaser Mit Romanen wie "Das grüne Haus" galt der Peruaner als einer der wichtigsten lateinamerikanischen Schriftsteller.
Analytics pixel
<img width="1" height="1" alt="" src="http://logc279.xiti.com/hit.xiti?s=531599&s2=1&p=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AKultur::Literaturnobelpreistr%C3%A4ger%20Mario%20Vargas%20Llosa%20gestorben&di=&an=&ac=&x1=1&x2=1&x3=72234869&x4=1534&x5=Literaturnobelpreistr%C3%A4ger%20Mario%20Vargas%20Llosa%20gestorben&x6=1&x7=%2Fde%2Fliteraturnobelpreistr%C3%A4ger-mario-vargas-llosa-gestorben%2Fa-72234869&x8=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste&x9=20250414&x10=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AKultur" />
Item URL https://www.dw.com/de/literaturnobelpreisträger-mario-vargas-llosa-gestorben/a-72234869?maca=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste
Image URL (460 x 259) https://static.dw.com/image/72234920_302.jpg
Image caption Mario Vargas Llosa bei einer Konferenz in Madrid 2023
Image source Atilano Garcia/SOPA Images/ZUMA Press/picture alliance
RSS Player single video URL https://rssplayer.dw.com/index.php?lg=de&pname=&type=abs&image=https://static.dw.com/image/72234920_302.jpg&title=Literaturnobelpreistr%C3%A4ger%20Mario%20Vargas%20Llosa%20gestorben

Item 27
Id 72108605
Date 2025-04-01
Title USA: Trumps Feldzug gegen Vielfalt und Inklusion
Short title USA: Trumps Feldzug gegen Vielfalt und Inklusion
Teaser Die US-Regierung geht massiv gegen Programme für Vielfalt, Gerechtigkeit und Inklusion vor: Hochschulen und Unternehmen werden gegängelt, Archive durchkämmt. Das sei Teil einer größeren Strategie, meinen Expertinnen.

Vor allem Transpersonen kämpften 1969 beim Stonewall-Aufstand in der Christopher Street in New York mutig für die Rechte queerer Menschen, ein Meilenstein für die LGBTQ+-Bewegung. Doch nun werden seit einigen Wochen ausgerechnet Transpersonen - genauso wie intersexuelle und queere Menschen - auf der Website des Stonewall-Denkmals nicht mehr erwähnt.

Auf der Seite der US-Nationalparkbehörde über das Monument in der Christopher Street ist die Abkürzung auf LGB zusammengeschrumpft. Offiziell sind damit Lesben, Schwule und Bisexuelle gemeint. In Internetarchiven findet man noch den früheren Text der Seite.

Die Nationalparkbehörde ist eine von vielen US-Institutionen, die angewiesen wurden, bestimmte Begriffe in offiziellen Verlautbarungen zu vermeiden. Die "New York Times" hat 200 dieser Begriffe veröffentlicht - neben LGBTQ stehen zum Beispiel "black" (schwarz), "marginalized" (marginalisiert) oder "discrimination" (Diskriminierung) darauf. Zensur ist eine von vielen Ebenen, auf denen die Administration von Präsident Donald Trump gegen Vielfalt, Gerechtigkeit und Inklusion vorgeht. Im amerikanischen Sprachgebrauch ist das Themenfeld mit der Abkürzung DEI ("Diversity, Equity and Inclusion") fest verankert - auch dieser Begriff steht auf der Liste.

Was will die Trump-Regierung damit erreichen?

"Wir sehen eine Administration, die aktiv den Dialog über den anhaltenden Kampf für Gleichberechtigung in unserem Land unterdrücken will", analysiert Laura Ann Sanchez, Soziologie-Professorin an der Bowling Green State University im Bundesstaat Ohio.

"Ich kann nicht sagen, ob diese Aktionen auf Rassismus, Homophobie, Misogynie oder der unverhohlenen Feindseligkeit gegen Errungenschaften der Bürgerrechtsbewegung fußen", schreibt Sanchez in einer Email an die DW. Und gerade dadurch, dass viele Institutionen eigene DEI-Konzepte verfasst und das Thema somit bürokratisiert hätten, werde es leichter, dagegen vorzugehen. Im Januar hatte Trump Ministerien und Bundesbehörden aufgefordert, alle DEI-Programme zu streichen.

Aus Sicht der auf Amerikas religiöse Rechte spezialisierten Journalistin und Autorin Annika Brockschmidt verfolgt die Trump-Administration mit solchen Anweisungen ein Ziel: "Das ist letzten Endes der Versuch, eine Scheindebatte aufzumachen, damit nicht darüber geredet wird, was eigentlich passiert", sagt Brockschmidt im Gespräch mit der DW. Denn die Regierung versuche ihrer Meinung nach eine "Re-Segregation", also eine erneute Spaltung. Das gelte nicht nur für die Verwaltung, sondern auch für die Gesellschaft.

In weiten Teilen der USA galten bis in die 1960er-Jahre hinein rassistische Gesetze, die Schwarze systematisch benachteiligten. Unter dem Druck der Bürgerrechtsbewegung wurden sie nach und nach aufgehoben: So erließ Präsident Lyndon B. Johnson 1965 eine Exekutivorder, die staatliche Arbeitgeber zu einem diskriminierungsfreien Umgang mit ihrem Personal verpflichtete und diese Bedingung auch an staatliche Auftragnehmer knüpfte.

Schwarze, hispanische, weibliche Soldaten und die "Enola Gay" - nicht mehr auffindbar

Diese fast 60 Jahre alte Exekutivorder widerrief Trump am Tag nach seiner Rückkehr ins Weiße Haus mit einem eigenen Dekret, überschrieben mit den Worten: "Illegale Diskriminierung beenden und leistungsbasierte Möglichkeiten wiederherstellen". Darin ist auch die Rede von "illegalen DEI-Richtlinien, die die Sicherheit amerikanischer Männer, Frauen und Kinder gefährden". Für Autorin Brockschmidt ein "Kampf der amerikanischen Rechten gegen die Errungenschaften der Bürgerrechtsbewegung."

Dazu passt, dass auf Webseiten des Militärs Einträge über die Leistungen schwarzer, hispanischer oder weiblicher Veteranen nicht mehr auffindbar sind. Auf der Seite des Verteidigungsministeriums blendet die Suchfunktion sogar alle Ergebnisse für den Suchbegriff "Enola Gay" aus, möglicherweise weil "Gay" im Englischen homosexuell bedeutet. Doch in diesem Fall ist dies der Name der Mutter eines Airforce-Piloten - und ihr zu Ehren auch der des B29-Bombers, mit dem am 6. August 1945 die Atombombe auf Hiroshima abgeworfen wurde.

Trump versprach in seiner Rede zum Amtsantritt am 20. Januar, eine "farbenblinde und auf Leistung basierende Gesellschaft" schmieden zu wollen. Brockschmidt findet, dieses Argument könne man nicht ernst nehmen - angefangen bei Trumps Verteidigungsminister Pete Hegseth: "Ein Ex Fox-News-Moderator, der nicht annähernd den militärischen Rang oder die Erfahrung seiner Vorgänger erreicht. Und gleichzeitig sitzt er in Senatsanhörungen und redet davon, dass man nicht weiß, ob schwarze Armeemitglieder oder Frauen ihre Posten in der Armee aufgrund ihrer Qualifikation bekommen haben."

Der Bildungssektor ist besonders in Trumps Fokus

Besonders weitreichend sind die Anti-DEI-Maßnahmen der Trump-Administration jedoch im Bildungssektor: Mitte März ordnete die Bildungsministerin und frühere Wrestling-Managerin Linda McMahon die Überprüfung von 52 Hochschulen an, um sicherzustellen, dass Universitäten ihre Studierenden nicht auf der Basis von Ethnie und entsprechenden Stereotypen diskriminierten.

Kurz darauf erließ Trump eine Exekutivorder zur weitgehenden Zerschlagung des Bildungsministeriums - in der er auch anordnete, dass alle vom Ministerium finanziell geförderten Einrichtungen "illegale Diskriminierung beenden müssen, die unter dem DEI-Etikett oder ähnlicher Begriffe zugunsten von Gender-Ideologie verschleiert werden".

"Wie viele Akademiker und Experten bereits ausgeführt haben, führt Trump uns in den Faschismus. Die endlosen Exekutivorder sind als Ablenkung gedacht", schreibt Abby Ferber, Soziologieprofessorin an der University Colorado in Colorado Springs, auf Anfrage der DW.

"Es ist offensichtlich, dass Trump auf Kriegsfuß mit der höheren Bildung steht", so Ferber weiter: "Er wird bedroht von einer gut gebildeten Gesellschaft mit der Fähigkeit zu kritischem Denken. Er und viele jener, mit denen er sich umgibt, wollen eine weißgewaschene Version der US-Geschichte wiederherstellen, die in den vergangenen 50 Jahren allmählich abgeschliffen wurde." Das alte Narrativ der weißen Männer als Opfer werde genutzt, um die Bevölkerung zu spalten.

Auch in der Wirtschaft wird DEI zum Testfall

Trumps Maßnahmen gegen DEI machen auch vor Grenzen nicht halt: Ende März wandten sich die US-Botschaften in Frankreich und Belgien an Unternehmen mit Handelsbeziehungen nach Amerika, um sie zur Einstellung eigener DEI-Aktivitäten zu drängen. Die Regierungen beider Länder wiesen die Forderungen zurück.

In den USA haben viele große Unternehmen wie Amazon, Boeing, Ford, Google, Harley-Davidson, John Deere, McDonalds, Meta oder Walmart bereits ihre DEI-Regeln aufgeweicht oder abgeschafft. Andere - darunter Apple, Coca-Cola, Costco und Delta - haben erklärt, daran festhalten zu wollen.

Für DEI gebe es ökonomische Argumente, erläutert Soziologin Ferber: "Eine Fülle von Forschungsergebnissen zeigt, dass Diversität wirtschaftlich sinnvoll ist. Diverse Gruppen sind innovativer und besser in der Problemlösung. Wenn es den Unternehmen nicht gelingt, eine vielfältige Belegschaft zu halten, kostet sie das Milliarden."

Die Gegenströmung gegen DEI habe nicht erst mit der erneuten Wahl Trumps angefangen, meint Brockschmidt und verweist auf mehr als 30 solcher Gesetze, die seit 2022 auf Ebene einzelner Bundesstaaten geschrieben wurden. "Acht davon sind bereits unterzeichnet worden - in Staaten wie Texas und Florida. Davon werden wir noch mehr sehen - gerade jetzt, wo die Regierung diesen Weg eingeschlagen hat."

Short teaser Hochschulen und Unternehmen werden gegängelt, Archive durchkämmt. Das sei Teil einer größeren Strategie, sagen Experten.
Analytics pixel
<img width="1" height="1" alt="" src="http://logc279.xiti.com/hit.xiti?s=531599&s2=1&p=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWelt%3A%3AAmerika::USA%3A%20Trumps%20Feldzug%20gegen%20Vielfalt%20und%20Inklusion&di=&an=&ac=&x1=1&x2=1&x3=72108605&x4=12325&x5=USA%3A%20Trumps%20Feldzug%20gegen%20Vielfalt%20und%20Inklusion&x6=1&x7=%2Fde%2Fusa-trumps-feldzug-gegen-vielfalt-und-inklusion%2Fa-72108605&x8=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste&x9=20250401&x10=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWelt%3A%3AAmerika" />
Item URL https://www.dw.com/de/usa-trumps-feldzug-gegen-vielfalt-und-inklusion/a-72108605?maca=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste
RSS Player single video URL https://rssplayer.dw.com/index.php?lg=de&pname=&type=abs&title=USA%3A%20Trumps%20Feldzug%20gegen%20Vielfalt%20und%20Inklusion

Item 28
Id 72104322
Date 2025-04-01
Title Trumps Traum von einer dritten Amtszeit
Short title Trumps Traum von einer dritten Amtszeit
Teaser US-Präsident bleiben über 2029 hinaus? Donald Trump spekuliert offen darüber, sich ein drittes Mal wählen zu lassen. Die US-Verfassung verbietet das ausdrücklich. Trump zufolge gebe es dennoch Mittel und Wege.

Immer wieder kokettierte Donald Trump seit seiner Wiederwahl zum US-Präsidenten damit, auch für eine dritte Amtszeit antreten zu wollen. Nun gibt es neue Hinweise darauf, wie ernst es ihm damit zu sein scheint: Im Weißen Haus sagte der US-Präsident gerade vor Journalisten, viele seiner Anhänger wollten, dass er nach seiner Amtszeit noch vier weitere Jahre im Amt bleibt. Auf die Frage, ob er noch einmal kandidieren wolle, antwortete Trump: "Ich weiß nicht, ich habe mir das nie so richtig angeschaut." Es gebe aber Menschen, die sagten, dass es Wege gebe, mit denen das möglich wäre.

Auch in einem Telefonat mit dem US-Nachrichtensender NBC News hatte Trump sich in diese Richtung geäußert: "Warum nicht? Ich arbeite gerne", sagte er dort. Und: "Ich mache keine Witze!"

Was sagt die US-Verfassung?

Trump hat nur ein Problem: die US-amerikanische Verfassung. Die untersagt es ihm nämlich eindeutig, ein drittes Mal gewählt zu werden. Im 22. Verfassungszusatz heißt es: "Keine Person darf mehr als zwei Mal in das Amt des Präsidenten gewählt werden."

Die Tradition, dass US-Präsidenten nur zwei Amtszeiten ausüben dürfen, geht schon auf den US-amerikanischen Gründervater George Washington zurück. Er war von 1789 bis 1797 der erste Präsident der USA, schied aber nach zwei Amtszeiten freiwillig und aus Altersgründen aus dem Amt.

Fast 150 Jahre lang hielten sich alle seine Nachfolger an diese unausgesprochene Regelung. Der bislang einzige Präsident, der länger regierte, war Franklin D. Roosevelt - seine Amtszeit dauerte insgesamt von 1933 bis 1945. Er brach während des Zweiten Weltkrieges aufgrund der besonderen außenpolitischen Situation mit der bisherigen Tradition, kandidierte für eine dritte Amtszeit und wurde 1944 sogar ein viertes Mal gewählt, starb allerdings wenige Monate darauf.

Der US-Kongress kam allerdings schon kurz nach Roosevelts Tod zu der Auffassung, dass dies eine einmalige Ausnahmesituation bleiben sollte. Schon 1947 brachte er den 22. Verfassungszusatz auf den Weg, der die Amtszeit des US-Präsidenten schwarz auf weiß auf zwei Wahlperioden beschränken sollte. Dieser Zusatz wurde bis 1951 von allen US-Bundesstaaten ratifiziert.

Szenario I: Verfassungsänderung

Dennoch scheint Donald Trump derzeit zu testen, welche Schlupflöcher es in der Verfassung möglicherweise geben könnte, die es ihm eventuell doch ermöglichen könnten, länger Präsident zu sein als insgesamt acht Jahre.

Ein Szenario wäre eine Verfassungsänderung. Der republikanische Abgeordnete Andy Ogles brachte schon im Januar einen Entwurf für eine solche Änderung in das US-Repräsentantenhaus ein: Demzufolge soll es Präsidenten, die keine zwei aufeinanderfolgende Amtszeiten regiert hatten, ermöglicht werden, ein drittes Mal anzutreten. Der Entwurf ist quasi maßgeschneidert für Trump, dessen beide Amtszeiten von der Regierungszeit des US-Demokraten Joe Biden getrennt worden waren.

Realistische Chancen, angenommen zu werden, hat der Gesetzesentwurf jedoch nicht. In beiden Kammern des Kongresses würde dafür eine Zweidrittelmehrheit benötigt. Die Republikaner besitzen jedoch lediglich einfache Mehrheiten und wären auf Stimmen der oppositionellen US-Demokraten angewiesen. Diese stehen Trump jedoch in erbitterter politischer Feindschaft gegenüber. Außerdem müssten mindestens drei Viertel aller US-Bundesstaaten zustimmen - derzeit sind lediglich 27 von ihnen republikanisch regiert.

Szenario II: Rollentausch

Einige Rechtsexperten weisen jedoch darauf hin, dass der 22. Verfassungszusatz lediglich besagt, dass ein Präsident nicht für eine dritte Amtszeit "gewählt" werden darf. Darum wird nun darüber spekuliert, ob nicht bei der nächsten Präsidentschaftswahl im Jahr 2028 Vizepräsident J.D. Vance oder ein anderer Republikaner als Kandidat antritt und dann Donald Trump zu seinem Vize ernennt. Nach der Wahl könnte der gewählte Präsident dann zurücktreten und so den Weg freimachen, damit Trump erneut zum Präsidenten aufrückt.

Doch auch einer solchen Möglichkeit haben die Verfassungshüter einen Riegel vorgeschoben: Im 12. Verfassungszusatz aus dem Jahr 1804 heißt es: "Personen, die laut Verfassung nicht wählbar für das Amt des Präsidenten sind, sollen auch nicht wählbar sein für das Amt des Vizepräsidenten der Vereinigten Staaten." Nach derzeitigem Verfassungsstand dürfte Donald Trump nach Ablauf seiner zweiten Amtszeit also weder für das Amt des Präsidenten noch für den Posten als Vizepräsident erneut antreten.

"Weitere Möglichkeiten"

Und doch schloss Donald Trump in seinem Telefonat mit dem US-Sender NBC News eine solche Möglichkeit nicht aus. Der Kandidatentausch sei eine Methode, sagte Trump und erklärte: "Aber es gibt auch andere." Welche genau das seien, führte der US-Präsident nicht näher aus. Im Weißen Haus erklärte er den dort versammelten Journalisten: "Wir haben jetzt erst einmal vier Jahre. Die Zeit rast, aber es sind noch immer fast vier Jahre, und wir bekommen derzeit eine Menge Zuspruch dafür, dass wir schon in den ersten hundert Tagen einen großartigen Job gemacht haben."

Dennoch reißen die Spekulationen darüber nicht ab, dass Donald Trump weiter austestet, unter welchen Umständen er möglicherweise doch 2028 erneut zur Wahl antreten könnte. Er wäre dann 82 Jahre alt.

Short teaser Kann Donald Trump auch nach 2029 US-Präsident bleiben? Die Verfassung sagt nein, doch Trump ist sicher: "Es gibt Wege."
Analytics pixel
<img width="1" height="1" alt="" src="http://logc279.xiti.com/hit.xiti?s=531599&s2=1&p=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWelt%3A%3AAmerika::Trumps%20Traum%20von%20einer%20dritten%20Amtszeit&di=&an=&ac=&x1=1&x2=1&x3=72104322&x4=12325&x5=Trumps%20Traum%20von%20einer%20dritten%20Amtszeit&x6=1&x7=%2Fde%2Ftrumps-traum-von-einer-dritten-amtszeit%2Fa-72104322&x8=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste&x9=20250401&x10=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWelt%3A%3AAmerika" />
Item URL https://www.dw.com/de/trumps-traum-von-einer-dritten-amtszeit/a-72104322?maca=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste
Image URL (460 x 259) https://static.dw.com/image/71949870_302.jpg
Image caption Sein Arbeitsplatz gefällt ihm offensichtlich sehr: US-Präsident Donald Trump an seinem Schreibtisch im Oval Office
Image source Evan Vucci/AP/picture alliance
RSS Player single video URL https://rssplayer.dw.com/index.php?lg=de&pname=&type=abs&image=https://static.dw.com/image/71949870_302.jpg&title=Trumps%20Traum%20von%20einer%20dritten%20Amtszeit

Item 29
Id 72026519
Date 2025-03-28
Title Warum Trumps Klimapolitik nicht nur für die USA teuer wird
Short title Warum Trumps Klimapolitik nicht nur für die USA teuer wird
Teaser Der neue Chef der US-Umweltbehörde EPA, Lee Zeldin, will den Klimaschutz massiv zurückfahren. Den Preis für den Rückbau der boomenden grünen Wirtschaft und für Wetterextreme zahlen die Menschen.

Schon an seinem ersten Arbeitstag im Weißen Haus setzte Donald Trump den Rotstift an: Der neue Präsident der USA unterzeichnete gleich mehrere Dekrete, die für die US-Klimapolitik und die Produktion erneuerbarer Energie radikale Rückschritte bedeuten.

Ein Dekret ruft den "nationalen Energienotstand" aus. Ein anderes trägt den Titel "Entfesselung der amerikanischen Energie". Darin werden "ideologisch motivierte Vorschriften" dafür verantwortlich gemacht, dass "zuverlässige und erschwingliche Elektrizität" aus Öl, Gas und Kohle eingeschränkt werde.

Wie im Wahlkampf angekündigt, nahm Trump auch die Windenergie ins Visier und ordnete an, dass alle Genehmigungen für neue Offshore Projekte und für staatliche Pachtverträge vorübergehend ausgesetzt werden.

Die Öl- und Gasproduktion in den USA, hatte unter Joe Biden ihren Höhepunkt überschritten. Nach Angaben der US-Energie-Informationsbehörde waren 2024 die durchschnittlichen Strompreise in fast allen US-Bundesstaaten niedriger und stabiler als im Vorjahr.

Dies lag teils an niedrigen Preisen für Erdgas, zum anderen Teil daran, dass es viel kostengünstige erneuerbare Energie im Stromnetz sowie mehr Batteriespeicher gab. Die Kosten für erneuerbare Technologien sind in den letzten Jahren stark gesunken.

In seinen Dekreten greift Trump auch die Politik der Vorgängerregierung zur Energiewende an. Sie behindere die "Schaffung von Arbeitsplätzen", so die neue Regierung. Doch tatsächlich sind in den USA im Sektor der erneuerbaren Energien rund dreimal so viele Arbeitskräfte beschäftigt wie in der traditionellen fossilen Energiewirtschaft.

Im Jahr 2023 war das Beschäftigungswachstum bei den Erneuerbaren sogar mehr als doppelt so hoch wie auf dem "starken" US-Arbeitsmarkt insgesamt. Im Jahr zuvor machten Jobs im nachhaltigen Energiesektor bereits über 84 Prozent der neuen Arbeitsplätze in der Stromerzeugung aus.

Lee Zeldin will "Dolch durch das Herz der Klimawandel-Religion stoßen"

Diesen Monat kündigte der neue Leiter der US-Umweltschutzbehörde EPA, Lee Zeldin, an, er werde 31 Vorschriften und Finanzmittel im Bereich Klima- und Umweltschutz und bei der Finanzierung sauberer Energien streichen.

"Wir halten unsere Versprechen, die amerikanische Energie freizusetzen, die Kosten für die Amerikaner zu senken und die amerikanische Autoindustrie wiederzubeleben", sagte Zeldin in einem Video, das auf der Social-Media-Plattform X veröffentlicht wurde. "Wir treiben einen Dolch durch das Herz der Klimawandel-Religion", fügte er hinzu.

Darüber hinaus kündigte Zeldin an, Zuschüsse für saubere Energie und Klimaschutz im Wert von 20 Milliarden Dollar zu streichen, die die Vorgängerregierung von Joe Biden im Rahmen des Fonds zur Verringerung von Treibhausgasen zugesagt hatte. Er habe die Mittel bis zu einer Überprüfung auf "programmatischen Betrug, Verschwendung und Missbrauch" eingefroren, so Zeldin.

Drei Klimaorganisationen, für die 14 Milliarden Dollar an grünen Zuschüssen vorgesehen waren, verklagten die EPA daraufhin – und bekamen zunächst Recht. Ein US-Bundesrichter erklärte, die "vagen und unbegründeten" Behauptungen der EPA über den angeblichen Betrug seien unzureichend. Die Zuschüsse für die drei Klimagruppen wurden nicht gestrichen.

Einschnitte beim US-Klimaschutz kommen die Welt teuer zu stehen

Anfang des Jahres beendete Trump die Beteiligung der USA am Pariser Klimaabkommen. Da die Vereinigten Staaten der zweitgrößte Verursacher von klimaschädlichen Treibhausgasen sind, ist die Sorge groß, dass damit die Bemühungen zur Begrenzung der weltweiten Erderwärmung einen erheblich Rückschlag erleiden.

Das würde auch zu steigenden Kosten für Steuerzahler in den USA und weltweit führen. Ein Bericht der Unternehmensberatung Boston Consulting Group prognostiziert, dass bei einem Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur um drei Grad Celsius bis zum Jahr 2100 - doppelt so viel wie das in Paris festgelegte 1,5-Grad-Ziel - die globale Wirtschaftsleistung um 15 bis 34 Prozent sinken würde.

In den letzten zehn Jahren haben Extremwetterereignisse, die mit dem vom Menschen verursachten Klimawandel in Verbindung stehen, die Weltwirtschaft mehr als zwei Billionen Dollar gekostet. Das zeigt ein aktueller Bericht der Internationalen Handelskammer, ICC.

Allein die Waldbrände in Los Angeles im Januar 2025 verursachten Sach- und Kapitalschäden in Höhe von bis zu 164 Milliarden Dollar.

Boston Consulting stellte weiterhin fest, dass die Kosten für die Untätigkeit bei der Begrenzung der Erderwärmung bis zu 27 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts betragen könnten – eine Summe, die ausreichen würde, um die extreme Armut in der Welt zu beseitigen.

"US-Klimapolitik führt zu Jobverlusten und wirtschaftlichem Niedergang"

Die Trump-Regierungen behauptet, ihre Klimakürzungen würden den Wirtschaftswohlstand der US-Bevölkerung verbessern. Corey Bradshaw, Professor für globale Ökologie an der Flinders University in Südaustralien, hält das für falsch. Den Boom grüner Energien abzuwürgen, werde vielmehr zum Verlust von Arbeitsplätzen und zu wirtschaftlichem Niedergang in den USA führen, so Bradshaw im DW-Interview. "Die Lebenshaltungskosten der Menschen werden steigen und ihre Einkommensmöglichkeiten sinken."

Durch das 2022 von der Biden-Regierung ins Leben gerufene Gesetz Inflation Reduction Act (IRA) flossen hunderte Milliarden Dollar in Technologien für saubere Energie. Schon zwei Jahre später entfiel mehr als die Hälfte des Wachstums bei den privaten Investitionen in den USA auf diesen Sektor, so ein Bericht des Clean Investment Monitor (CIM) aus dem Jahr 2024. Der CIM verfolgt die Finanzierung von Klimatechnologien in den USA.

Am schnellsten wuchs dabei die Produktion von nachhaltigen Energie- und Verkehrstechnologien: um insgesamt 89 Milliarden Dollar innerhalb von zwei Jahren nach der Verabschiedung des IRA. Das war viermal so viel wie die 22 Milliarden Dollar, die die USA vor dem IRA in die Bekämpfung des Klimawandels investiert hatte.

Hauptnutznießer der vom IRA geförderten Maßnahmen waren bislang Bundesstaaten, in denen die Republikanische Partei regiert: Fast 60 Prozent der Projekte liegen in den Kongressbezirken der Republikaner.

Allein im Bundesstaat Georgia wurden seit der Verabschiedung des IRA mehr als 43.000 Arbeitsplätze im Nachhaltigkeitssektor geschaffen und mehr als 30 Milliarden Dollar in erneuerbare Energien investiert. Landesweit wurden mehr als 400.000 neue Arbeitsplätze im Bereich erneuerbarer Energie geschaffen.

Bis zum Jahr 2024 hatte das US-Stromnetz mehr Kapazitäten aus Solarenergie zugelegt als aus jeder anderen Energiequelle in den letzten 20 Jahren

Sylvia Levya Martinez ist Solaranalystin bei der US-Energieberatungsfirma Wood Mackenzie. Ihre Firma is Co-Verfasser einer Studie, die einen Rekord-Zubau an Solarenergie prognostiziert. Nun aber warnt Martinez davor, dass dieser Boom schnell zurückgedreht werden könnte.

"Der Installationsrekord im vergangenen Jahr wurde durch Regeln und Kredite aus dem Inflation Reduction Act begünstigt, die das Interesse am Solarmarkt gefördert haben", erklärt sie. "Wenn viele dieser Maßnahmen abgeschafft oder wesentlich verändert würden, wäre das sehr nachteilig für das weitere Wachstum der Branche."

Wird Trumps Klimapolitik vor Gericht gestoppt?

David Bookbinder glaubt, dass die Bemühungen zum Abbau des Klima- und Umweltschutzes in den USA vor Gericht scheitern werden. Er ist Direktor für Recht und Politik beim Environmental Integrity Project, einer gemeinnützigen Organisation, die sich für den Klimaschutz einsetzt.

"Die EPA kann diese Vorschriften nicht ohne ein langwieriges Verfahren rückgängig machen", sagt Bookbinder. Er verweist darauf, dass die EPA während der ersten Regierungszeit von Donald Trump die meisten ihrer Anti-Klima-Prozesse verloren hatte, weil sie die Verfahrensregeln nicht einhielt.

Ökologie-Professor Corey Bradshaw sagt, dass Trumps Versuche, die Klimavorschriften zurückzunehmen, zwar "unlogisch" seien und eine "sterbende" Fossil-Industrie unterstützen. Doch jede Verzögerung bei der dringend nötigen Senkung von Treibhausgasen würden sich rasch auswirken und "Klimaerfolge verlangsamen".

Redaktion: Tamsin Walker / Adaption aus dem Englischen: Jeannette Cwienk

Short teaser Die Trump-Regierung kürzt massiv beim Klimaschutz. Den Preis für den Rückbau der grünen Wirtschaft zahlen die Menschen.
Analytics pixel
<img width="1" height="1" alt="" src="http://logc279.xiti.com/hit.xiti?s=531599&s2=1&p=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AUmwelt::Warum%20Trumps%20Klimapolitik%20nicht%20nur%20f%C3%BCr%20die%20USA%20teuer%20wird&di=&an=&ac=&x1=1&x2=1&x3=72026519&x4=65924637&x5=Warum%20Trumps%20Klimapolitik%20nicht%20nur%20f%C3%BCr%20die%20USA%20teuer%20wird&x6=0&x7=%2Fde%2Fwarum-trumps-klimapolitik-nicht-nur-f%C3%BCr-die-usa-teuer-wird%2Fa-72026519&x8=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste&x9=20250328&x10=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AUmwelt" />
Item URL https://www.dw.com/de/warum-trumps-klimapolitik-nicht-nur-für-die-usa-teuer-wird/a-72026519?maca=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste
RSS Player single video URL https://rssplayer.dw.com/index.php?lg=de&pname=&type=abs&f=https://tvdownloaddw-a.akamaihd.net/dwtv_video/flv/gld/gld241216_bigoil_AVC_640x360.mp4&title=Warum%20Trumps%20Klimapolitik%20nicht%20nur%20f%C3%BCr%20die%20USA%20teuer%20wird

Item 30
Id 71986930
Date 2025-03-21
Title USA: Trump contra Justiz?
Short title USA: Trump contra Justiz?
Teaser US-Gerichte haben mehrere Vorhaben von Donald Trump wieder einkassiert. Der Präsident tobt - und setzt sich teils sogar über richterliche Anordnungen hinweg. Wie sehr untergräbt er damit den amerikanischen Rechtsstaat?

Am Mittwoch eskalierte der Streit vollends: "Wenn ein Präsident nicht das Recht hat, Mörder und andere Kriminelle aus unserem Land zu werfen, weil ein durchgeknallter linksradikaler Richter das Präsidentenamt übernehmen will, dann steckt unser Land in großen Schwierigkeiten, dann ist es zum Scheitern verurteilt!", wetterte US-Präsident Donald Trump auf seinem Netzwerk Truth Social über einen Beschluss des US-Bundesrichters James Boasberg. Trump und mehrere republikanische Kongressabgeordnete forderten sogar dessen Amtsenthebung.

Was war passiert?

Donald Trumps Regierung hatte zuvor hunderte Venezolaner abgeschoben. Der US-Administration zufolge soll es sich um Mitglieder einer Drogenbande gehandelt haben. Trotz vehementer Proteste von Venezuelas Machthaber Nicolás Maduro wurden sie nach El Salvador ausgeflogen und dort im berüchtigten CECOT-Hochsicherheitsgefängnis inhaftiert.

Trump berief sich dabei auf ein Gesetz aus dem Jahr 1798, das es erlaube, "ausländische Feinde" aus dem Land zu werfen. Der Washingtoner Bundesrichter Boasberg hatte die Abschiebung untersagt - zunächst müsse geprüft werden, ob das Gesetz überhaupt anwendbar sei. Doch die Trump-Regierung setzte sich über den Richterspruch hinweg. Zum Zeitpunkt des richterlichen Stopps seien die Flugzeuge bereits in der Luft gewesen, hieß es zur Begründung.

Zahlreiche Zankäpfel

Es ist bei weitem nicht der einzige Fall, bei dem Trump-Administration und US-Justiz über Kreuz liegen. So ordnete etwa ein US-Bundesrichter an, die von Trump und seinem Berater Elon Musk vorangetriebene Abwicklung der Entwicklungshilfeagentur USAID zu stoppen. Eine Bundesrichterin aus Maryland blockierte zumindest vorerst den von Trumps Verteidigungsminister Hegseth vorangetriebenen Rauswurf von Transmenschen aus dem US-Militär. Eine weitere Richterin aus Washington verpflichtete die Regierung zur Zahlung von Zuschüssen in Höhe von 14 Milliarden Dollar an drei Klimaschutz-Organisationen.

"Wir haben außer Kontrolle geratene Richter, die unser Land zerstören", schimpfte Trump in einem Interview des US-Senders Fox News. Auf die Frage, ob er sich einem Gerichtsurteil widersetzen würde, sagte Trump: "Nein, das kann man nicht tun."

Unrechtmäßige Abschiebungen?

Wirklich nicht? "Im Moment ist es so, dass Trump vor Gericht eine Niederlage nach der anderen kassiert," sagt Johannes Thimm, stellvertretender Forschungsgruppenleiter Amerika der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). "Und nun gibt es erste Anzeichen dafür, dass er bestimmte Gerichtsurteile entweder ignoriert oder sogar offen anzweifelt und ihnen praktisch nicht Folge leistet." Derzeit scheint dies insbesondere bei Abschiebungen zu geschehen.

Erst vor wenigen Tagen wurde Rasha Alawieh, eine aus dem Libanon stammende Medizinerin der Brown University in Rhode Island, über Frankreich in ihr Heimatland abgeschoben, obwohl ein Bundesgericht in Boston dies untersagt hatte. Ein ähnliches Schicksal droht nun dem palästinensisch-stämmigen Studenten Mahmoud Khalil, der in Abschiebehaft genommen wurde, weil er sich an propalästinensischen Demonstrationen auf dem Campus der Columbia-Universität beteiligt hatte. Auch in diesem Fall gibt es eine richterliche Anweisung gegen eine Abschiebung.

Wie wenig Donald Trump und seine Gefolgsleute von derartigen Richtersprüchen halten, offenbarten gleich mehrere Aussagen der vergangenen Tage. So sagte der von Trump ernannte "Grenz-Zar" Tom Homan gegenüber Fox News: "Es ist mir egal, was die Richter denken." Wenn "Terroristen außer Landes gebracht" würden, dann "sollte das in diesem Land ein Grund zum Feiern sein".

Und auch Justizministerin Pam Bondi kritisierte die Aussetzung von Abschiebeanordnungen als "Missachtung von Präsident Trumps etablierter Machtbefugnis". Solche Richtersprüche gefährdeten die Bevölkerung und die Strafverfolgung, so Bondi.

Gewaltenteilung in Gefahr

Für Johannes Thimm sind das Besorgnis erregende Alarmsignale. Der SWP-Experte sieht das gesamte System der Gewaltenteilung in den USA in Gefahr. Zum einen, weil sich mit dem Kongress "die Legislative als kontrollierende Gewalt, die dem Präsidenten auch Einhalt gebieten kann, praktisch abgemeldet hat". Seit den Wahlen besitzen die Republikaner in beiden Kongresskammern die Mehrheit - und sie sind "Trump gegenüber praktisch zu 100 Prozent loyal", so Thimm.

Bleibt also die Judikative. "Und da ist halt das Grundproblem, dass Gerichte ihre Urteile nicht effektiv durchsetzen können, schon gar nicht gegen die Regierung. Denn sie besitzen ja keine eigenen Polizeikräfte - das ganze System basiert darauf, dass die anderen Gewalten die Autorität der Gerichte respektieren", so Thimm.

Genau das erodiert derzeit in erschreckend schneller Weise. "Die Tatsache, dass Trump gerade anfängt, Gerichtsurteile zu ignorieren oder sich ihnen zu verweigern, hat das Potenzial, eine Verfassungskrise auszulösen. Und das ist noch milde ausgedrückt." Denn Polizei und Sicherheitsbehörden sind in einem Rechtsstaat in erster Linie dazu da, Recht und Gesetz durchzusetzen. Unterstellt sind sie aber letztlich dem Präsidenten. Wenn es jedoch von beiden Seiten gegensätzliche Anweisungen gibt - wem sollen sie dann gehorchen?

Scharfe Kritik vom Supreme Court

Vielleicht ist auch das mit ein Grund dafür, dass John Roberts, der Vorsitzende Richter des Obersten Gerichtshofes, Trumps Forderung, missliebige Richter einfach abzusetzen, ungewöhnlich scharf zurückwies. "Seit mehr als zwei Jahrhunderten steht fest, dass ein Amtsenthebungsverfahren keine angemessene Reaktion auf eine Meinungsverschiedenheit über eine gerichtliche Entscheidung ist", erklärte Roberts. "Dafür sind Berufungsverfahren da."

Man dürfe "nicht den Fehler machen, zu glauben, dass ein mehrheitlich konservativer Supreme Court in allen Fällen für Trump stimmt", sagt Johannes Thimm. Das habe er auch in der Vergangenheit nicht immer getan - und damit auch immer wieder die Unabhängigkeit der Justiz bekräftigt. Der SWP-Experte glaubt, "dass sich jetzt eine Art Machtkampf abspielt. Trump testet aus, womit er durchkommt. Und dann kommt es tatsächlich darauf an, dass der Supreme Court sich auf die Seite der Gerichte stellt, so wie John Roberts das jetzt getan hat."

Auf dem Weg Richtung Autokratie?

Eine offene Konfrontation mit dem Obersten Gerichtshof, den Donald Trump in seiner derzeitigen Form ja selbst maßgeblich mitbesetzt hat, wird der US-Präsident wohl eher nicht wagen. "Aber das Grundproblem, dass auch der Supreme Court nicht mit Gewalt seine Urteile durchsetzen kann, ist das Gleiche wie bei den anderen Gerichten", sagt Thimm. "Theoretisch könnte Trump sich auch dort hinstellen und sagen: Ich erkenne dieses oder jenes Urteil nicht an."

Nach den jüngsten Entwicklungen rund um die Abschiebeflüge nach El Salvador sei es jedenfalls auch in Zukunft "nicht mehr ausgeschlossen, dass Trump einfach über die Justiz hinweg bestimmte Sachen nicht umsetzt und keiner so richtig was dagegen tut oder tun kann", fürchtet Johannes Thimm. "Und dann haben die USA einen großen Schritt in Richtung Abschaffung des demokratischen Rechtsstaates getan."

Short teaser Der Präsident beschimpft die Justiz und ignoriert teils richterliche Anordnungen. Wie sehr bedroht das den Rechtsstaat?
Analytics pixel
<img width="1" height="1" alt="" src="http://logc279.xiti.com/hit.xiti?s=531599&s2=1&p=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWelt%3A%3AAmerika::USA%3A%20Trump%20contra%20Justiz%3F&di=&an=&ac=&x1=1&x2=1&x3=71986930&x4=12325&x5=USA%3A%20Trump%20contra%20Justiz%3F&x6=1&x7=%2Fde%2Fusa-trump-contra-justiz%2Fa-71986930&x8=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste&x9=20250321&x10=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste::THEMEN%3A%3AWelt%3A%3AAmerika" />
Item URL https://www.dw.com/de/usa-trump-contra-justiz/a-71986930?maca=de-VEU-Volltext-Blickpunkt-Lateinamerika-12973-html-copypaste
Image URL (460 x 259) https://static.dw.com/image/71981689_302.jpg
Image caption Ist mit einigen Richtersprüchen über seine Politik überhaupt nicht einverstanden: US-Präsident Donald Trump
Image source AP/dpa/Picture alliance
RSS Player single video URL https://rssplayer.dw.com/index.php?lg=de&pname=&type=abs&image=https://static.dw.com/image/71981689_302.jpg&title=USA%3A%20Trump%20contra%20Justiz%3F